Geld gegen Freiheit

Mein Mandant hatte einen Strafbefehl bekommen. 18 Tagessätze zu je 10 Euro. Die 180 Euro Geldstrafe hat er längst bezahlt.

Später kam noch eine Verurteilung zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis auf Bewährung.

Jetzt hat die umsichtige Staatsanwaltschaft festgestellt, dass hier an sich eine Gesamtstrafe gebildet werden müsste. Zu der Umsicht gesellt sich aber das nötige Augenmaß. Denn beim Gericht hat die Staatsanwaltschaft beantragt, die Strafen „ausnahmsweise“ nicht zusammen zu ziehen.

Wir werden uns dagegen nicht wehren. Das Geld kriegt der Mandant ja doch höchstens im Tausch gegen einen weiteren Monat Freiheitsstrafe zurück. Das ist es dann auch nicht wert.

Kreuzchen

Mal wieder so ein Fall, in dem vieles dafür spricht, dass Verjährung eingetreten ist. Bevor ich aber auch nur ein Wort zur Sache schreibe, habe ich mir lieber von der Behörde die Akte kommen lassen. Um sie zu kopieren. Von vorne bis hinten.

Den hier in Rede stehenden Verfahrensfehler könnte man nämlich „heilen“. Dafür reichen ein paar Kreuzchen auf dem betreffenden Formular.

Derzeit sind keine drauf.

Standard-Dialoge

Können wir in der Sache nicht noch ein bisschen zusätzlichen Druck machen? Sie verstehen schon.

Klar, Sie können zum Vorsitzenden Richter gehen und ihm fünftausend Euro auf den Schreibtisch legen. Oder zehntausend.

Echt?

Wäre nur nett, wenn Sie mir vorher noch zwei Strafprozessvollmachten unterschreiben.

Neuss: MP-Feuer im Einkaufspark

Schrecken am helllichten Tag: Mehrere Asiaten haben gestern Mittag im Neusser Einkaufspark „Rheincenter“ offenbar mit automatischen Waffen aufeinander geschossen. Nachdem die Polizei durch Notrufe alarmiert worden war, fand sie Einschüsse an 5 geparkten Lieferfahrzeugen und „eine Vielzahl“ von Patronenhülsen.

Während der Großfahndung, an der auch ein Hubschrauber beteiligt war, wurden vier chinesische Staatsangehörige im Alter von 23 bis 30 Jahren festgenommen. Sie und 2 weitere Chinesen sind in Deutschland ohne einen festen Wohnsitz. Bislang steht nicht fest, ob die Gruppe mit der Schießerei zu tun hatte.

Weil ein versuchtes Tötungsdelikt, so Polizeisprecher Hans-Willi Arnold, „nicht ausgeschlossen werden kann“, hat die benachbarte Kriminalpolizei in Düsseldorf sowohl die Spurensicherung wie auch erste Ermittlungen übernommen. Das Rheincenter samt Umgebung war bis zum späten Nachmittag für den Straßenverkehr komplett gesperrt. Deshalb kam es zu erheblichen Staus. (pbd)

„Verteidiger“

Aus einem Prozessbericht:

Wegen Mordes an einer Krankenschwester muss ein bereits vorbestrafter Mörder bis an sein Lebensende hinter Gittern bleiben. Das Landgericht Passau verurteilte den 42-Jährigen heute wegen Mordes zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung. Außerdem stellte das Gericht eine besondere Schwere der Schuld fest.

Es folgte damit den Plädoyers der Staatsanwaltschaft, der Nebenklage und des Pflichtverteidigers.

Das ist ungefähr so, wie wenn dich dein Arzt absichtlich mit einer Krankheit infiziert. Kaum vorstellbar, dass es nicht zumindest sachliche Gründe gab, um es wenigstens beim Antrag auf ein „mildes Urteil“ zu belassen.

Der Wahlverteidiger hat es nach dem Bericht ja auch hingekriegt, um eine weniger harte Entscheidung zu bitten. Einige Argumente scheint er immerhin gefunden zu haben.

(Quelle des Links)

Perversion sondergleichen

Manche Rechtsanwälte sind um starke Formulierungen nicht verlegen:

Die Beschuldigung meines Mandante stellt nach der mir vorliegenden Sachverhaltsschilderung eine Perversion sondergleichen dar. Daher erstatte ich hiermit Strafanzeige gegen den angeblich Geschädigten.

