AUFWEICHUNG

Rechtsberatung durch Nichtanwälte wird leichter möglich. Das Bundesverfassungsgericht entschied jetzt, dass ein 74-jähriger ehemaliger Richter kostenlos zwei Kriegsdienstverweigerern helfen durfte. Als „erfahrener Jurist“ habe er hierzu auch die erforderlichen Kenntnisse, so die taz.

Der Artikel erläutert auch die wirtschaftlichen Hintergründe, die viele Seiten auf eine Aufweichung des Rechtsberatungsgesetzes hinarbeiten lassen. Insbesondere wollen die Rechtsschutzversicherungen ihre Kunden durch eigene Angestellte beraten lassen.

danke an Torsten Kleinz für den link /

Quelle Cartoon: wulkan (www.wulkan-comic.de)

TEURE LUFT

Ob im Büro oder zu Hause – hier in Düsseldorf heizt man mit Gas. Deshalb lese ich mit Interesse bei Spiegel online, dass der Brennstoff mit Luft und anderen billigen Substanzen angereichert wird – ohne dass gleichzeitig der Preis sinkt.

Zivilrechtlich ist das Ganze nicht sonderlich kompliziert. Wer eine nur der Gattung nach bestimmte Sache schuldet, hat eine Sache „von mittlerer Art und Güte zu leisten“ (§ 243 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Bei Erdgas dürfte sich das ja im Zweifel am Brennwert festmachen lassen. Allerdings findet man schon über Google schnell Allgemeine Geschäftsbedingungen von Stadtwerken, die es ausdrücklich erlauben, den Brennwert aus sachlichen Gründen zu vermindern.

Mal sehen, mit was Staatsanwälte heizen.

KULTURK(R)AMPF

KULTURK(R)AMPF

Der Springer-Verlag und die Spiegel-Gruppe kehren schnellstmöglich zur alten Rechtschreibung zurück. Spiegel online veröffentlicht die Meldung als Aufmacher und damit dürfte der Kulturkampf wohl eröffnet sein.

So lange die Schüler nach der neuen Rechtschreibung lernen (müssen), wird die Aktion scheitern. Besser kann man sich wohl nicht von seiner künftigen Zielgruppe entfremden.

FÜNF LEUTE

FÜNF LEUTE

Endlich habe ich Sie mal am Telefon. Ich telefoniere schon seit Wochen hinter Ihnen her.

Ich habe mehrfach versucht, Sie zurückzurufen. Bei Ihnen geht niemand ans Telefon.

Als Außendienstler bin ich fast nie zu Hause.

Aber Sie haben doch ein Handy?

Selbstverständlich.

Dann geben Sie mir doch Ihre Nummer.

Nein, die gebe ich nicht raus. Die Nummer haben nur fünf Leute.

Tja, dann werden wir uns wohl auch in Zukunft selten sprechen…

ENDLOS

Wenn man sich die Justizreformen der letzten Jahrzehnte anguckt, stand immer ein Ziel im Vordergrund. Mehr Geld für Rechtsanwälte. Just kidding. Prozesse sollten beschleunigt werden. Wie schnell man so was konterkarieren kann, zeigt das neue Gebührenrecht, in Kraft seit dem 1. Juli.

Vorprozessuale Kosten mussten früher praktisch überhaupt nicht erstattet werden. Jetzt gilt die Regel, dass diese Kosten nur teilweise von den späteren Verfahrensgebühren aufgefressen werden. Was nichts anderes bedeutet, dass der Prozessgewinner vom Verlierer einen Teil seiner vorprozessualen Kosten verlangen kann.

Statt diese Kosten jetzt aber in das relativ einfache Festsetzungsverfahren nach dem Rechtsstreit aufzunehmen, hatte der Gesetzgeber die Idee, dass diese Kosten neben der Hauptforderung eingeklagt werden müssen. Das führt dazu, dass das Gericht in vielen Fällen nicht mehr nur über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden haben wird, sondern auch über die außergerichtlichen Kosten.

Das kostet natürlich enorme Ressourcen. Und vor allem Zeit, weil die Prozesse mit jeder anhängigen Forderung länger dauern. Zu allem Überfluss hat der Gesetzgeber das Verfahren auch noch so geregelt, dass der Richter im Zweifel ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer einholen muss, ob die Forderung der Höhe nach in Ordnung geht. Und das in jedem einzelnen Fall!

Wie es aussieht kann auch der Beklagte seine außergerichtlichen Kosten geltend machen. Als Widerklage. Denn gesetzt den Fall, dass der Kläger verliert, spricht ja einiges dafür, dass die Aufwendungen des Beklagten für die Zurückweisung der Forderung korrekt waren. Ein wunderbares Instrument, um jeden Prozess endlos in die Länge zu ziehen, was ja für den Beklagten sehr häufig ein legitimes Anliegen ist.

Ich werde weiter berichten – von beiden Seiten.

HAUS FÜR 2,50

HAUS FÜR 2,50

Hat sie? Oder hat sie nicht? Nämlich ein Haus bei ebay ersteigert, und das Ganze für 2,50 Euro. Leider steht im dpa-Bericht nichts zu den näheren Umständen des Geschäftes. Ist ein Grundstück schon dabei, wäre der Kauf eindeutig unwirksam, weil er nicht notariell beurkundet ist.

Geht es dagegen nur um einen Bauauftrag und kommt das Grundstück von dritter Seite, fragt sich, ob der Disclaimer „Irrtum vorbehalten, nicht unter 104.000 Euro … “ wirksam ist. Dabei kommt es auf die Gestaltung des Angebotes an. Entscheidend ist die Frage, wie ein verständiger Betrachter die Gesamtaussage verstehen musste.

