Kleines Schreiben, gewisse Wirkung

Heute mal ein kleines Beispiel, wie sich mit einer proaktiven Herangehensweise auch mal Gerichtsverhandlungen verhindern lassen. Nicht mit Blick auf eine Entlastung der Justiz, sondern im Interesse des Mandanten. In diesem Fall geht es ein junges Mädchen, das mit seiner Schwester bei Primark einkaufen wollte, ohne zu bezahlen. Wert der Waren: jeweils um die 50 Euro.

Aus meinem Schreiben an das Gericht:

Ich beantrage, das Verfahren nach § 47 JGG einzustellen.

Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Nr. 1 JGG liegen vor.

Es handelt sich um einen kleineren Ladendiebstahl. Es ist kein Schaden entstanden, da meine Mandantin am Ausgang angehalten wurde. Die hypothetische Beute bewegte sich zwar etwas über der Geringwertigkeitsgrenze. Da laut der Anklage jedoch kein gemeinschaftliches Handeln vorliegt, ist jeder der Angeklagten nur der Wert der selbst eingesteckten Waren zuzurechnen (Schönke/Schröder, StGB, § 248a Rn. 15).

Bei einem Diebesgut knapp über der Geringwertigkeitsgrenze spräche auch bei einem Erwachsenen alles dafür, das Verfahren nach § 153 StPO einzustellen.

Im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Nr. 2 JGG vor.

Der Vater meiner Mandantin hat mit dieser schon „deutliche“ Worte geredet und ihr klar gemacht, welche strafrechtlichen Konsequenzen so ein Fehlverhalten hat und warum es wichtig ist, sich auch mit Blick auf die eigene Zukunft an die Gesetze zu halten.

Auch ich als Verteidiger habe mit der Angeklagten entsprechend geredet und ebenfalls deutlich gemacht, dass sie sich unbedingt straffrei führen muss, um sich Zukunftsperspektiven in unserer Gesellschaft zu erhalten. Ich habe den Eindruck, diese „Botschaft“ ist auch angekommen.

Vor diesem Hintergrund ist es vertretbar, das Verfahren, wie angeregt, einzustellen.

Ich bitte höflich um Prüfung dieses Antrags und hoffe auf eine positive Entscheidung.

Heute kam der Beschluss des Gerichts:

Das Verfahren wird nach § 47 JGG eingestellt.

Nach Aktenlage scheint eine Ahndung entbehrlich, weil die Schuld der Angeschuldigten als gering anzusehen ist und ein öffentliches Interesse an der Verfolgung nicht besteht.

Klappt nicht immer. Aber durchaus so oft, dass man es in geeigneten Fällen versuchen sollte.