Auch nur ein Wichser

Als bekannt quotengeiler Blogger leiste ich mir natürlich eine Mediaagentur, die mir im 30-Sekunden-Takt simst, wie die Leser auf einen Beitrag reagieren. Oft kommt es vor, dass ich im Gerichtssaal um eine Pinkelpause bitte, wenn es nicht so gut läuft. Ich renne dann raus und ersetze eine neutrale Formulierung durch eine Beleidigung. Das hilft, fast immer.

Klicktäler überbrücke ich gerne durch vorgefertigte Beiträge zur GEZ. Und wenn auch das nicht wirkt, muss halt ein offener Brief her. Der offene Brief ist sozusagen das vorletzte Mittel, um diese Seite vor einem Quotentief von, sagen wir mal, 75 Lesern weniger als am Vortag und mich vor einer Heulattacke zu bewahren. Das letzte Mittel wären Fotos von Justizangehörigen, die sich aktiv für die Freigabe von Hanfderivaten und (2R,3S)-3-Benzoyloxy-tropan-2-carbonsäure-methylester einsetzen. Aber die waren mir dann doch zu teuer.

Der offene Brief wirkt vor allem dann, wenn vor fünf oder sechs Monaten jemand auf einer Seite bei myblog.de auch schon mal einen Halbsatz zum Thema verloren hat. Dann kommt zur Debatte ums eigentliche Thema noch der Vorwurf hinzu, dass ich ja doch nur schamlos abkupfere. Vorzugsweise von Bloggern, die sonst den lieben langen Tag nichts anderes tun.

Aber, hey, es zählen doch nur die Klicks. Ich weiß manchmal gar nicht, wie ich in der Steinzeit – sprich: 2003 – fleißig bloggen konnte. Ohne auf Toplisten vertreten zu sein! Mit praktisch keinen Kommentaren. Und wahrscheinlich ohne Leser; Zähler gab es ja nicht. Und auch keine so schmeichelnden Ansagen aus dem Maschinenraum wie die, law blog Inc. müsse dringend mal über einen zukunftssicheren Server nachdenken.

Heute ist das alles anderes. Ich bin ein nervliches Wrack, weil ich mein Ego nur aus diesem Weblog speise. Ich habe sonst doch nix, deshalb muss ich mich an Klickzahlen und Toplisten aufgeilen. Gerade diese angebliche Anwaltskanzlei ist nur eine Klitsche, in die sich höchstens mal jemand wegen einer Mietminderung verirrt. Und meine sozialen Kontakte im real life? Wenn mich die Verkäuferin im PLUS-Markt grüßt, war es ein schöner Tag. Ich sage das lieber gleich so offen, da können sich sesselpupsende, neidische Befindlichkeitsblogger die Recherche und somit den Kontakt mit Tageslicht ersparen.

Die gute Nachricht also: Ich bin genau wie ihr, die Betreffenden wissen schon, wen ich meine. Ein kleiner Wichser, der nur im Internet strunzt. So, ich bin wieder weg. Es kommt gerade eine scharfe Statistik rein.