POLICE ACADEMY – SCHON WIEDER

Wenn ein Haftbefehl droht, ist Strafverteidigung ein hektisches Geschäft. Und das Wochenende plötzlich mit Terminen angefüllt. In stickigen Haftzellen und rauchigen Vernehmungszimmern. Wenn der Haftbefehl jedoch abgewendet ist und der Beschuldigte wieder nach Hause darf, nimmt noch jedes Ermittlungsverfahren seinen behördlichen Gang.

Richtig erfreut ist der Verteidiger, wenn er dann erfährt, dass in den zwei Wochen seit der Hektik überhaupt nichts passiert ist. Grund: Die Unterlagen schlummern im Eingangskörbchen des zuständigen Kriminalkommissariats. Dort warten sie auf Vergabe eines Aktenzeichens. Erfrischend auch die Auskunft der Vorzimmerdame: „Eine Woche müssen Sie sich schon noch gedulden.“

Drei Wochen Vorlaufzeit, bis sich mal wieder ein Kriminalbeamter mit der Sache beschäftigt. Und entscheidet, ob noch Spuren zu sichern oder Zeugen zu hören sind. Vielleicht hängt die miserable Aufklärungsquote auch von solchen behördeninternen Abläufen ab.

Wird vielleicht doch mal Zeit, dass McKinsey kommt.

Zum Thema auch der Express: „Die Kripo wird kaputtgespart”

FORMULARE

Weil seine Frau die Scheidung beantragte, schaltete Herr M. auf stur. Obwohl ihn das Familiengericht mehrfach aufforderte, reichte er nicht die Fragebögen zum Versorgungsausgleich ein. Die Folge war ein Zwangsgeld von 200,00 Euro. Die hat Herr M. bezahlt. In der Hoffnung, seine Ruhe zu haben.

Zwangsgeld bedeutet aber nicht Lösegeld. Das Gericht hat das Geld zwar kassiert, aber nach einigen Wochen erneut zugeschlagen. Mit 100 % Aufschlag. Und ich soll etwas dagegen machen, weil es Herrn M. doch langsam teuer wird.

Das einzige, was mir einfällt, ist ein guter Rat: Füllen Sie die Formulare aus und reichen Sie diese ein. Oder wandern Sie in den australischen Dschungel aus. Aber machen Sie sich nicht übermäßig viele Hoffnungen, dass man Sie dort nicht doch erwischt. Bei Formularen kennen deutsche Gerichte kein Pardon…

FINTE

Die Beförderung eines Angestellten ist mitunter nur eine Finte, um die Kündigung vorzubereiten. Denn leitende Angestellte kann der Arbeitgeber viel einfacher entlassen als normale Arbeitnehmer. Die Tricks und wie man sich wehren kann, schildert der Düsseldorfer Arbeitsrechtsexperte Dr. Stefan Röhrborn im manager-magazin.

SYSTEM CHEFARZT

Chefärzte kriegen ein Gehalt. Mit „Nebentätigkeiten“ können sie aber mitunter ein Vielfaches erzielen. In Berlin muss ein Arzt jetzt fast eine Million Euro an die Charité zahlen, weil er im Rahmen dieser Nebenjobs Personal und Geräte des Krankenhauses genutzt hat.

Der Artikel in der BZ lässt ahnen, wie das „System Chefarzt“ funktioniert.

(danke an HandakteWebLAWg für den link)

POLICE ACADEMY 8

POLICE ACADEMY 8

Feldstudie mit den Schülern der Rechtskunde-AG. Der freundliche Mitarbeiter vom Landgericht schaut immer, dass wir zu einer Drogenstrafkammer kommen. Der Prozess fing in pädagogischer Hinsicht auch vielversprechend an.

Einem jungen Marokkaner – aus der Untersuchungshaft vorgeführt – wurde zur Last gelegt, eine Tasche mit ein Kilogramm Heroin in einem U-Bahnhof entgegengenommen zu haben. Der Verteidiger, Rechtsanwalt H., schaffte es jedoch innerhalb einer Stunde, die Anklage aufzumischen: Der Lieferant arbeitete mit der Polizei zusammen. Ihm war vom Staatsanwalt in Aussicht gestellt worden, dass er nicht in Untersuchungshaft muss, wenn er seinen Abnehmer liefert. Aus einem Durchsuchungsbeschluss war ihm bekannt, dass er einen „Said“ ans Messer liefern soll.

