Schwerbehindert in der virtuellen Welt

Sollte der Besitz „Besitz“ einer Buchstaben- und Ziffernfolge strafbar sein? Aber ja – wenn es nach dem Bundeskriminalamt geht. Einer der dortigen Kinderporno-Jäger hat nun gefordert, den „Besitz“ von Links auf kinderpornografische Seiten zu kriminalisieren – und zwar als Vorbereitungshandlung (Bericht auf heise online).

Erklärtes Ziel des Beamten ist es unter anderem, die Überprüfbarkeit von Sperrlisten zu erschweren. Außerdem will er Abschreckung betreiben.

Aber um welchen Preis, das ist die Frage.

Als kleiner Einschub ist zu klären, ob der Beamte es tatsächlich so gemeint hat, wie es klingt. Dass nämlich schon der irgendwo abgelegte bzw. notierte Link auf derartige Inhalte strafbar sein soll. Ich vermute ja, denn das Veröffentlichen solcher Links ist in Deutschland bereits strafbar. Darauf weist Thomas Stadler in seinem Blog Internet-Law zutreffend hin. Gleiches gilt nach Auffasssung mancher Gerichte auch, wenn der Betreffende vorsätzlich, das heißt auf der Suche nach Kinderpornografie, selbst die Links anklickt und die Bilder aufruft. Aufs Abspeichern von Bildern oder Filmen soll es schon gar nicht mehr ankommen.

Somit kann der Beamte ja eigentlich nur wollen, was er auch sagt. Dass nämlich schon der bloße „Besitz“ jener für sich selbst unverfänglichen Buchstaben- und Ziffernfolge, die aber auf eine bestimmte Internetseite führt, schon als „Kinderpornografie“ gilt. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten, um Menschen zu kriminalisieren. Man danke nur an Links auf Seiten, die heute harmlose Inhalte zeigen, aber morgen oder in drei Jahren nicht mehr.

Und man denke insbesondere daran, wie einfach es ist, Links auf fremde Computer zu bekommen. Via (Spam-)-E-Mail, Facebook, Twitter oder XING. Und über tausend andere Kanäle. Faktisch liefe das darauf hinaus, dass ängstliche Menschen (oder solche mit Feinden) einen Filter laufen lassen müssen, der jeden Link auf ihrem System sofort shreddert. Was sie zu Schwerbehinderten in der virtuellen Welt machen würde.

Die Vorstellungen des Bundeskriminalamtes klingen mir sehr nach Allmachtsfantasie. Der Beamte würde dies sicher abstreiten. Er will doch nur das Beste. Den Preis dafür muss aber nicht er zahlen, sondern wir.