Geheimdienste: Keine neue Terror-Lage

Erhöhte Terrorgefahr in Deutschland? Ja, sagt der Bundesinnenminister. Nein, sagen die deutschen Geheimdienste, berichtet die Welt. Die Einschätzung des Innenministers „ist nicht unsere“, will das Blatt aus Geheimdienstkreisen erfahren haben. Danach gebe es keine neue Bedrohungslage.

Vor wenigen Tagen war Innenminister Wolfgang Schäuble beim Koalitionspartner SPD aufgelaufen. Die Sozialdemokraten sagten ein Gespräch über die Online-Überwachung von Computern ab. Damit ist es unwahrscheinlich geworden, dass über die bislang gesetzlich nicht legitimierte Maßnahme vor der Sommerpause entschieden wird.

Schon auffällig, dass der Bundesinnenminister wenige Tage nach dem vorläufigen Njet der SPD nicht nur eine erhöhte Terrorgefahr erkennt, sondern im gleichen Atemzug sogleich die Online-Überwachung deutscher Computer fordert. Als wäre dies ein Wundermittel gegen Terroristen. Die, möchte man meinen, werden die ersten sein, die ihre Hardware gegen die Stasi 2.0 abschotten.

Nachtrag: Selbst der bayerische Innneminister findet die Terrorwarnung überzogen

Danke, Polizei

„In der Ermittlungssache wegen V.g. BtMG – illegaler Handel mit Amphetaminen/Methamphetamin u.d. Derivate in Pulver- o. flüssiger Form vom 04.05.2007 bis 01.06.2007 … ist Ihre Vernehmung als Beschuldigter erforderlich.“

Schreibt die Polizei.

Damit nicht genug. Unter einem weiteren Aktenzeichen ermittelt ein anderer Polizist aus demselben Kommissariat gegen meinen Mandanten wegen angeblicher Drogenverkäufe „in der Zeit von Dezember 2006 bis zum 23.05.2007“.

Ich persönliche finde diese Arbeitsteilung hervorragend. Zwei Ermittlungsverfahren bei der Polizei sind zwei Akten bei mir. Das bedingt einen weiteren Kostenvorschuss. Deshalb heute absolut kein böses Wort über die deutsche Bürokratie.

Mit Blaulicht

Beim werten Kollegen sprang das Fax nicht an. Also schickten wir das Schreiben mit der Post. Wie ich gerade sehe, wurde zwar die Zeile mit der Faxnummer aus der Adresse gelöscht. Nicht aber der fettgedruckte Hinweis:

Eilt! Bitte sofort vorlegen!

Im Zivildienst haben wir immer darüber gelacht, wenn Patienten einen Krankenwagen mit Blaulicht bestellten. Für morgen um 10.

Tempo

Heute vor einer Woche haben wir eine Berufungsbegründung an das Oberlandesgericht geschickt. Nun liegt schon eine mehrseitige Stellungnahme des Senats vor. Das nenne ich Tempo.

Weniger erfreulich ist, dass sich das Gericht mit unseren Argumenten nicht anfreunden kann.

Deutsch im Alltag

Aus einer E-Mail:

Falls nicht, empfehle ich Ihnen, dem Einwohnermeldeamt mitzuteilen, dass Frau W. dort nicht mehr wohnt.

Gemeint war eigentlich die Mitteilung, dass Frau W. nicht mehr an der S-Straße wohnt.

Leider habe ich schon „Senden“ gedrückt.

Sein verdammtes Recht

Der Shopblogger überlegt, ob man nicht einfach die 200- und 500-Euro-Scheine abschaffen sollte:

Mir ist spontan auch kein triftiger Grund ersichtlich, diese Scheine im normalen Alltag zu verwenden, denn größere Zahlungen werden normalerweise bargeldlos durchgeführt.

Für mich sind solche Überlegungen ein Beleg dafür, wie sich langsam, aber sicher unser Denken wandelt. Es ist heute schon verdächtig, wenn man mit großen Scheinen zahlt. Oder überhaupt Bargeld verwendet. Terroristen, Mafiosi, Geldwäscher. An jeder Ecke.

Und der normale Bürger? Obwohl es sein verdammtes Recht ist, sein Bargeld auch in großen Scheinen unter die Leute zu bringen, lässt er es lieber gleich sein. Wer möchte schon ins falsche Raster geraten…

Irgendwann steht die Freiheit halt nur noch auf dem Papier. Wenn überhaupt.

Frustrierte Richter setzen auf Vitamin B

Gültige Regeln für Strafprozesse werden missachtet, das glauben sechs frustrierte Amtsrichter aus Neuss. Das halbe Dutzend beschwerte sich kürzlich bei Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) darüber, dass ihre Urteile von den Kollegen beim Landgericht Düsseldorf oft geändert werden.

Die Schuld an den – in zweiter Instanz – zu milden Urteilen sieht Amtsrichter Heiner Cöllen in erster Linie bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Deren Ankläger, sagt er, treten bei ihm und seinen Kollegen in Neuss noch forsch auf und fordern die Bestrafung von Angeklagten. Damit sei es in der Berufungsverhandlung aber vorbei. In der wollten müde gewordene Staatsanwälte, zusammen mit dem Landgericht, „nur noch ein schnelles Ende“ erreichen“.

„Angeklagte verlassen beim Landgericht grinsend den Saal“, kritisiert Cöllen die aus seiner Sicht zu lasche Rechtsprechung. Das Gespräch mit der Ministerin im Landtag stand unter der Überschrift „Wo drückt der Schuh in der richterlichen Alltagspraxis?“ Und Cöllen, Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der Neusser CDU, hatte es nicht ganz uneigennützig eingefädelt.

