SEHR SCHÖN

SEHR SCHÖN

Schwerer Menschenhandel. Die Vorladung zu diesem Vorwurf hat eine afrikanischstämmige Mandantin in Aufruhr versetzt. So sehr, dass sie zur Besprechung ihre ganze Familie mitgebracht hat. Ein Mann, zwei Kinder, zwei Schwestern und noch drei, vier, vielleicht fünf „Cousins“. Genau war das im Gewusel auf unserem Kanzleiflur nicht auszumachen. Glücklicherweise waren ca. 90 % der Erschienenen auf freundliche Bitte bereit, draußen zu warten. Einen Kugelschreiber hat natürlich trotzdem jeder gekriegt.

Sehr schön, wenn sich nach dem überstandenen Großbesuch megawichtige Mandanten aus dem Auto ansagen, weil noch „ganz schnell“ zusammen ein Drohbrief zu verfassen ist, der unbedingt noch heute gefaxt werden muss.

Das hat den Eintritt des Wochenendes doch erheblich verzögert. Womit ich jetzt guten Gewissens eine Blog- und vielleicht sogar eine Arbeitspause verkünde.

Bis Montag.

WIR UNTERTANEN

Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft kennt kein Pardon.

Ihre Zahlung gilt dann als fristgerecht gezahlt, wenn der Beitrag bis zu Tag der Fälligkeit auf unserem Konto eingegangen ist. … Wir werden den Säumniszuschlag somit auch bei einem Zahlungsverzug von nur einem Tag geltend machen.

Achtung: diesen Tonfall nur angewöhnen, wenn Kunden Pflichtmitglieder sind und weder Kündigungsrechte noch Ausweichmöglichkeiten haben.

RENDITE

Das kommt dabei rum, wenn man sich für zwei Mandanten beim Amtsgericht um 161,00 Euro streitet:

Gegenstandswert: 161,00 €

10/10 Prozessgebühr gem. § 31 I 1 BRAGO € 25,00
3/10 Erhöhungsgebühr gem. § 6 BRAGO € 10,00
10/10 Verhandlungsgebühr gem. § 31 I 2 BRAGO € 25,00
Auslagenpauschale gem. § 26 BRAGO € 9,00
Zwischensumme € 69,00
16 % Mehrwertsteuer gem. § 25 II BRAGO € 11,04
Gesamtbetrag € 80,04

Zwei längere Besprechungen, insgesamt 12 Seiten Schriftsätze, ein Gerichtstermin. Seufz.

So, jetzt aber wieder raus aus dem betriebswirtschaftlich motivierten Trübsinn. Bei der nächsten Sache auf meinem Aktenstapel geht´s um deutlich mehr.

UNWÜRDIG

UNWÜRDIG

In Baden-Württemberg hat ein ehemaliger Häftling 650 Euro Schmerzensgeld erstritten – wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen. Der Mann hatte drei Wochen mit einem anderen Gefangenen eine neun Quadratmeter große Zelle teilen müssen; die Toilette war nur durch einen Vorhang abgetrennt. Das Land will gegen die Entscheidung wahrscheinlich in Berufung gehen, berichtet beck-aktuell.

GELDWERTE VORTEILE

Die kleineren Sachen („keine Umstände, war doch nur ein kleiner Ratschlag“) machen häufig die meiste Freude. Wenn sie dann mit einem Amazon-Gutscheinen oder einer Flasche Wodka honoriert werden.

Jedenfalls vielen Dank an die freundlichen Mandanten (und Blogleser).

AUFGELÖST

AUFGELÖST

In Köln ist mit sofortiger Wirkung ein ganzes Sondereinsatzkommando aufgelöst worden. Die Beamten wurden von Dienst suspendiert. Gegen die Polizisten wird laut Spiegel online u.a. wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Einige Beamte sollen Rauschgift geschmuggelt und Haschisch konsumiert haben. Im Frühjahr wurde einer der Beamten von seinen Kollegen bei einer Übung erschossen. Auch hier wird ermittelt.

AUA

Scheiden tut weh. Auch dem Anwalt. Nicht in der Geldbörse. Sondern weil er sich so fühlt wie ein Anrufbeantworter. Ständig der gleiche Text:

Wenn auch nur einer der Ehegatten während der Ehezeit als Angestellter gearbeitet hat, muss der Versorgungsausgleich durchgeführt werden. Sonst wird die Ehe nicht geschieden. Für den Versorgungsausgleich müssen die Rentenzeiten und Rentenanwartschaften geklärt werden. In Berlin, bei der Bundesversicherungsanstalt. Dort sitzen ein paar unglückliche Büromäuse, die sind für ganz Deutschland zuständig. Und damit chronisch überlastet. Bis ihr Computer die Auskünfte ausspuckt, dauert es mindestens vier Monate. Das sind exakt zwei Wochen länger als in Zeiten der Lochkarte. Wenn sich Lücken im Versicherungsverlauf herausstellen, kann es auch sieben, acht oder neun Monate dauern.

