KOMPLIZIERT

Eine Richterin ruft an. Wegen eines Hauptverhandlungstermines. Wie üblich haben einige Zeugen keine Lust. Oder keine Zeit. Vielleicht auch beides. „Diese Zeugen sind doch höchstens für das Randgeschehen wichtig“, sagt die Richterin. Ich stimme zu.

„Also können wir auf die Zeugen verzichten?“ „Wie soll ich das heute wissen?“ „Ich halte den Termin aber nur,wenn Sie mir zusagen, dass Sie dann nicht doch plötzlich auf die Zeugen bestehen.“ „Woher soll ich denn heute wissen, ob ich die Zeugen brauche? Das kann ich doch erst in der Hauptverhandlung entscheiden. Sie im Übrigen auch.“

„Sie verzichten also nicht?“ „Nein, aber selbst wenn ich vor der Hauptverhandlung verzichten würde, wäre ich doch kaum daran gebunden. Oder gibt es einen wirksamen Verzicht vor der Verhandlung?“ „Herrgott noch mal, jetzt sagen Sie doch mal, was wir wegen der Zeugen machen. Ja oder Nein, das ist doch nicht zu viel verlangt.“

„In diesem Fall sage ich Nein.“ „Wie meinen Sie das jetzt?“ „Ich meine Nein, ich verzichte nicht auf die Zeugen. Weil es nicht geht. Und weil ich es aus nahe liegenden Gründen auch nicht will.“ „Wie können Sie denn jetzt einfach Nein sagen?“ „Sie haben mich doch vor die Wahl gestellt.“ „Also, wissen Sie was, wenn Sie sich so wenig kooperativ zeigen, verlege ich den Termin. Dass Ihr Anwälte es immer so kompliziert machen müsst.“

Wir Anwälte?

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

UNVERLANGT

Der Bundesgerichtshof spricht in einem aktuellen Urteil Klartext in Sachen unverlangte Werbemails:

a) Die Zusendung einer unverlangten E-Mail zu Werbezwecken verstößt grundsätzlich gegen die guten Sitten im Wettbewerb. Eine solche Werbung ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn der Empfänger ausdrücklich oder konkludent
sein Einverständnis erklärt hat, E-Mail-Werbung zu erhalten, oder wenn bei der Werbung gegenüber Gewerbetreibenden aufgrund konkreter
tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Empfängers vermutet werden kann.

b) Ein die Wettbewerbswidrigkeit ausschließendes Einverständnis des Empfängers der E-Mail hat der Werbende darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

c) Der Werbende hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß es nicht zu einer fehlerhaften Zusendung einer E-Mail zu Werbezwecken aufgrund des Schreibversehens eines Dritten kommt.

(link via Handakte WebLAWg)

NEBENWELTEN

Praktische Landeskunde, heute Ziff. 4.1 der Leihverkehrsordnung:

Die Bundesrepublik ist in Leihverkehrsregionen eingeteilt. Für die Organisation des Leihverkehrs in den Regionen und die Beachtung der Bestimmungen dieser Leihverkehrsordnung durch die Teilnehmerbibliotheken sind die regionalen Leihverkehrszentralen zuständig.

SPÜRSINN

SPÜRSINN

Frau K. hat eingekauft. Im Elektromarkt. Auf dem Weg zum Parkhaus fällt ihr ein, dass sie eigentlich noch eine Druckerpatrone braucht. Sie geht zurück in den Laden. An der zweiten Rolltreppe wird sie angehalten. Vom Ladendetektiv. Der möchte wissen, was Frau K. in ihrer Tasche hat. 2 DVD´s, eine CD. Und eine Speicherkarte für die Digicam.

Der Kassenzettel lässt den Detektiv kalt. „Klar, Sie haben einen Beleg. Aber die erste Partie der Ware liegt doch längst in Ihrem Kofferraum.“ Zehn Minuten später treffen zwei Polizisten ein. Sie lassen es sich nicht nehmen, Frau K.´s Wagen auf den Kopf zu stellen.

