Schwarzfahrer, die keine sind

Schwarzfahrer, die in Wirklichkeit keine sind, scheint es öfter zu geben. Ich habe ja schon mehrfach davon berichtet, dass etwa die Rheinbahn in Düsseldorf Besitzer von nicht übertragbaren, aber vergessenen Zeitfahrausweisen wegen Schwarzfahrens anzeigt, obwohl ein ein Blick in die Kundenkartei den Vorwurf entkräften würde.

Mit einem ähnlichen Fall hatte jetzt das Amtsgericht Nürtingen zu tun. Ein Fahrgast hatte zwar den bezahlten Fahrausweis bei sich. Aber die „Bonuscard“, mit der er die Fahrkarte zu einem günstigen Tarif verwerben konnte, konnte er bei der Kontrolle nicht vorzeigen. Diese Bonuscard hätte er aber ebenfalls präsentieren müssen – so jedenfalls die Geschäftsbedingungen des Verkehrsbetriebs.

Das Amtsgericht stufte den Mann nicht als Schwarzfahrer ein:

Der Umstand, dass der Angeklagte unter Verstoß gegen die AGB der S AG und damit vertragswidrig den Berechtigungsnachweis (Bonuscard) nicht mit sich führte, ändert nichts an dem Umstand, dass der Angeklagte die Fahrt tatsächlich bezahlt hatte.

Das ist korrekt. Es spielt für den Straftatbestand nun mal keine Rolle, ob der Fahrgast einen Fahrausweis bei sich hat oder nicht. So lange er nämlich die Fahrt bezahlt hat, kann er gar keinen Vorsatz haben, „das Entgelt nicht zu entrichten“. Denn er hat ja bereits bezahlt.

Wer eine nicht übertragbare Fahrkarte hat, darf diese also auch mal vergessen. Er wird auch nicht dadurch zum Schwarzfahrer, weil er die Karte nicht nachträglich vorzeigt und eine Bearbeitungsgebühr entrichtet. Hierzu ist er gegenüber dem Verkehrsunternehmen vielleicht vertraglich verpflichtet. Aber die Beförderungsbedingungen können das Strafgesetz eben nicht zu Lasten des Beschuldigten zurechtbiegen.

So sieht es im Ergebnis auch das Amtsgericht Nürtingen. Zu den Vertragsklauseln und den Strafanzeigen des Verkehrsbetriebs heißt es im Urteil:

Sollte die Anzeige der S AG nur als Sanktion gegen den Angeklagten wegen der Nichtzahlung der Bearbeitungsgebühr – eines ausschließlich zivilrechtlichen Vorgangs – erstattet worden sein, kann das jedenfalls nicht akzeptiert werden.

AG Nürtingen, Urteil vom 25.10.2010, 13 Ds 86 Js 67074/10