Notbremse

Nicht jeder Gerichtstermin verläuft erfreulich und so, wie man das als Verteidiger vorhersehen könnte. Etwas ungewöhnlich ist es allerdings, wenn sich schlampige Polizeiarbeit sozusagen nachträglich gegen den Angeklagten wendet.

So war es in einem Berufungsverfahren, in dem am Ende leider nichts weiter übrig blieb, als im letzten Augenblick noch die Notbremse zu ziehen.

Angefangen hatte alles mit „Ermittlungen“ gegen den Angeklagten. An deren Ende stand als „Beweis“ nur die höchst fragwürdige Aussage einer Zeugin. Auf die hätte man nie und nimmer eine Verurteilung stützen können. Zumal die Auswertung des Mobiltelefons meines Mandanten rein gar nichts von dem bestätigt hatte, was die Zeugin so behauptete. Ohne Befunde, lautete das erste Ergebnis der Handy-Überprüfung auf irgendwelche belastende Details.

Das hatte auch der Polizeibeamte vor Gericht noch mal bestätigt, der das Handy ausgewertet hat. Ich muss neidlos einräumen, dass die Staatsanwältin hier einen sehr guten Riecher hatte. Möglicherweise aufgrund früherer Erfahrungen mit dem Polizisten. Jedenfalls setzte sie im Laufe des Verfahrens durch, dass das Handy noch mal von einer anderen Dienststelle ausgewertet wird.

Bingo. Das Handy war voll mit belastenden Indizien.

Das war natürlich keine erfreuliche Situation. Zumal nicht nur mein Mandant, sondern auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hatte. Es stand also im Raum, dass am Ende sogar noch eine deutlich höhere Strafe rauskommt. Oder gar die Versagung einer Bewährung.

Am Ende war es dann aber doch noch möglich, das Schlimmste zu vermeiden. Nach kurzen Verhandlungen zogen beide Seiten ihre Berufung zurück.

Mir wird unerfindlich bleiben, wie der erste Polizeibeamte so schlampig arbeiten kann. Oder besser: wie er damit durchkommen kann.