NRW: Spitzenjuristen vergurken Ordnungsrecht

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Durch einen handwerklichen Fehler hoher Juristen des NRW-Innenministeriums bei der Änderung des Ordnungsbehördengesetz (OBG) im Juli 2003 sind die kommunalen Ordnungshüter um die Möglichkeit gebracht worden, gegen mutmaßliche Straftäter ein Aufenthaltsverbot auszusprechen.

„Das war ein wunderbares Instrument“, bedauert Herbert Windhövel von der Stadtverwaltung Düsseldorf. Er und seine Kollegen hatten zunächst nicht gemerkt, dass es fehlte. Sie hatten weiter Aufenthaltsverbote speziell gegen Rauschgifthändler und Fixer verhängt. Erst die Verwaltungsgerichte stoppten diese Praxis – mit dem Hinweis darauf, der Gesetzgeber habe den Ordnungsämtern diese Möglichkeit ausdrücklich genommen.

Das Ergebnis: Die offene Rauschszene wuchs und wächst wieder an. Das Schlamassel begann, als der Polizei per Gesetz eine Möglichkeit zugeschrieben werden sollte, die die Ordnungsbehörden schon hatte. Das Aufenthaltsverbot wurde im Absatz 2 des § 34 im Polizeigesetz festgehalten. Gleichzeitig aber wurde im Ordnungsbehördengesetz eine Vorschrift geändert, die auf den entsprechenden Paragrafen im Polizeigesetz verwies, wörtlich: „mit Ausnahme von Abs. 2“.

Damit war die Verwirrung perfekt: Der Gesetzgeber gab der Polizei nach den Ideen des Innenministeriums eine neue Möglichkeit an die Hand gab, nahm damit aber gleichzeitig den Ordnungsbehörden ein bewährtes Werkzeug weg. Das funktionierte bis dato: Rauschgifthändler bekamen von den Ordnungshütern ein dreimonatiges Aufenthaltsverbot, etwa für Bahnhöfe und Umgebung. Wurde das nicht befolgt, folgte ein Zwangsgeld von 250 oder 500 Euro. Bei Nichtzahlung verhängten die Verwaltungsgerichte eine Ersatzzwangshaft von 3 Tagen bis zu zwei Wochen.

Diese Praxis machten die Richter nach der Gesetzesänderung nicht mehr mit. Schließlich fehlte den Ordnungsämtern ja die Zuständigkeit. Das berichteten sie auch dem Innenministerium. Die verantwortlichen Spitzenjuristen dort merkten nun ihren Fehler, bekannten sie nicht aber nicht dazu. Stattdessen rieten sie im November 2003 unbeholfen den Ordnungsbehörden per Erlass, sich vor den Verwaltungsgerichten auf eine Generalklausel im Ordnungsbehördengesetz zu berufen.

„Dem sind wir selbstverständlich nicht gefolgt“, sagt Uwe Sievers. Der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Düsseldorf berief sich darauf, was der Landtag beschlossen hatte („Der Gesetzeswortlaut gilt!“) – und wurde vom Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt. Der Erlass des Innenministeriums wurde als „rechtswidrig“ gewertet.

Seitdem sieht Herbert Windhövel sich und seine Düsseldorf Kollegen „in einer Ohnmachtssituation“. Sie können lediglich einen „Platzverweis“ erteilen, der allerdings nur kurze Wirkung für ein eng begrenztes Gebiet hat. Windhövels dringende Frage, wann die Ordnungsbehörden denn nun endlich ihr „wunderbares Instrument“ zurückbekommen, kann auch Wolfgang Beus nicht beantworten: „Wir müssen und werden den Fehler heilen“, sagt der Sprecher des Innenministeriums.

Vielleicht passt ja diesmal der Landtag darauf auf, ob tatsächlich alles richtig läuft. (pbd)