Einziger Erfolg der Aktion – ein langes Gesicht beim Detektiv. Der Elektromarkt will sich für die Aktion übrigens nicht entschuldigen. Aus dem Schreiben der Rechtsabteilung: „Immerhin bleibt festzustellen, dass die Kundin selbst Anlass für die Durchsuchung gegeben hat, wenn sie mit bereits bezahlter Ware erneut das Geschäft betritt.“

Etwas mehr Großmut könnte allerdings auch nicht schaden. Aber darauf kann man wohl nicht klagen.

CHAOTISCH

Am Landgericht Frankfurt läuft was schief, wie sich aus folgendem Beschluss ergibt:

In den Sachen
2/25.O.544/ 2003
usw.

wird der Termin vom 19.4.2004 aufgehoben.

Da auf Grund der chaotischen Verhältnisse auf der Geschäftsstelle der 25. Zivilkammer seit ca. 3 Wochen keinerlei Schriftsätze mehr zu den Akten gereicht worden sind, daher auch keine Zustellungsnachweise in den Akten sind, ist eine ordnungsgemäße, auch dem Verfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs entsprechende Rechtsprechung derzeit nicht gewährleistet.

Neuer Termin wird von Amts wegen bestimmt werden, sobald die Behördenverwaltung für einen ordnungsgemäßen Geschäftsablauf gesorgt hat.

Frankfurt/Main, den 15.4.2004
LG, 25. ZK

Prof. Dr. L………….

Würde mich nicht wundern, wenn landauf, landab Richter und Staatsanwälte murren: nur drei Wochen? Worüber regt sich der Kollege eigentlich auf?

(Zitat via JurText online)

NUTZUNGSAUSFALL

Wer nach einem Totalschaden lange mit der Anschaffung eines neuen Autos wartet, hat möglicherweise keinen Anspruch mehr auf Entschädigung für den Nutzungsausfall. Das Oberlandesgericht Köln hat dies jetzt in einem Fall angenommen, in dem die Geschädigte erst nach über zwei Monaten ein neues Auto gekauft hat.

Kritisch wird es sicher ab Zahlung der gegnerischen Versicherung. Spätestens dann steht das Geld für ein gleichwertiges Auto zur Verfügung, so dass weiteres Abwarten als „fehlender Nutzungswille“ ausgelegt werden kann – und bei den immer kiebigeren Autoversicherungen auch wird.

LANG UND LÄNGER (ACHTUNG: GEWINNSPIEL)

LANG UND LÄNGER (ACHTUNG: GEWINNSPIEL)

Misswirtschaft an der Uni Essen-Duisburg. Der Rektor hat Zwangsverwalter für den AStA eingesetzt (Spiegel online). Mit diesem Satz beginnt der online abrufbare Beanstandungsbescheid:

Die Handlungen und Unterlassungen der Studierendenschaft, welche dazu geführt haben, dass Erfolg zeigende Bemühungen, eine Sanierung der Finanzen der Studierendenschaft mit einhergehender Reduzierung des Personalbestandes durchzuführen und ggf. eine Insolvenz abzuwenden, nach mehr als einem Jahr nicht bzw. nicht in dem gebotenen Umfang ersichtlich sind, sondern dass die Folgen
einer durchgehenden Nichtbeachtung der „ZwöIftelwirtschaft“ auf der Grundlage des letzten Haushaltsplanes für das Jahr 2000/2001 in Essen sowie des letzten Haushaltsplanes in Duisburg, der effektiven Nichtbeachtung der durch den jeweiligen Finanzreferenten in den Jahren 2001, 2002 und 2003 verhängten „Haushaltssperre“, der bisherigen Nichterfüllung der Forderung des Landesrechnungshofes, Buchhaltung, Finanzwesen und Personalwirtschaft umgehend wieder auf eine ordnungsgemäße Grundlage zu stellen, der jahrelang teils falschen und teils unvollständigen Abgabe von Anmeldungen und Erklärungen zur Lohn-, Umsatz- und Körperschaftssteuer mit Bezug auf die Wirtschaftsbetriebe sowie der falschen bzw. unvollständigen Übermittlung von sozialversicherungsrechtlich relevanten Tatbeständen an die Sozialversicherungsträger
fortdauern, werden beanstandet.

Okay, das ist die Vorgabe. Für die 10 besten Originaltexte, die lääääänger und / oder unverständlicher sind, gibt´s als Preis einen Kanzlei-Kugelschreiber.

