Kann ich beschwören

Die Zeugin hat zuerst bei der Polizei ausgesagt. Umfassend. Und detailliert. Der Polizeibeamte hatte keinen Anhaltspunkt, dass sie die Unwahrheit sagt. Wenige Monate später widerrief sie ihre Aussage. In Wirklichkeit habe sie die Messerstecherei gar nicht gesehen, sondern nur das gesagt, was ihr Freund ihr erzählt habe.

Im Gerichtstermin blieb sie dabei, bei der Polizei gelogen zu haben. Ich habe sie trotzdem gefragt, ob es denn nicht möglich ist, dass sie bei der Polizei die Wahrheit sagte. Und nun das Gericht belügt. Ihre Antwort:

Nein, das ist alles so, wie ich es heute sage. Darauf kann ich auch gern einen Meineid schwören.

Kein Kalauer, heute so passiert.

Lose Radmuttern

Die OK-Affäre in Sachsen hat ein erstes personelles Opfer gefordert. Heute wurde der Chef des Verfassungsschutzes abgelöst. Gleichzeitig gibt es anscheinend massive Gegenreaktionen, berichtet Spiegel online:

Innenminister Buttolo bestätigte heute gegenüber der „Dresdner Morgenpost“, dass es im Zuge der Aufdeckung des Korruptionsskandals zu Einschüchterungsversuchen gekommen ist. So sei ein Reporter per Telefon aufgefordert worden, die Berichterstattung zu beenden, andernfalls werde man ihm Kinderschändung unterstellen. Zudem gebe es Fälle, in denen Radmuttern gelockert und ein Laptop aus einem Auto gestohlen worden sei, sagte der Minister der Chemnitzer „Freien Presse“.

Gleichzeitig stehen nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ einige Fahnder in der Korruptionsaffäre unter besonderem Polizeischutz, da offenbar eine konkrete Bedrohungslage vorliege.

Knapp

Dieser Vermieter mag es knapp:

… kündige ich hiermit die Wohnung wegen Eigenbedarfs zum 31. August 2007.

Wenn ein Vermieter ordentlich kündigt, muss er im Schreiben die Gründe nennen. Also sagen, ob die Wohnung für die kranke Großmutter benötigt wird. Oder die schwangere Tochter. Ohne Angabe der Gründe ist die Kündigung unwirksam.

So was hat sich mein Mandant schon fast selbst gedacht. Doch der Vermieter belehrte ihn, dass er schon immer so kündigt und noch nie Probleme damit hatte. Wobei sich – neben der eindeutigen Rechtslage – sofort die Frage stellt, wie viele kranke Großmütter und schwangere Töchter man gewöhnlich so in der Familie hat.

„Kriminell“

Aus einem Anwaltsschreiben:

Dass Sie dann diese Beträge vereinnahmten, ist „kriminell“.

Die merkwürdigen Anführungszeichen interpretiere ich als Rückversicherung nach hinten. Der Anwalt wird wissen oder es zumindest ahnen, wofür sein Auftraggeber das Geld aus der Hand gegeben hat. Und den eigenen Kunden schwarz auf weiß in die Pfanne hauen, empfiehlt sich ja nun wirklich nicht.

Ans Gericht geschrieben

Ich habe mal bei einer Prozessgegnerin angerufen und freundlich gefragt, wann sie 12.815,88 € überweisen will. Gar nicht, sagte sie. Sie habe schon vor Wochen gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt:

Ich habe ans Gericht geschrieben und denen genau erklärt, warum ich Ihrem Mandanten nichts schulde.

Ich lehne mich entspannt zurück. Auf meine Nachfrage erklärte sie, dass sie selbst ans Gericht geschrieben hat. Problem: Am Landgericht, welches das Urteil erlassen hat, herrscht Anwaltszwang. Ein Schreiben, das von einer Beklagten persönlich stammt, darf das Gericht nicht beachten. Der Brief hat keinerlei rechtliche Wirkung.

Das habe ich der Dame allerdings nicht erklärt.

Terminskarussell

Am 21. Juni beginnen in Nordrhein-Westfalen die Sommerferien. Wie jedes Jahr hauen die Richter noch jede Menge kurzfristige Ladungen raus, um Prozesse vor den Ferien bzw. in der ersten Ferienhälfte zu erledigen.

Was meinen Terminkalender angeht, hat diese Ladungsflut allerdings nur ein Ergebnis: eilig gefaxte Verlegungsanträge. Denen natürlich stattzugeben ist. So dreht sich das Terminskarussell derzeit zwar etwas schneller, aber weiter fröhlich im Kreis.

Der Irrsinn – Instrument der Prävention

Heribert Prantl analysiert in der Süddeutschen Zeitung das neue Gesicht des Staates:

Was bei den Legehennen als nicht artgerecht gilt, gilt nun offenbar bei den Menschen als gerecht. Für Legehennen ist die Käfighaltung mit Ablauf 2008 verboten; für Menschen wurde sie soeben eingeführt. In Heiligendamm sind die festgenommenen Demonstranten in Gitterkäfige gesperrt und dort verwahrt worden, jeweils 20 Menschen auf 25 Quadratmeter, Tag und Nacht beleuchtet und bei all ihren Regungen gefilmt.