Das Treffen ließen die Polizeibeamten den Lieferanten über dessen eigenes Handy ausmachen. Keiner konnte sich mehr daran erinnern, ob wirklich ein Dolmetscher anwesend war, als der neu angeworbene Spitzel einen „Said“ zum Treffen bat. Ebenfalls war völlig unklar, was gesprochen wurde. Leider hat man vergessen, das Telefonat aufzuzeichnen.

Aber es geht noch weiter.

Der Angeklagte, der dann als „Said“ an der U-Bahn-Station auftauchte, ist dummerweise nirgends als Said bekannt. Nicht einmal im Handy des Spitzels ist er als Said gespeichert. Dort steht er unter seinem richtigen Namen, der völlig anders lautet. Dann stellte sich noch heraus, dass niemand wirklich genau gesehen hat, ob „Said“ die Tasche tatsächlich genommen hat. Und dass der Spitzel die Version, wie er an den Stoff gekommen ist, während seiner Aussagen mindestens dreimal geändert hat.

Letztlich fragte der Kollege einen der Polizisten: „Ist Ihnen eigentlich niemals der Gedanke gekommen, dass Ihr neuer Mitarbeiter Sie komplett verarscht?“ Die Antwort: betretenes Schweigen.

Ich hatte ein bisschen den Eindruck, das Gericht vertagt die Sache nur deswegen um eine Woche, damit es nicht in Anwesenheit der Schulklasse zu einem Freispruch erster Klasse kommen muss.

JUSTIZBUNKER

Düsseldorfs Justizbunker ist fertig, berichtet AFP. Das bestgesicherte Gerichtsgebäude der Republik hat sogar einen Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach, so dass Angeklagte und gefährdete Zeugen eingeflogen werden können. Von mir ist in nächster Zeit kein Bericht aus dem 32-Millionen teuren Bau vor den Toren der Stadt zu erwarten. Terroristen und politisch motivierte Gewalttäter gehören derzeit nicht zu meinem Mandantenkreis.

HOCHZEITSNACHT

Ein randalierender Bräutigam musste in Braunschweig seine Hochzeitsnacht in der Ausnüchterungszelle verbringen. Laut Angaben der Polizei soll die Braut darüber noch nicht mal böse gewesen sein. Die Feiernden gehörten der rechten Szene an, so der Bericht in rp-online.

ZERO EVOLUTION

… und spähte durch das Glas auf die dunklen Regale. „Der längste und kostspieligste Prozess in der der Geschichte des Vatikans. Vierzehn Jahre und sechshundert Millionen Lire. Es steht alles hier.“

„Ein paar Gerichtsakten?“

„Ich schätze, Anwälte haben sich im Lauf der Jahrhunderte nicht weiterentwickelt.“

„Genauso wenig wie Haie.“

Dan Brown, Illuminati, S. 263

GETRÖDELT

GETRÖDELT

Gerade Verwaltungsgerichte haben ein Talent darin, unbeliebte Sachen nicht zu bearbeiten. Über einen Fall hatte jetzt laut beck-aktuell das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden. Ein Frau beantragte wegen einer Sozialhilfesache Prozesskostenhilfe. Das Verwaltungsgericht machte dreieinhalb Jahre nichts. Die Beschwerdeinstanz blieb fast zwei Jahre untätig. Und dann wurden die Anträge der Frau auch noch ohne Rückfragen zurückgewiesen, weil den Richtern einige Angaben fehlten.

Das Bundesverfassungsgericht kritisiert nicht nur die Untätigkeit der Richter. Es findet auch deutliche Worte dazu, dass die Sache dann mit formalen Tricks abgewürgt wird – statt der Antragstellerin Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben.

Ein krasser Ausnahmefall? Ich wette, jeder der hier mitlesenden Anwälte und einige Betroffene haben schon ähnliches erlebt.

PROZESSALLTAG

Heute morgen mit erlebt, wie Josef Ackermann am Landgericht Düsseldorf aus einem schwarzen Daimler gefedert ist. Beruhigt zur Kenntnis genommen, dass selbst Starverteidiger ihre Akten selbst schleppen müssen. Und einen etwas verwirrten Blick ob der Leere rundherum registriert. Was, heute nicht mal Kameras? Der Prozessalltag hat offenbar begonnen.

