Die Hürde

Die wichtigste Hürde des Tages ist geschafft. Um 13 Uhr kommt die Putzfrau. Außerplanmäßig, weil ihr Mann gestern operiert wurde. Nicht mal superwichtige Revisionsbegründungsfristen stehen so dick im Terminkalender wie dieses Ereignis. Meine Sekretärin hat mich gestern auch noch einmal ermahnt, unbedingt daran zu denken, dass die Reinigungskraft auflaufen wird.

Pflichtgemäß bin ich also soweit hergestellt, dass ich um 12.55 Uhr – also jetzt – das Haus verlassen kann. Leider habe ich keine Ahnung, wie lange die Aktion hier normalerweise dauert. Jedenfalls war ich am Freitag noch nie so früh zu Hause, dass ich der Putzfrau noch begegnet bin.

Ich werde also nach dem Sport sicherheitshalber noch einen Espresso trinken gehen. Oder zwei. Buch und Notebook habe ich schon mal eingepackt. Im Rheinpark war ich ohne beruflichen Anlass eigentlich schon lange nicht mehr, ich unsozialer Geselle. So komme ich tatsächlich mal wieder unter die Leute. Frau G. sei Dank.

Dresden: DNA-Massentest mit open end

In Coswig bei Dresden läuft der wohl bisher größte DNA-Reihentest an. Die Polizei will bis zu 100.000 Männer testen, um dem mutmaßlichen Vergewaltiger zweier Mädchen auf die Spur zu kommen.

Im Bericht der Wormser Zeitung erklärt der zuständige Kommissar freimütig, warum der Test scheitern könnte:

Etwa, wenn der Täter in Stuttgart gemeldet ist.

Wenn man das ernst nimmt, stellt sich die Frage, ob die Polizei mit ihrer Prognose von bis zu 100.000 Tests nicht eher tief stapelt. Letztlich wäre es dann sogar „erforderlich“, alle ins Raster fallenden Männer in Deutschland zu testen. Hilfsweise alle in der Europäischen Union. Wobei man dann nur hoffen kann, dass der Täter kein illegaler Einwanderer ist.

Oder ein Lkw-Fahrer aus der Ukraine.

Falls ich mal in so ein Raster fallen sollte, werde ich mich jedenfalls nicht ohne Gegenwehr zum potenziell Verdächtigen abstempeln lassen. Da müssen die Ermittler nicht nur mit einem „Anschreiben“ kommen, sondern mit einem durchsetzungsfähigen Beschluss, in dem mein Name steht.

(Link gefunden in der Handakte)

Wichtig!

„Wichtige Informationen.“ Wie ich das hasse, wenn meine Bank solche Sprüche auf Briefumschläge druckt. Und dann Werbung aus dem Kuvert fällt. Noch dazu nur für einen blöden Investmentfonds mit Geld-zurück-Garantie.

Von null auf Deutsch

Rechtsanwalt Lothar Müller-Güldemeister kennen sicher einige Leser. Er schreibt regelmäßig Kommentare im law blog – und Bücher. Jetzt hat er sich das Einbürgerungsquiz vorgenommen und die 100 Fragen beantwortet. Herausgekommen ist ein Buch über Deutschland, das sicher nicht nur Einbürgerungswillige interessiert. Von Null auf Deutsch in hundert Fragen ist ab nächster Woche erhältlich.

060714a.jpg

Grafik: Wojtek Fraczyk

Verfassungsschützer ein Mörder?

Ist der Döner-Mörder ein Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes? T-Online, Focus und andere Medien berichten , ein Beamter der Behörde sei ins Visier der Fahnder geraten.

Der Mann soll kurz vor einem der Morde an einem Tatort gesehen worden sein; in seiner Wohnung sei Literatur über Serienmorde gefunden worden. Für einen Haftbefehl reichen diese Indizien aber offensichtlich nicht, denn der Verdächtige ist nach wie vor auf freiem Fuß.

Der Döner-Mörder soll seit September 2000 neun ausländische Geschäftsleute, meist Ladenbesitzer, erschossen haben. Bei allen Taten wurde die gleiche Waffe benutzt.

Keine Ahnung

Nicht alle Väter drücken sich vor dem Unterhalt. Manche können einfach nicht zahlen. Um eine Klage und weitere Kosten zu vermeiden, schickte ich einen durchaus zahlungswilligen, aber derzeit mehr als klammen Vater zum Jugendamt. Dort sollte er einen Unterhaltstitel für seine Tochter errichten lassen. Das ist eine Urkunde, die den Unterhalt verbindlich festlegt. Sogar die Zwangsvollstreckung ist hieraus möglich.

