Große Pläne für den Jugendstrafvollzug

Bei ihrer Überprüfung der Jugendstrafanstalten im Lande hat die Werthebach-Kommission nicht einen Deut an Geld gedacht. Genau dass muss aber fließen, um einer schaurigen Tötung wie der in der JVA Siegburg vor einem viertel Jahr wenigstens vorzubeugen. Justizministerin Müller-Piepenkötter (CDU) sieht sich denn auch in ihrer Haltung bestätigt, nachdem die Kommission gestern den ersten Teil ihres Berichts in Bonn vorlegte.

Die insgesamt acht Empfehlungen dürften den Finanzminister schlucken lassen. Christdemokrat Helmut Linssen hatte bislang die Justiz eher darben lassen. Über klare Kosten wurde gestern nicht gesprochen, aber Eckart Werthebach, Ex-Innensenator von Berlin, hat zusammen mit seinen vier Fachkollegen die Finger in die Wunden gelegt. Der Vollzug ist mangelhaft!

Die Jugend hinter Gitter gehört zunächst von Erwachsenen getrennt. Bis es zu diesem Trennungsgebot in Siegburg kommt, sollte auf jeden Fall beachtet werden, dass eine „Vermischung“ von Gefangenen der beiden Vollzugsarten unterbleibt: In den Unterkunftsgebäuden, an den Arbeitsplätzen, bei Freistunden und selbst Gemeinschaftsveranstaltungen.

Die Kommission will auch, dass die Trennung landesweit geprüft wird. Das Land muss mehr Haftplätze für den offenen Jugendstrafvollzug schaffen. Damit wird laut Kommission das Gewaltpotenzial hinter geschlossen Zellen-Türen gemindert. Dazu gehört auch die Unterbringung junger Strafgefangener in Wohngruppen. Dort, rät die Kommission, werde die Sicherheit erhöht. Denn innerhalb von sozialen Strukturen können die Insassen auch ihr Selbstwertgefühl durchleben, heißt es.

Die Kommission hat auch ein heikles Thema diskutiert: Soll es in Hafträumen mit mehreren Personen während der Ruhezeit möglich sein, mit Sichtspionen zu beobachten? Ja, heißt es, die optische Überwachung verbessere die Eigensicherung der Wachtmeister. Eine zusätzliche, akustische Haftraumüberwachung soll rechtlich geprüft werden.

Und eine Selbstverständlichkeit mahnte die Kommission an: Bei jedem Notruf müssen die Bediensten sofort in der Zelle dem Grund nachgehen und die kontrollieren. Damit die Seele im Knast nicht zu kurz kommt, sollen Jugendpsychiater herangezogen werden und sich bei Krisen einschalten. Die Schlagworte heißen also: Mehr Personal, mehr bauliche Maßnahmen. Beides wird den Etat belasten, Gewalt vermeiden helfen. Doch die Kommission ist noch gar nicht am Ende. Vor den Sommerferien legt sie ihren Abschlußbericht vor. (pbd)