(danke an Mathias Schindler für den link)

TEMPO

Gerade 15 Stunden war ein Berliner Jugendlicher frei, als er bei einem Einbruch in ein Reisebüro erneut verhaftet wurde. Er war laut dpa erst am Morgen nach sechs Monaten Haft entlassen worden.

Einer meiner Mandanten wollte sich vor zwei, drei Jahren das Geld für die Straßenbahn sparen. Er hat deshalb nach seiner Entlassung versucht, in der Seitenstraße ein Auto zu knacken. Weil er seine alte Strafe vollständig verbüßt hatte, verschonte ihn der Ermittlungsrichter, der zum Glück am gleichen Tag Geburtstag hatte, von der Untersuchungshaft.

Wie mein Mandant vom Gericht nach Hause gekommen ist, kann ich allerdings nicht sagen.

(danke an Mathias Schindler für den Hinweis)

K(R)AMPF GEGEN DEN TERROR

K(R)AMPF GEGEN DEN TERROR

In Bochum hat die Polizei zwei Moscheen umstellt und die Ausweise der Besucher kontrolliert. Laut Spiegel online wurden aber nur die Personen kontrolliert, die während der Polizeiaktion freiwillig aus den Gebäuden herauskamen.

Potenzielle Terroristen müssen bekanntlich um acht Uhr abends zu Hause sein. Oder sie sind freitags mit einer tollen Frau fürs Kino verabredet. Deshalb haben sie keine Zeit abzuwarten, bis die Beamten wieder abgerückt sind.

ÜBERWACHUNG

ÜBERWACHUNG

„In der Mehrzahl der Fälle“ unterlässt der Ermittlungsrichter eine ordnungsgemäße Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen der Überwachung – Stichwort Blankounterschrift.

Auch bei den Benachrichtigungspflichten hapert es. Rechtsstaatlichkeit bedeutet, sich gegen staatliche Eingriffe wehren zu können. Da der naturgemäß geheime Charakter einer Überwachung den Betroffenen nicht den Eingriff erkennen lässt, ist zumindest nachträglich eine Benachrichtigung des Abgehörten gesetzlich vorgeschrieben. Zwar sind davon in engen Grenzen gewisse Ausnahmen möglich. In der Praxis sind diese Ausnahmen die 97-prozentige Regel.

Wie der Staat uns überwacht – informativer Artikel in Spiegel online.

KLEINGEIST

Zettel in der Windschutzscheibe. Mitunter sind sie riskant. Zum Beispiel, wenn dort was von Frauen steht, die ihr Geld auf der Straße verdienen. Eine neue Variante begegnet mir jetzt wegen einer Politesse, die sich von folgendem Zettel beleidigt fühlt:

Du bist ein solcher Kleingeist.

Wobei die Strafanzeige wegen Beleidigung solches ja bestätigt. Wenn man es genau nimmt…

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

HIERARCHIEN

Für einen Antrag wäre es sehr wichtig, dass ein Staatsanwalt an seine Akte kommt. Die befindet sich jedoch bei der Generalstaatsanwaltschaft. Wegen eines anderen Antrags. Nun läge es nahe, dass der Staatsanwalt seinen Kollegen bei der Generalstaatsanwaltschaft anruft und darum bittet, ihm für ein, zwei Tage die Akte zurückzusenden.

Klingt einfach, stößt aber auf ein unüberwindbares Problem, wie mir der Staatsanwalt gesteht:

„Unsere vorgesetzte Behörde wünscht es grundsätzlich nicht, dass wir Akten zurück erbitten.“

Keine Ausnahmen? Das Schweigen bedeutet übersetzt:

„Ich werde mir wegen Ihnen nicht die Karriere versauen.“

Wir warten also weiter. Und nehmen es mit Humor, wenn in Pressemitteilungen mal wieder eine Behördenreform bejubelt wird.

SPARSAM

Meine Kollegin trinkt jetzt manchmal Tee. Wieso drapiert sie ihre gebrauchten Teebeutel aber auf einem Unterteller neben der Kaffeemaschine? Damit wir die Teebeutel für sie in dem Mülleimer werfen? Nein:

Ich will die noch mal verwenden.

Ich persönlich finde das hervorragend. Immerhin trinkt sie meinen Tee.