NEBENKOSTEN: BITTE NICHT TÄGLICH

Heute Nachmittag habe ich mir ein kleines Fleißkärtchen verdient. Mit einem Schriftsatz zu einer Nebenkostenforderung. Das liest sich letztlich recht fluffig, aber es steckt jede Menge nervtötendes Gewühle im Vertrag und den Belegen drin. Die „Probleme“ sind in solchen Fällen ja leider nicht gelb markiert.

Hier der Text an das Amtsgericht, damit sich der eine oder andere angehende Anwalt vielleicht doch noch mal Gedanken über seinen Berufswunsch macht:

In dem Rechtsstreit
D. / N.

ist die Klage unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

Im Einzelnen:

1. Keine Fälligkeit der Abrechnungen

Die Nebenkostenabrechnungen sind den Beklagten innerhalb der Verjährungsfrist nicht ordnungsgemäß zugegangen.

Mit Schreiben vom 9. September 2003 übersandte der damalige Anwalt des Klägers, Rechtsanwalt und Notar Willi S., die Abrechnung an uns ( = RAe Vetter & Mertens).

Beweis: Schreiben des RA S., wohl bereits vom Kläger vorgelegt.

Wir hatten dem Kollegen lediglich vorher mitgeteilt, dass wir die „rechtlichen Interessen“ der Beklagten vertreten. Gegenstand unseres Schreibens vom 12. August 2003 war die Aufforderung, über den Restbetrag der Kaution in Höhe von € 113,55 zuzüglich Zinsen abzurechnen.

Eine besondere Vollmacht war unserem Schreiben nicht beigefügt.

Beweis: Unser Schreiben vom 12. August 2003 (Vorlage im Bestreitensfall).

a) Der bloße Auftrag einer Partei, für diese einen Kautionsabrechnungsanspruch aus einem Mietverhältnis geltend zu machen, begründet beim Anwalt nach ständiger Rechtsprechung noch keine Empfangszuständigkeit für irgendwelche sonstigen Willenserklärungen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärungen.

Hierzu gehört auch die Betriebskostenabrechnung.

b) Hier kommt hinzu, dass wir gar nicht als (vermeintlich) Bevollmächtigte angeschrieben wurden. Vielmehr war das Schreiben an die Beklagten gerichtet „über Herren Rechtsanwälte Vetter & Mertens“.

Wir sind aber keine Poststelle, welche auf Wunsch des Vermieters Post an die Beklagten weiter zu leiten hat.

Schon aus den vorstehenden Gründen hat die Übersendung der seinerzeitigen Abrechnung an uns keine Fälligkeits herbeigeführt.

2. Verjährung der Ansprüche

Auch den Abschriften der Anspruchsbegründung war die Abrechnung nicht beigefügt. Diese hat der Kläger offensichtlich nur dem Gericht überreichen lassen.

Somit ist den Beklagten die Abrechnung nicht innerhalb der Verjährungsfrist wirksam zugegangen.

Nach Ablauf der Verjährungsfrist kann jedoch nicht mehr abgerechnet werden.

Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.

3. Einzelne Positionen

a) In die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 1998/1999 rechnet der Kläger Kosten für Schädlingsbekämpfungen der Firma APEX ein.

aa) Soweit ersichtlich, geschieht dies zunächst in voller Höhe von DM 846,68 bzw. € 432,90 am Schluss der Abrechnung.

Diese Kosten fallen den Beklagten nicht zur Last.

Die Kosten einer gezielten Ungezieferbekämpfung im Mietobjekt hat grundsätzlich der Vermieter zu tragen (LG München WM 2001, 245; AG Köln WM 1992, 630). Diese Kosten sind selbst dann nicht umlegbar, wenn dies im Mietvertrag vorgesehen ist.

Die Beklagten hatten auch keinerlei Schuld an dem Ungezieferbefall im Haus; dieser beruhte vielmehr auf unhygienischen Verhältnissen in einer Nachbarwohnung.

Die Klageforderung reduziert sich also in jedem Fall um den Betrag für die Ungezieferbekämpfung, der voll für die Kläger angesetzt war.

bb) Ebenso gilt dies für die drei Rechnungen der Firma APEX, welche der Kläger gemäß den als

Anlage B 1

beigefügten Aufstellungen zu den Nebenkosten unter Ziffer 6 im Punkt „Wartung und Schädlingsbekämpfung“ eingestellt hat, obwohl vorne in der Abrechnung nur von „Wartungen“ die Rede ist.

Zunächst bestreiten die Beklagten, dass die Kosten in Höhe von insgesamt DM 3.655,45 = € 1.868,77 angefallen sind. Jedenfalls handelte es sich um eine einmalige Maßnahme. Das zeigt sich schon daran, dass in der Abrechnung für das Folgejahr derartige Kosten nicht enthalten sind.

Die Kosten sind also nicht umlagefähig.

Die Berücksichtigung dieser Kosten führt zur Unschlüssigkeit der Abrechnung.

b) Bankrücklastschriften kann der Kläger ebenfalls nicht erstattet verlangen.

Zwar ist es tatsächlich zu Rücklastschriften gekommen, diese fallen jedoch in den Verantwortungsbereich des Klägers.

Die Beklagten hatten eine neue Bankverbindung, und zwar ein Gemeinschaftskonto. Sie haben dem Kläger die Bankverbindung korrekt mitgeteilt. Insbesondere teilten sie auch mit, dass als Kontoinhaber „N. und K.“ aufzuführen sind.

Die Buchhaltung des Klägers führte jedoch nur einen der Beklagten beim Abbuchungsauftrag auf. Somit kam es zu Rücklastschriften, weil der Kontoinhaber nicht ordnungsgemäß genannt war.