Das kann so und so ausgehen. Das Gericht wird schon bei der Entscheidung, ob die Klägerin Prozesskostenhilfe erhält, Farbe bekennen.

Nachtrag: Sascha Kremer (Vertretbar.de) begründet eingehend, warum sich die Klägerin keine Hoffnung auf Prozesskostenhilfe machen sollte. Vielleicht sollte er seine Stellungnahme an den „Verkäufer“ mailen, dann hat dessen Anwalt keine Arbeit mehr.

OLYMPISCHE VORFREUDE

Meine Sekretärin arbeitet sich durch die Tagespost. Sie hält einen Briefumschlag der Daimler-Chrysler-Bank hoch:

Wollen Sie eine Athen-Eule gewinnen?

Wir haben uns dann doch für die Ablage P entschieden.

VERNEHMUNGEN

Nach § 163a Strafprozessordnung muss der Beschuldigte zum Tatvorwurf vernommen werden. In „einfachen Sachen“ lässt es das Gesetz genügen, wenn er Gelegenheit erhält sich schriftlich zu äußern.

Vom Polizisten, der meinem Mandanten einen Anhörungsbogen wegen „Raub, Nötigung und gefährlicher Körperverletzung“ geschickt hat, würde ich gerne mal wissen, wo für ihn die „einfachen Sachen“ aufhören.

ZAUBERSATZ

Aufschlussreiches Gespräch mit einem Mandanten. Der genießt es nach langen Ehejahren, als Single auf dem Markt zu sein. In unserem Alter, meint er, dürfe Mann nie vergessen, den Zaubersatz zu sagen:

Du kannst mich auch zu Hause anrufen.

HONORARE

Ich habe meine erste Strafsache nach dem neuen Gebührenrecht, das seit dem 1. Juli gilt, abgerechnet. Der Verteidiger kriegt jetzt eine Grundgebühr. Sie wird mit dem ersten Pups fällig und soll den Aufwand vergüten, der mit der Einarbeitung in die Sache verbunden ist.

Daneben gibt eine allgemeine Verfahrensgebühr. Die Teilnahme an polizeilichen Vernehmungen und Haftprüfungsterminen löst außerdem eine Terminsgebühr aus. So was gab es bislang auch noch nicht. Wird das Verfahren dann nach segensreicher Mitwirkung des Verteidigers eingestellt, fällt noch eine Erledigungsgebühr an.

Bislang gab es eigentlich nur zwei Gebühren: die allgemeine Tätigkeitsgebühr und eine Prämie für die eventuelle Einstellung. Da die Gebührenrahmen nach neuem Recht einen ähnlichen Spielraum wie die alten geben, ist jetzt plötzlich reichlich Luft nach oben. Was bedeutet, dass es erstmals möglich sein dürfte, Strafsachen bis zu mittlerer Intensität betriebswirtschaftlich sinnvoll abzurechnen – und zwar ohne Gebührenvereinbarung.

Ist halt doch nicht alles schlecht, was die Frau Zypries fabriziert.

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

ICH DICH AUCH

Intercity Hamburg – Frankfurt. Auf dem Doppelsitz neben mir ging mächtig die Post ab. So verliebt wäre ich auch mal gerne. Mit der Zeit näherte sich das Ganze schon der Erregung öffentlichen Ärgernisses, aber kurz vor Dortmund unterbrach ein Klingelton das rege Treiben. Es war sein Handy.

Hallo. – Ach, du bist es. – Nein, wir haben keine Verspätung. – Och, eher langweilig. Du weisst ja, wie diese Sitzungen … – Nö, der Jochen konnte dann doch nicht mitkommen. Aber es hat ganz gut geklappt. – Lass nur, ist nicht nötig. Ich nehme ein Taxi nach Hause. – Gib´ dem Kleinen einen Kuss, o.k.? – Jaaaaaa, ich dich auch.

Er ist dann in Düsseldorf auf der einen Seite des Wagens ausgestiegen. Sie auf der anderen. So ganz wollte er nämlich nicht ausschließen, dass ihn seine Frau am Bahnhof abholt.

Das war dann aber doch nicht der Fall.

EISIG

Immer wieder gern gesehen sind Taxifahrer, die sich das Fahrtziel anhören und sagen: „Warum fahren Sie da nicht mit der S-Bahn hin?“ In solchen Fällen hole ich einen Notizzettel aus meiner Brieftasche. „Was machen Sie jetzt?“ „Ich schreibe mir die Taxinummer auf. Vielleicht erklärt Ihnen das Ordnungsamt ja, dass das Taxenmonopol mit einer Beförderungspflicht gekoppelt ist.“

Wahlweise kann man auch die Wörter „Anzeige“ und „Bußgeld“ fallen lassen. Spätestens dann findet die Fahrt doch noch statt. Allerdings unter eisigem Schweigen. Und ohne das Trinkgeld, das ansonsten sicher nicht zu knapp ausgefallen wäre. Aber er hat es ja nicht anders gewollt.

SCHNÄPPCHENPREISE

SCHNÄPPCHENPREISE

Das Oberlandesgericht Hamm hat es dem Anwaltsdiscounter JuraXX untersagt, mit Schnäppchenpreisen für die Beratung zu werben. JuraXX hattte diese für 10 bis 50 Euro angeboten. Laut taz hatte ein Essener Fachanwalt für Arbeitsrecht gegen das Angebot geklagt.

(danke an Michael Holzt für den link)