STRICH

„Stellen sie mal ihre Parkscheibe richtig ein“, faucht die Politesse mich an. „Habe ich doch.“ „Ne, haben sie nicht. Jetzt haben wir 14.13 Uhr, dann kommt der Pfeil zwischen die beiden Striche.“

Ich diskutiere in solchen Situationen nicht gern. Aber eigentlich sollte einer Fachkraft § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 der Straßenverkehrsordnung vertraut sein. Danach wird der „Zeiger der Scheibe auf den Strich der halben Stunde eingestellt, die dem Zeitpunkt des Anhaltens folgt“.

„Mich brauchen sie nicht zu belehren“, kontert die die Politesse. „Hier an dieser Stelle gilt das aber nicht. Die Höchstparkdauer beträgt sowieso nur 30 Minuten. Wenn sie da noch auf die nächste halbe Stunde aufrunden, können sie ja immer länger als 30 Minuten parken. Sogar bis zu 59 Minuten.“

Wo diese Ausnahme denn steht, will ich von ihr wissen. „Für diese Ausnahme brauchen wir kein Gesetz. Das machen wir schon 5 Jahre so. Und meinen sie, wir haben hier in der City Parkplätze zu verschenken?“

Na gut, ich gebe auf. „Geben sie mir halt ein Knöllchen, weil ich die Zeit falsch eingestellt habe.“ „Da können sie sich drauf verlassen.“ Während ich gehe, hebt sie schon drohend ihren elektrischen Notizblock. Ich bleibe unbeeindruckt. Wozu hat man Verkehrsrechtsschutz?

Als ich – pünktlich – wiederkomme, klemmt kein Knöllchen unterm Scheibenwischer. Die Politesse ist gegenüber noch an der Arbeit. „Wollten sie mich nicht aufschreiben?“ „Ich habe mit unserem Chef telefoniert.“ Das Ergebnis des Gesprächs: „Anscheinend haben wir das nicht richtig gehandhabt.“

Was die gute Frau natürlich nicht daran hindert, gleich dem nächsten Opfer wieder ein Knöllchen zu verpassen…