Diese Käfighaltung manifestiert: Das Recht der inneren Sicherheit in Deutschland ist gekennzeichnet vom Verlust der Maßstäbe und von der Veralltäglichung der Maßlosigkeit. Bezeichnend dafür ist auch der ungeheuerliche Verdacht, dass staatliche Gewaltaufwiegler, Zivilpolizisten in schwarzer Maskerade, sich unter die Demonstranten von Heiligendamm gemischt, sie zu Straftaten angestiftet und zu diesem Zweck Steine auf die Polizei geworfen haben sollen.

Es handelt sich bei solchen Cochonnerien leider nicht einfach um Entgleisungen. Hier verdichtet sich der Ungeist, der die Politik der inneren Sicherheit beherrscht. So sieht es aus, wenn der Zweck die Mittel heiligt: Dann wird die Absurdität ein Merkmal der Repression, und der Irrwitz ein Instrument der Prävention; dann wird der Rechtsstaat partiell ausgeschaltet, um ihn auf diese Weise angeblich zu schützen.

Doch das sei längst nicht alles. Aktiv unterlaufenes Demonstrationsrecht, Online-Durchsuchung, zentrale Speicherung von Fingerabdrücken, Totalprotokollierung der Telekommunikation, Globalverdacht gegen Ausländer. Der Autor nennt zahlreiche Belege dafür, dass das Ganze ins Wanken gerät.

In Richtung des artgerechten Staates. Welch gruseliges Bild.

Bibi und Benjamin verderben die Jugend

Wenn alle nein zum Krieg sagen würden, dann gäb’s keine Kriege. Benjamin Blümchen

Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg sind zwar beliebt. Aber aus politikwissenschaftlicher Sicht nicht wertvoll, meint ein Gerd Strohmeier. Auf den Seiten der Bundeszentrale für politische Bildung stellt er eine umfassende Betrachtung an. Seine Abneigung gegen Bibi und Benjamin fasst er unter anderem wie folgt zusammen:

– Politiker sind in den Hörspielen grundsätzlich lächerliche und inkompetente Figuren, die faul, reich, geld- und machtgierig, verschlagen, am eigenen Wohl orientiert sowie unfreundlich, unmenschlich und unbeliebt sind;

– … das überwiegend negative und militärische Image der Polizei bzw. die Darstellung, dass die Polizisten grundsätzlich lächerliche und inkompetente Handlanger der Politik sind, die unreflektiert eine unsinnige Pflicht tun;

– … das kontinuierlich negative Image der Wirtschaft sowie des Wirtschaftens bzw. die Darstellung, dass Wirtschaftsvertreter grundsätzlich andere betrügen bzw. ausnutzen und sich unsozial verhalten.

Ich habe schon lange nicht mehr so gelacht.

(Link gefunden beim Psychopirat)

Enterben ist nicht einfach

Enterben ist gar nicht so einfach: Obwohl ein heute 43-jähriger Mann das Vermögen seines schwer herzkranken Vaters um wenigstens 24 000 Euro veruntreut hat und deswegen ausdrücklich enterbt wurde, steht dem Sohn der Pflichtteil aus dem Erbe zu. Mit dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht Hamm den wesentlichen Teil des väterlichen Testaments nachträglich geändert (AZ: 10 U 111/06).

Der 10. Senat hat die Untreue weder als Verbrechen noch als „schweres vorsätzlichen Vergehen“ gewertet. Verfehlungen gegen das Eigentum oder das Vermögen des Erblassers berechtigen demnach nur dann zur Entziehung des Pflichtteils, wenn sich „nach ihrer Natur und ihrer Begehungsweise“ eine grobe Missachtung des Eltern-Kind-Verhältnisses ergibt. Und deswegen eine schwere Kränkung des Erblassers bedeuten.

Der Sohn hatte geltend gemacht, er sei vorübergehend in einer finanziellen Krise gewesen und habe dem Vater die 24 000 Euro zurückzahlen wollen. Jetzt steht ihm der Pflichtteil von knapp 14 000 Euro zu. (pbd)

Media-Markt wechselt Anwalt

Die Media-Saturn-Holding will ihrem bisherigen Anwalt Joachim Steinhöfel keine neuen Aufträge mehr erteilen, berichtet die FAZ. Gleichzeitig kündigte der neue Media-Saturn-Chef Roland Weise laut dem Bericht an, das bisher für rustikale Werbung und harte Abmahnungen bekannte Unternehmen wolle für ein besseres Image arbeiten. Und auch mit der Konkurrenz ein freundlicheres Verhältnis pflegen. Was der unmittelbare Grund für die Trennung von Steinhöfel war, wollte Media-Markt nicht sagen.

(Link gefunden bei Basic Thinking)

Nachtrag: Hintergründe in der WELT