Wenn man liest, was die ersten Zeugen aussagen, dürfte der angekündigte Verzicht auf weitere Victoryzeichen keine falsche Entscheidung sein.

Update: „We need to do this the chinese way“. Das manager-magazin protokolliert detailliert den letzten Prozesstag. Und zitiert einen Satz, der in unserer Geschäftswelt garantiert sehr beliebt werden wird.

KEINE HAFTUNG

Immer wieder ein beliebter Zusatz auf Anwaltsbriefbögen:

Telefonische Auskünfte sind unverbindlich.

Entweder gebe ich telefonische Auskünfte. Und hafte dafür. Oder ich schreibe nur Briefe. Aber telefonieren und dann nichts davon wissen wollen? Kommt mir seltsam vor. Noch dazu ist der Vorbehalt als „Allgemeine Geschäftsbedingung“ natürlich so was von unwirksam. Da muss man sich ernsthaft fragen, wie einem der Anwalt zum Beispiel mit Verträgen kompetent weiter helfen soll, wenn er in eigener Sache solche Schrottklauseln verwendet.

Mildernde Umstände gibt es nur für die paar tausend Kollegen, die sich den Satz ebenso wie die Kaiser-Wilhelm-Schrifttype auf dem Briefbogen und einige tüttelige Omas als Mandanten im Wege des Praxiskaufes von ihrem Vorgänger haben andrehen lassen.

FATHER AND SON

Mit den Worten „Den könnt Ihr behalten!“ hat sich ein Vater im sauerländischen Brilon geweigert, seinen 24-jährigen Sohn aus der Polizeizelle auszulösen. Der junge Mann musste wegen Betrugs 400 Euro Geldstrafe zahlen oder für 20 Tage ins Gefängnis einrücken, wie ein Polizeisprecher am Donnerstag mitteilte. Nachdem der Vater nicht die Geldstrafe seines Stammhalters bezahlen wollte, wurde dieser in die Justizvollzugsanstalt Bielefeld eingeliefert.

(Quelle: rp-online)

FÄLSCHUNG

FÄLSCHUNG

Ziemlich erstaunt war einer meiner Mandanten, als er eine „Monatsabrechnung“ der Firma StarCom aus Berlin erhielt. Er hatte noch nie was von dem Unternehmen gehört. Auf Nachfrage erfuhr er, dass er einen Preselection-Vertrag für seinen Telefonanschluss abgeschlossen haben soll.

Hat er aber nicht. StarCom übersandte eine Kopie des angeblichen Vertrages. Eindeutig eine plumpe Fälschung. Die Unterschrift entspricht nicht der meines Mandanten. Und es sind lediglich die Daten ausgefüllt, die man einigermaßen einfach ermitteln kann. Die Kontonummer im Abbuchungsvertrag fehlt zum Beispiel. Auch ein Tarif ist nicht angekreuzt. Beim Datum fehlt die Jahreszahl.

Der Hinweis, dass es sich um eine Fälschung handelt und Strafanzeige erstattet wurde, ficht StarCom nicht besonders an. Vielmehr wird mein Mandant unter Fristsetzung zum 6. Februar 2004 aufgefordert, eine Kopie der Strafanzeige zu übersenden, „damit die Angelegenheit bei uns weiter bearbeitet werden kann“. Ansonsten wird mit dem Forderungseinzug durch das Phönix Inkassobüro gedroht.

Mal abgesehen davon, dass die Polizei grundsätzlich keine Kopien von Anzeigen oder Vernehmungen rausrückt (mit Ausnahme einer – kostenpflichtigen – Akteneinsicht über Anwälte), stellt sich natürlich die Frage, was sich StarCom von der Anzeige für Rückschlüsse erwartet. Sollte man nicht eher annehmen, dass die Firma ankündigt, sie werde sich den Vertreter, dem sie ja immerhin Provision gezahlt haben dürfte, mal zur Brust nehmen? Oder gar selbst Strafanzeige erstatten?

Interessant auch die versuchte Umkehr der Beweislast. Mein Mandant muss nicht beweisen, dass er das Papier nicht unterzeichnet hat. Vielmehr muss StarCom in einem möglichen Prozess belegen, dass die Unterschrift von meinem Mandanten stammt.