Die Wartezeit hätte man nur mit einem Notarvertrag verhindern können, in dem der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wird. Dieser Vertrag muss aber mindestens ein Jahr vor dem Scheidungsantrag geschlossen werden. Sie sind also ein bisschen spät dran. Nein, gegen die Bearbeitungsdauer kann man nichts machen. Nicht mal anrufen und betteln hilft. Die Leute von der Anstalt gehen entweder gar nicht ans Telefon. Oder sie bitten inständig darum, nicht noch mal anzurufen, weil sie sonst noch länger brauchen. Babs und Boris Becker sind auch nur deswegen so schnell geschieden worden, weil keiner von beiden während der Ehe Angestellter war.

Manche Mandanten kommen alle zwei, drei Wochen, nur, um sich den Text aufsagen zu lassen.

Falls jemand einen (legalen) Trick zur Beschleunigung von Scheidungsverfahren kennt, gebührt ihm meine ewige Dankbarkeit.

GEPÄCKVERLUST

GEPÄCKVERLUST

Nehmen sich Billigflieger das Recht, bei Gepäckkontrollen einfach Gegenstände zu konfiszieren? Einem Kunden von easy-Jet sind bei so einer Aktion die Akkus aus der Digitalkamera geklaut worden. DPMS INFO wirft einen Blick auf die Geschäftsbedingungen des Flugunternehmens.

FLOSKEL

Ich finde Anwälte albern, die in einer Diskussion vor Gericht jede Erwiderung mit der Floskel „Mit Verlaub, Herr Kollege …“ beginnen. Nächstes Thema.

VORGESORGT

Im Radio WDR 5 ging es vorgestern darum, dass das Sozialamt Bedürftige zwingt, Sterbeversicherungen aufzulösen. Dagegen wusste ein „Experte“ von der Arbeiterwohlfahrt Rat. Der Betroffene solle in Zeiten, in dem es ihm gut geht, schon mal einer „Vertrauensperson“ einen Geldbetrag geben mit dem Auftrag, später für das Begräbnis zu sorgen.

Ob das Interview später für einen „Verbotsirrtum“ reicht?

FALSCHE RICHTER

Die Richter in Brandenburg sind seit 1993 falsch gewählt worden. Das räumt Justizministerin Barbara Richstein offen ein, berichtet die Welt. Wieso niemand gemerkt hat, dass die Wahlverordnung einen falschen Abstimmungsmodus vorschreibt, sei rätselhaft, seufzt der Vorsitzende des Brandenburgischen Richterbundes. Möglicherweise können jetzt sogar Urteile angefochten werden, weil sie nicht vom „gesetzlichen Richter“ gefällt wurden.

Ich habe noch ein Verfahren vor dem Amtsgericht Potsdam. Aber bislang läuft es nicht so schlecht, dass ich mir einen anderen Richter wünschen würde…

(link gefunden im HandakteWebLAWg)

DATEN FÜR NUMMERN

DATEN FÜR NUMMERN

Die Inverssuche für Telefonnummern ist nach einer Gesetzesänderung jetzt zulässig. Dann kann man sich auch nach Rufnummern erkundigen – und kriegt den Anschlussinhaber samt Adresse mitgeteilt. Vor einigen Jahren wurden noch Telefonbuch-CD´s, die diese Funktion hatten, aus dem Verkehr gezogen. Wer jetzt nicht möchte, dass seine Daten herausgegeben werden, muss der Inverssuche widersprechen. Der Telefonanbieter ist verpflichtet, jeden Kunden auf die Änderung hinzuweisen.

(Hinweis gefunden bei DPMS INFO)

TEILWEISE ENTLASTET

Im Autobahnraser-Prozess sieht es besser für den Angeklagten aus. Ein Gutachter revidierte seine bisherigen Angaben. Damit wird es unwahrscheinlicher, dass Rolf F. eine Mutter und ihr Kind von der Autobahn gedrängt und ihren Tod verursacht hat. Auch die Zeugenaussagen offenbarten neue Widersprüche, berichtet Spiegel online.

Die Strategie von Verteidiger Georg Prasser scheint damit erste Erfolge zu zeigen. Er hatte vor der Berufungsverhandlung angekündigt, die Überzeugung des Gerichts, dass es sein Mandant gewesen sein muss, zu erschüttern. Dabei wollte er immer in Erinnerung rufen, dass der Angeklagte nicht beweisen muss, dass er eine Tat nicht begangen hat. Vielmehr muss ihm auf Grund von Tatsachen bzw. auf Tatsachen gestützten Indizien „zur Überzeugung des Gerichts“ nachgewiesen werden, dass er schuldig ist. Gelingt dies nicht, darf er nicht verurteilt werden.

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)