„Kriminelle kriegen bei uns keine Bewährungsstrafen, bekommen sie aber der zweiten Instanz mit herbeigezogenen Gründen“. Da genüge es plötzlich, dass sie eine neue Freundin haben oder eine Arbeitsstelle in Aussicht. Die Angeklagten stoßen laut Cöllen mit ihrer Berufung auf „willfährige Erfolgsgaranten“. Gemeint ist eine Kumpanei von einerseits Staatsanwalt und Landgericht mit andererseits angeklagten Straftätern.

Dieser harte Tadel sei zwar polemisch, treffe aber die „Schmerzgrenze“. Es zähle nur noch die „schnelle Erledigung“ der Verfahren. Gregor Steinforth, der Chef der Staatsanwaltschaft, verbittet sich solche Vorwürfe: „Staatsanwälte lassen sich bei der Wahrnehmung des Sitzungsdienstes nicht von sachfremden Erwägungen leiten!“ Auch Ulrich Thole, Sprecher des Landgerichts, betonte, es werde nach Recht und Gesetz verhandelt. Cöllen gab sich dennoch zuversichtlich: Die Ministerin habe sich die Beschwerden notiert und wolle ihnen nachgehen. (pbd)

Mit der gestrigen Post

Sehr geehrter Herr Vetter,

mit der gestrigen Post erhielt ich von der Deutschen Bank meine Auszüge, darauf die von Ihnen angekündigte Zahlung. Ich bin froh, dass diese leidige Angelegenheit beendet ist und danke Ihnen für Ihre Bemühungen.

Ein Dankesbrief. Bis vorhin hätte ich gedacht, die Gattung ist ausgestorben.

Schäuble erst mal abgebremst

Die Online-Durchsuchung kommt nicht – jedenfalls nicht schnell. Die SPD hat ein Koalitionsgespräch platzen lassen, in dem Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble seinen Wunsch nach schneller gesetzlicher Regelung durchsetzen wollte. Das berichtet die Welt. Eine Entscheidung soll jetzt nicht vor Herbst fallen.

Dazu zwei Leserkommentare zum Welt-Artikel:

– 17 Jahre hat Herr Schäuble den Überwachungsstaat DDR, 25 Stunden am Tag in allen schillernden Farben verteufelt. Jetzt kreiert er seinen eigenen, natürlich ist dies eine ganz andere Aktenlage. Weiter so, eines Tages werden sie den Erich klonen und zum Chef des Ganzen ernennen. Köstlich!

– einen größeren eingriff in die privatsphäre isst für mich nicht denkbar. noch nicht mal meine frau weiß, was ich auf der festplatte habe, sonst würde sie sich sofort scheiden lassen, hehe.
es geht auch gar nicht darum, ob wirklich jemand sich darauf zu schaffen macht, sondern alleine darum, dass der staat die legale möglichkeit hätte, mich auszuspionieren. und hier fühle ich mich mehr bedroht, als durch irgendwelche verrückten handtuchköpfe oder sonstige spinner.

Spermüll, voll vernetzt

In Düsseldorfs nördlichen Stadtteil Wittlaer lebt ein Herr namens, sagen wir: Meyer. In einem 2-Familien-Haus an der Stadtgrenze. Dort ist er seit 15 Jahren amtlich gemeldet. Und doch gibt es ihn da nicht.

Das erfuhr neulich Herr Meyer über sich, als er ein kaputtes Fernsehgerät für den Sperrmüll anmelden wollte. Die Dame am Telefon der AWISTA, der Gesellschaft für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung, berief sich auf ihre Datenbank. Kein Meyer darin, keine Sperrmüllabfuhr für ihn.

Herr Meyer nannte spontan die Namen der Damen und des Herrn, die auch im Hause leben. Es half nichts. Kein Meyer, keine Sperrmüllanmeldung. Oder doch noch…? „Sagen Sie mir mal Ihre Zählernummer“, wurde er gefragt.

Ein wundersamer Zusammenhang kam zutage: Die Stadtwerke, also die Stromversorger für das Haus, hängen mit der AWISTA zusammen. So aufgeklärt, konnte Herr Meyer begreiflich machen, dass er mit Frau Müller verheiratet ist. Einer der beiden Damen im Haus. Die auch Kundin der Stadtwerke ist.

Das begriff denn auch schließlich die Dame der AWISTA. Und ließ Gnade vor Recht ergehen. Sie hätte ja auch die Heiratsurkunde verlangen können. Oder eine notariell beglaubigte Kopie davon. Oder eine Eidesstattliche Erklärung. Und den Stadtwerke-Vertrag der Ehefrau noch dazu.

Die AWISTA mit ihrer dubiosen Datenbank ist auf dem Weg zur orwellschen Überwachung. Selbst für, wie gesagt, einen kaputten Fernseher. (pbd)

Sigmar Gabriel, unbedeutend

In seinem Prozess gegen Parteibuchblogger Marcel Bartels lässt Bundesumweltminister Sigmar Gabriel seine Anwälte vortragen, er sei keine absolute Person der Zeitgeschichte.

Wir halten – in Anlehnung an Wikipedia – demnach fest:

Sigmar Gabriel ragt aufgrund seiner Stellung, Taten oder Leistungen nicht außergewöhnlich heraus. Er steht deshalb nicht besonders im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Somit interessiert sich auch kein Schwein dafür, was er macht. Es interessiert sich auch keiner für irgendwelche sonstige Vorgänge, die Gabriels Teilnahme am öffentlichen Leben ausmachen.

Kurz gesagt, Gabriel ist ein kleines Licht. Ich frage mich nur, wieso Bartels‘ Anwälte die Wahrheit nicht einfach akzeptieren können.