DIE BERATER

Die Zeit berichtet in einem interessanten Artikel über die „Berater-Republik“:

In den folgenden Wochen, berichten niedersächsische Haushaltsfachleute, hätten die Berater vor allem graue Aktenblätter in bunte Präsentationsfolien umgearbeitet. Der damalige Präsident des Landesrechnungshofs, Wolfgang Meyerding, schätzt, zwei Drittel des kostspieligen und als vertraulich eingestuften Haushaltsgutachtens, das der ZEIT vorliegt, bestünden aus nichts anderem als aus der bekannten Expertise der Verwaltung. „Der Erkenntniswert für Insider war gering, der Anschein eines Konsolidierungskonzepts für die Regierung war groß.“

Eine beachtliche Leistung, vor allem bei einem doch eher mickrigen Tagessatz von 2.500 – pro Berater.

(link gefunden im Handakte WebLAWg)

Update: Sigmar Gabriel, der sich im Bericht der Zeit kritisch äußert, soll mit Steuergeldern einen PR-Berater bezahlt haben, der ihm Auftritte in bundesweiten Talkshows verschaffen sollte. Näheres in der FAZ (via jurabilis).

VOGELHÄUSCHEN

VOGELHÄUSCHEN

Mit einem nachgebauten Starenkasten schreckt eine Familie im Raum Bonn Autofahrer vom Rasen ab. Die Stadt Königswinter hat sich das „Vogelhäuschen“ angesehen und hält die Attrappe für erlaubt. Laut Express stellt die täuschend echt wirkende Kiste keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.

Wenn es den ersten Verletzten nach einem Panikbremser gibt, könnte diese Auffassung allerdings unter Beschuss geraten.

MER STELLE UNS DUMM

Schreiben der Staatsanwaltschaft Düsseldorf:

… in o.g. Ermittlungsverfahren wird angefragt, ob Sie noch Kontakt zu Ihrem Mandanten haben und den derzeitigen Aufenthaltsort kennen. Es wird um Mitteilung gebeten.

Antwort:

… in dieser Angelegenheit bin ich nach wie vor als Verteidiger tätig. Sie treffen meinen Mandanten tagsüber in der Trattoria XY, wo er als Küchenhilfe arbeitet. Wenn Sie ihn lieber nachts verhaften wollen, versuchen Sie es in der Wohnung seiner Stiefmutter M-Straße 48. Oder bei seiner Freundin Caroline S., T-Straße 35.

Die Anfrage ist echt. Die Antwort ein Scherz.

BGH VS. BILD

BGH VS. BILD

Streit. Ein ungewöhnlicher noch dazu.

Das zweithöchste deutsche Gericht, der Bundesgerichtshof (BGH), schimpft beim Presserat über die BILD-Zeitung. BILD hatte massiv ein Urteil des BGH kritisiert, das zur Freilassung eines vorbestraften Vergewaltigers führte. Der Mann hatte im Schwimmbad zwei Mädchen an den Po gefasst und dafür vom Landgericht Bochum zwei Jahre Haft kassiert. Mit anschließender Sicherungsverwahrung!

Der BGH hob dieses Urteil als überzogen auf. Kurze Zeit später vergewaltigte der Mann eine Frau. BILD reagierte mit Wertungen wie „Saustall Justiz“ und „Skandalrichter“. Auf einem Foto waren die BGH-Richter mit Augenbalken wie Verbrecher abgebildet.

BGH-Präsident Günter Hirsch meint laut beck-aktuell, diese Berichterstattung sei nicht mehr durch die Pressefreiheit gedeckt. Hirsch: „Dem Opfer gehört unser ganzen Mitgefühl. Aber hierfür den BGH verantwortlich zu machen, der nach Recht und Gesetz entschieden hat, ist polemisch.“

Chefredakteur Kai Diekmann schießt zurück. Der BGH habe „gegen alle Warnungen von Polizei und Sachverständigen die Freilassung eines schwerstkriminellen sexuellen Serientäters veranlasst. Hierüber und über die berechtigte Empörung des Opfers über eine derartige Rechtsprechung haben wir in aller Schärfe berichtet. Der Fall dokumentiert die Entfremdung zwischen Bürgern und Justiz – solche Urteile sind nicht mehr vermittelbar.“ Diekmann gibt sich siegessicher: Auch der Presserat wisse, „dass in diesem Land die Justiz von Kritik nicht ausgenommen ist“.

Warum spielen die Richter die beleidigte Leberwurst? Jeder läuft Gefahr, von der Boulevardpresse mal durchgenudelt zu werden. In so einem Fall auf Ehre des hohen Hauses zu pochen und Respekt für die Justiz einzufordern, vergrößert doch die Verbitterung. Und weckt tatsächlich ein bisschen den Eindruck, die Richter hätten in der Sache nichts entgegen zu setzen.

Vor diesem Hintergrund können die Richter mit ihrer Eingabe an den Presserat nur verlieren. So oder so.

NEBENSAISON

Reisende müssen nicht damit rechnen, dass in der Nebensaison Teile der Freizeitanlagen und Restaurants einer Ferienanlage geschlossen sind. Das Oberlandesgericht Frankfurt verurteilte laut Spiegel online einen Reiseveranstalter deswegen zu Schadensersatz. Zu Recht weisen die Richter darauf hin, dass der Veranstalter in seinen Prospekten problemlos auf das reduzierte Angebot hinweisen könnte.