Dies war jedoch ein Fehler des Klägers, nicht der Beklagten.

Die Bankrücklastschriften in Höhe von DM 22,50 und DM 17,50 = € 20,45 können also keinesfalls geltend gemacht werden.

c) In den Aufstellungen zu den Nebenkostenabrechnungen fällt auf, dass der Kläger in die Abrechnung 1999/2000 „Nachzahlungen“ an die AWISTA sowie die Stadtwerke einstellt.

Bei Nachzahlungen handelt es sich aber um Positionen, die sich auf vorhergehende Abrechnungszeiträume beziehen. Diese Nachzahlungen hätten somit auch in den Abrechnungen berücksichtigt werden müssen, auf die sich beziehen. Da der Kläger ja offensichtlich erst nach etlichen Jahren abrechnet, wäre es ihm auch ohne Weiteres möglich gewesen, die Nachzahlungen an der korrekten Stelle zu platzieren.

Die „Nachzahlungen“ sind also aus der Abrechnung 1999 / 2000 herauszurechnen; da dies nicht geschieht, ist die Abrechnung unschlüssig.

Eine nachträgliche Änderung vorhergehender Abrechnungen kommt bekanntermaßen nicht in Betracht, soweit dies zum Nachteil des Mieters ist.

d) Im frei zugänglichen Bereich des Hauses gab es keinen Feuerlöscher. Es ist deshalb nicht ersichtlich und wird bestritten, wofür eine Feuerlöscherwartung über DM 374,45 = € 191,45 angefallen sein soll.

Sofern es in Gewerbeeinheiten Feuerlöscher gab, fällt die Wartung in den Verantwortungsbereich der dortigen Mieter.

Dass es keine Feuerlöscher gab, zeigt sich auch an der Abrechnung 199/2000. Dort taucht eine derartige Position nicht auf.

e) Die Hausmeisterkosten müssen die Beklagten nicht anteilig tragen.

aa) Die Hausmeisterkosten sind schon deshalb unschlüssig, weil offensichtlich die gesamten angeblichen Kosten auf die Mieter umgelegt werden sollen.

Der Hausmeister beschäftigt sich jedoch nicht nur mit umlagefähigen Arbeiten. Zu seinen Aufgaben gehören auch Instandhaltung und kleine Reparaturen. Diese sind nach ständiger Rechtsprechung ebenso wenig umlegbar wie das Entgegennehmen von Mängelanzeigen der Mieter, das Beauftragen und Beaufsichtigen von Handwerkern, Mängelanzeigen an den Vermieter, Anbringung und Entfernung von Namensschildern, Überprüfung der Ordnung etc.

Die Beklagten bestreiten, dass der Hausmeister zu 100 % nur umlagefähige Arbeiten vorgenommen hat.

Dass ein Hausmeister ausschließlich Hausmeistertätigkeiten verrichtet und keinerlei Verwaltungstätigkeiten wahrnimmt, kommt in der Praxis so gut wie überhaupt nicht vor. In diesem Fall sind die Kosten verhältnismäßig aufzteilen (AG Wuppertal ZMR 1994, 372; AG Hannover WM 1994, 435).

Der Kläger müsste nicht nur den Hausmeistervertrag vorlegen, sondern auch entsprechende Stundenzettel, aus denen sich die Aufteilung der Arbeiten ergibt.

bb) Ebenso wenig ist nachvollziehbar, wieso laut den Aufstellungen Anlage B 2 zwei (!) Hausmeister beschäftigt wurden. Dies führte auch zu einer Preiserhöhung.

cc) Die Beklagten bestreiten, dass für die Hausmeister die angegebenen Sozialversicherungsbeiträge tatsächlich abgeführt worden sind.

f) Die Kosten für die Treppenhausreinigung sind völlig unangemessen. Die Treppenhausreinigung ist einmal wöchentlich in einer Stunde zu erledigen.

Beweis: 1. Sachverständigengutachten.
2. Einnahme des Augenscheines.

Bei einer wöchentlichen Reinigung im Monat hätte die Putzkraft, die offensichtlich mit der Hausmeisterin identisch ist, einen Stundenlohn von 69,23 DM erzielt. Das ist völlig unwirtschaftlich und unangemessen.

g) Sollten erhöhte Reinigungskosten geltend gemacht werden, wäre es unbillig, alle Mieter gleich zu behandeln. In dem Haus gab es nämlich mehrere gewerbliche Einheiten, u.a. die Schülerhilfe sowei zwei größere Büros. Diese Gewerbeunternehmen, insbesondere das Nachhilfeunternhmen mit einer Vielzahl Schülern täglich, tragen verhältnismäßig stärker zu der Verunreinigung des Treppenhauses bei.

Dies muss, wie bei gewerblichen Mieterin ohnehin, entsprechend berücksichtig werden.

Das unterlässt der Kläger jedoch.

4. Allgemeine Einwendungen

Wegen des hohen Anteils gewerblicher Mieter ist die Betriebskostenumlage nach Quadratmetern unbillig. Die gewerblichen Mieter müssten stärker berücksichtigt werden, u.a. auch durch verbrauchsabhängige Erfasssung beim Kaltwasser.

Gleiches gilt auch für die öffentlichen Abgaben. Diese sind höher, wenn das Objekt (teil-)gewerblich genutzt wird. Folglich müssten die Erhöhungsanteile, die sich aus der gewerblichen Nutzung ergeben, ausgewiesen und herausgerechnet werden.

Dies geschieht jedoch nicht.

5. Ergebnis

Die Klage ist aus den dargelegten Gründen unbegründet.

Rechtsanwalt