Ein Gesetz, Hauptsache ein Gesetz

Die “Freiwillige Selbstverpflichtung” steht bei den Regierungsparteien eigentlich hoch im Kurs. Es gibt solche Zusagen bei der Frauenquote, dem Schutz der Ozonschicht, dem Girokonto für Jedermann und dem Strahlenschutz bei Mobilfunkmasten. Das sind nur einige wenige Beispiele dafür, wie eigenständiges Handeln Verantwortlicher neue Gesetze überflüssig machen kann.

Da wir weiß Gott schon genug Gesetze haben, ist Selbstregulierung erst mal eine gute Sache. Aber halt nur so lange, wie sie einem ins Konzept passt – und das ist nicht immer der Fall.

Beim geplanten Leistungsschutzrecht könnte man ja auch auf die Idee kommen, das gesamte Regelwerk durch vernünftige Selbstverpflichtungen überflüssig zu machen. Erklärtermaßen geht es ja hauptsächlich gegen Google, und dann noch ein wenig gegen andere Suchmaschinen. Wie wäre es, wenn die Großen der Branche sich verpflichten, Zeitungsverlagen eine Opt-out-Möglickeit zu gewähren? Ein bis drei Klicks, schon wird das Angebot nicht mehr indiziert…

Oh, wait. So was bieten Google und seine Mitbewerber ja längst. Da sollte es doch eigentlich kein Problem sein, sich im Rahmen einer Selbstverpflichtung auch förmlich zu einigen, dass genau auf diese Weise die unerwünschte Verbreitung von Inhalten unterbleibt. Wenn man denn auf bedrucktes Papier besteht. Denn technisch funktioniert die Sache ja längst.

Was aber sagt ein Verantwortlicher für das Gesetzgebungsverfahren wie der FDP-Bundestagsabgeordnete Manuel Höferlin zu so einer schlichten Idee? Aktuell hat Höferlin seine Ansichten in einem Interview mit der Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht (IGEL) dargelegt.

Höferlin räumt unumwunden ein, dass ausgerechnet die Verlage selbst schon heute den Newsaggregatoren ihre eigenen Angebote als “Snippets” zur Verfügung stellen. Freiwillig, ohne Zwang. Er gibt weiter zu, dass Verlage auch längst mit einfachen Mitteln, nämlich dem Aussperren der Crawler, verhindern können, dass Suchmaschinen und Aggregatoren ihre Angebote weiter verbreiten.

Doch trotzdem, so sagt er, brauchen wir ein Leistungsschutzrecht. Sein Kernargument:

Google ist aber nicht verpflichtet, sich daran zu halten. Es ist niemand dazu verpflichtet, sich daran zu halten. Das beruht auf der Zusage von Suchmaschinen oder Aggregatoren, das zu tun. Für uns als Gesetzgeber ist nicht relevant, ob jemand sich an technische Vorgaben hält, sondern wir erarbeiten die rechtliche Grundlage.  

Ohne rechtliche Grundlage, insbesondere einen Unterlassungsanspruch, geht es laut Höferlin angeblich gar nicht:

Ganz praktisch hätten die Verlage dann aber auch ein Recht, die Unterlassung zu verlangen. Die Newsaggregatoren müssten sich daran halten. Das gibt es derzeit nicht. Das wäre ein Mehr.

So ein “Mehr” fordern Politiker aber in vielen anderen Bereichen gerade nicht. Da reicht es aus, wenn die Handelnden sich selbst Grenzen auferlegen. Und nur für den Fall, dass die Selbstregulierung nicht klappt, kommen Gesetze überhaupt in Betracht. Mit dem Leistungsschutzrecht muss aber ausgerechnet etwas, das faktisch schon heute kein Problem ist, dennoch unbedingt in ein Gesetz gegossen werden?

Für mich klingt das wenig nach Vernunft. Um so mehr sieht es nach einem Kotau vor der mächtigen Verlegerlobby aus.