RAAB MUSS ZAHLEN

Stefan Raab muss für die Verhohnepiepelung einer jungen Frau aus Essen 70.000 Euro zahlen. Das Oberlandesgericht Hamm verschärfte das Urteil des Landgerichts Essen deutlich. Die erste Instanz hatte Lisa L., deren Nachname Raab zu endloser Häme reizte, 22.000 Euro zugesprochen.

Das OLG Hamm hat die Höhe des Schmerzensgeldes auch mit dem Hinweis gerechtfertigt, dass andere vor ähnlichen Aktionen abgeschreckt werden sollen. Der Gedanke der Generalprävention ist dem Zivilrecht eigentlich fremd, weil es nur um die Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander geht. Aber wenn diese Auffassung Anhänger gewinnt, wird vielleicht auch künftig bei Verkehrsunfällen mehr Schmerzensgeld zu erzielen sein. Schließlich können damit ja auch potenzielle Verkehrssünder abgeschreckt werden.

Die Pressemitteilung des OLG Hamm schildert genüsslich die Sünden des Herrn Raab.

BANKROTT DES STRAFVOLLZUGS (?)

BANKROTT DES STRAFVOLLZUGS (?)

Das Bundesjustiziministerium hat eine Rückfallstatistik vorgelegt. Interessant ist, dass 45 % aller Personen mit Bewährungsstrafen rückfällig werden. Hat jemand eine Freiheitsstrafe abgesessen, beträgt die Rückfallwahrscheinlichkeit 56 %. Allerdings zeigt sich auch hier wieder der nur bedingte Wert von Statistiken: Wer in den Knast muss, hat in den allermeisten Fällen früher schon mal Bewährung gehabt…

Claudia vom Radio, die mich auch auf die Studie aufmerksam gemacht hat, sieht in den Ergebnissen eine Bankrotterklärung des Strafvollzugs. Mit einigem Recht, vor allem angesichts der Tatsache, dass 79 % (!) aller jugendlichen Inhaftierten wieder straffällig werden. Gerade der Jugendstrafvollzug erreicht sein erklärtes Ziel offensichtlich nicht, junge Leute zu einem straffreien Leben zu „erziehen“.

Lesbar: die Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums.

Die ganze Studie (PDF).

12 CENT

12 CENT

Die Rechtsanwalt Rainer Haas & Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, die u.a. das Versandhaus Quelle vertritt, ist laut Briefkopf nur unter folgender Nummer erreichbar: 01805/63200261. Auch das Fax der Baden-Badener Anwaltskanzlei ist über eine 01805-Rufnummer geschaltet.

Ein Sternchen klärt den Anrufer über die Kosten auf: „12 Cent pro Minute aus dem Festnetz der Deutschen Telekom AG“.

Ihr System hat noch eine Lücke, liebe Kollegen: Man kann eine kostenlose e-mail schicken. Aber Sie arbeiten sicher hart daran, oder?

„MERKBLATT“

„MERKBLATT“

Wer von der Steueramnestie profitieren will, muss unheimlich aufpassen. Nur vollständige, absolut ehrliche und gewissen Formererfordernissen genügende Erklärungen führen zum Steuerrabatt und zur Straffreiheit. In einem „Merkblatt“ (PDF) erläutert das Bundesfinanzministerium die wichtigsten Punkte. Es umfasst – typisch für unser Steuerrecht – 28 Seiten…

DICHT(E)

DICHT(E)

Düsseldorf ist nach Berechnungen der Bundesrechsanwaltskammer (Grafik, PDF) die Stadt mit der zweithöchsten Anwaltsdichte. Auf 127 Einwohner kommt ein Anwalt. Spitzenreiter ist Frankfurt mit einem Rechtsanwalt pro 104 Einwohner. Die weiteren Plätze: München (131), Köln (216), Stuttgart (251) und Hamburg (260). In den neuen Bundesländern gibt es weit weniger Anwälte: Potsdam (255), Leipzig (393), Dresden (424).

Ich erwarte einige hämische Kommentare.

FREISPRUCH

Das Amtsgericht Hamburg hat den Chefredakteur der BILD-Zeitung Kai Diekmann vom Vorwurf freigesprochen, für die angeblich unzulässige Veröffentlichung aus Ermittlungsakten verantwortlich zu sein. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hatte zuvor gegen Diekmann wegen Verstoßes gegen das Hamburger Pressegesetz eine Geldstrafe von 18 000 Euro erwirkt. Begründung: Der Chefredakteur habe seine „Verpflichtung verletzt, das Druckwerk von strafbarem Inhalt freizuhalten“.

Im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen den so genannten Karnevalsmörder in Augsburg hatte BILD im Januar 2003 ausführlich über die Vernehmung des mutmaßlichen Mörders berichtet und sich dabei auch auf offizielle Ermittlungsprotokolle bezogen. Der Strafbefehl wurde jetzt nach zwei Tagen Hauptverhandlung aufgehoben.

Chefredakteur Kai Diekmann: „Damit ist der wiederholte Versuch einer Staatsanwaltschaft, Chefredakteure strafrechtlich zu disziplinieren, gescheitert.“ (PM des Axel Springer Verlages)

(danke an Mathias Schindler für den Hinweis)