Jetzt rief der Mann an. Beim Jugendamt in Düsseldorf habe man ihm gesagt, so was mache nur das Gericht. Und der Anwalt habe wohl keine Ahnung. Vermutlich haben sie eine Praktikantin an die Auskunft gesetzt. Denn bei jedem Jugendamt muss es eine „Urkundsperson“ geben, die solche Sachen bearbeitet (§ 59 SGB VIII).

Na ja, besorge ich dem Mann halt selbst einen Termin.

Die Hitze

Die Hitze. Nachbarn schräg gegenüber halten es drinnen anscheinend nicht mehr aus. Sie lieben sich auf dem Balkon. Bei Kerzenlicht. Jetzt schon die zweite Nacht in Folge. Keine Ahnung, was in die Leute gefahren ist, denn sie tun das – optisch und akustisch – so ungeniert, dass selbst die Pensionäre im Karree was mitbekommen haben dürften.

Die Rentnerfraktion. Zwei, drei reagieren sogar allergisch auf etwas lauter gestellte Badradios. Deshalb werden die Nachbarn heute bestimmt mit einer ersten Resonanz rechnen dürfen. Ich tippe auf einen Besuch vom Ordnungsamt. Vielleicht haben die Außendienstler eins dieser fast schon unvermeidlichen Fernsehteams im Schlepp. So wie sich die Nachbarn produzieren, wären Synergieeffekte nicht ausgeschlossen.

Alg: Vorschriften müssen ins Netz

Ein Sozialhilfeverein zwingt die Bundesagentur für Arbeit, interne Richtlinien und Dienstanweisungen zum Arbeitslosengeld zu veröffentlichen. Das Sozialgericht Düsseldorf verhandelte einen Eilantrag des Vereins. Dieser war auf das Informationsfreiheitsgesetz gestützt, berichtet heise online.

Nach dem vor Gericht geschlossenen Vergleich muss die Bundesagentur für Arbeit die über 1000 Vorschriften jetzt Schritt für Schritt im Internet veröffentlichen.

Gut so. Die Agentur für Arbeit verschanzt sich oft hinter ihren Dienstanweisungen. Die schätzt der Sachbearbeiter – notgedrungen – oftmals höher ein als das Gesetz. Obwohl es nicht das erste Mal wäre, dass die Anweisungen das Gesetz sehr einseitig auslegen. Um es mal vorsichtig zu sagen.

Sex-Anzeigen sind erlaubt

Prostituierte dürfen grundsätzlich in Zeitungen werben. Der Bundesgerichtshof sieht nur dann einen Grund für Verbote, wenn die Anzeigen grob anstößig sind oder die Jugend gefährden. Das ergibt sich aus einem heute bekanntgegebenen Urteil (Pressemitteilung).

Geklagt hatten nicht irgendwelche Moralapostel, sondern der Besitzer eines Puffs. Dieser wollte wohl der Konkurrenz in Wohnungen das Wasser abgraben.

Zum Geschäft mit den Anzeigen gibt es einen interessanten Artikel in brandeins: Tabulose Zeitung sucht Leser.

(Link gefunden bei ElbeLaw)

Gebremste Neugier

Mein Handy klingelt. Ich melde mich. Der Anrufer, Rufnummer unterdrückt, schweigt.

„Hallo? Was kann ich für Sie tun?“

„Ich wollte hören, wer Sie sind. Die Nummer in meinem Handy. Sie haben mich angerufen.“

„Schon möglich. Wenn Sie mir sagen, wer Sie sind, kommen wir vielleicht weiter.“

„Nö, lieber nicht.“

„Okay, dann eben nicht.“

Aber da hat er schon aufgelegt.

Fall Pascal: Zweifel zwingen zum Freispruch

Im Zweifel für den Angeklagten. Es sieht so aus, als müsse das Landgericht Saarbrücken diesen Grundsatz im Fall des verschwundenen Pascal anwenden, berichtet die Süddeutsche Zeitung:

Es bleibt ein Zwiespalt, der auch den Richtern des Landgerichts schmerzlich bewusst ist. Josef Choduba und seine Kollegen sind mitnichten von der Unschuld der Angeklagten überzeugt, im Gegenteil: „Gewichtige, nach Auffassung der Kammer sogar überwiegende Gründe sprechen dafür, dass sich zumindest die Angeklagten R., W. und M. im Sinn der Anklage schuldig gemacht haben“, schreibt Richter Choduba.

Aber auf der anderen Seite gibt es eben diese Zweifel, „vernünftige, nicht nur theoretische Zweifel.“ „Im Zweifel für den Angeklagten“ ist einer der ältesten Grundsätze der abendländischen Rechtsgeschichte. Die Schwurgerichtskammer in Saarbrücken ist entschlossen, ihn zu beherzigen.

(Link gefunden bei RA Eickelberg)