Im Anhang noch ein Ablaufplan

Aus der Menge unerfreulicher Mails, die einen Anwalt so erreichen, stach am Montag eine besonders heraus. Jemand, den ich früher mal als Anwalt vertreten habe und zu dem aktuell kein konkretes Mandatsverhältnis besteht, fragte per Mail nach einem Besprechungstermin für einige juristische Probleme.

So weit natürlich kein Ding. Leider gab es den zweiten Teil der Mail. Darin schilderte der Betreffende einen unerträglichen Druck, dem er sich ausgesetzt fühle. Und dann erklärte er mir, wie er diesen Druck zu lindern gedenke. Abgesehen davon, dass er mich wegen der juristischen Sachen als Anwalt beauftragen möchte. Nämlich, ich fasse zusammen, durch einen Amoklauf.

Es folgte ein sehr detaillierter Ablaufplan, wie der Betreffende an einem der nächsten Werktage vier Personen binnen ca. 90 Minuten metzeln würde. Darunter einen Richter und die Ehefrau eines Polizisten. Alles inklusive (existierender) Namen, inklusive (existierender) Adressen und plausibler örtlicher Gegebenheiten. Und dann jeweils eine detaillierte Schilderung der Tötungsprozedur. Diese war wiederum angelehnt an einschlägig bekannte Filmmotive.

Ich habe mir die Mail ein paar Mal durchgelesen. Und dann ins Gesetz geschaut, nämlich den § 138 StGB (Nichtanzeige geplanter Straftaten). Zu gern wäre ich zu dem Ergebnis gekommen, dass das „Vorhaben“ jedenfalls nicht „glaubhaft“ rüberkommt. Das war mir aber leider nicht möglich.

Die anwaltliche Schweigepflicht half auch nicht weiter. Zum einen, weil es noch kein aktuelles Mandatsverhältnis gab. Zum anderen, weil das Anwaltsprivileg (§ 139 Abs. 3 StGB) ausdrücklich nicht für Mord oder Totschlag gilt. Auch eine eventuell bestehende Schweigepflicht hätte mir also juristisch nichts gebracht, wenn etwas passiert wäre.

Ich habe also die Polizei informiert. Der bisher einzige Fall in mehr als 20 Berufsjahren, in dem ich einen (Fast-)Mandanten, der sich an mich gewandt hat, angeschwärzt habe. Ich hoffe, das passiert mir so schnell nicht wieder.