Dabei steht es anhand der Aussagen (unbeteiligter) Zeugen 4 : 0. Gegen den Beschuldigten.

Drogenfrei

„Ich bin seit 16 Monaten drogenfrei.“ Und das nach 16 Monaten Untersuchungshaft. Hochachtung, sage ich dazu. Ausgerechnet im Knast von dem Stoff runterzukommen, ist wirklich eine Leistung.

Bayerns Polizei hat alles im Griff

Die bayerische Polizei scheint Kriminalität und Terrorgerfahr bestens im Griff zu haben. Anders ist es wohl kaum zu erklären, dass jetzt sogar Flugreisende am Airport darauf kontrolliert werden, ob sie ihre schulpflichtigen Kinder außerhalb der Ferien ins Ausland schmuggeln. Oder nach Ferienende mit ihren Kindern zurückkehren, ohne ärztliches Attest oder schriftliche Genehmigung der Schule.

n-tv berichtet.

(Danke an Tobias B. für den Link)

In Ruhe rechnen

Am Sozialgericht haben wir ein altes Schätzchen verhandelt. Die Stadt forderte angeblich zu Unrecht gezahlte Sozialhilfe zurück – aus den Jahren 1996 bis Mitte 1998. Schon die Widerspruchsbehörde reduzierte den angeblichen Rückstand auf ein Fünftel (!) der ursprünglichen Forderung. Übrig blieben noch stolze 3.379,50 €.

Oder das, was die Stadt dafür hielt. Die gesamte Berechnung, die sich engspaltig über eine DIN-A-Seite erstreckt, erfolgte nämlich anhand der damaligen Zahlungen. Die erfolgten aber in Deutscher Mark. Vielleicht hätte es Sinn gemacht, das hinter die Zahlen zu schreiben. So wäre möglicherweise der Saldo nicht einfach in Euro ausgewiesen und mit größtem Nachdruck geltend gemacht worden.

So schnell habe ich 50 % eines Prozesses noch nie „gewonnen“, unter anderem mit entsprechender Kostenfolge bei den Anwaltsgebühren. Es kamen wegen anderer Punkte 25 % hinzu. Der Vertreter der Stadt hat sich den Widerruf des ausgehandelten Vergleichs vorbehalten. Er will alles noch mal in Ruhe durchrechnen.

Versandkosten: Keine Pauschale bei Widerruf

Versandhandel-Kunden, die sich bei ihrer Bestellung an einer Versandkostenkostenpauschale beteiligen, müssen diese nicht zahlen, wenn sie sich auf ihr Widerrufsrecht berufen und die Ware zurücksenden. Dieses Urteil hat jetzt die NRW-Verbraucherzentrale mit einer Musterklage vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe (AZ 15 U 226/06) erstritten.

Der Händler hatte bislang – wie andere auch – eine Beteiligungspauschale zwischen 4,95 und 5,96 Euro verlangt und die auch aufrecht erhalten, wenn Kunden die Ware (etwa, weil sie ihnen nicht gefiel) zurückschickten. Diese Praxis, so gestern Verbraucherzentralenvorstand Klaus Müller, war für Käufer ein Hemmschuh, ihr Widerrufsrecht wahrzuneh­men.

Vor allem bei Bestellungen mit geringem Warenwert sei ein Widerruf aufgrund der hohen Kosten für Hin- und Rücksendung nicht wirtschaftlich gewesen. Das Urteil gilt aber nur bei komplettem Widerruf. Wird von mehreren gleichzeitig bestellten Waren nur ein Teil zurückgeschickt, müssen die Hinsendekosten bezahlt werden, sofern die im Bestellformular separat aufgeführt sind. (pbd)

Taktische Variante

Die mühsamsten Gespräche mit Angehörigen sind die, in denen ich die Taktik des Füße-Stillhaltens erläutere. Haftprüfungsanträge, Haftbeschwerden, weitere Beschwerden, Haftverschonungsanträge, dann das gleiche Spiel noch mal – das kann man gut vermitteln. Dann tut der Anwalt was für sein Geld.

Aber warum es manchmal vernünftig sein kann, den Hauptverhandlungstermin abzuwarten und dann mit der erneut abgesessenen Untersuchungshaft auf eine erneute Bewährung zu setzen, da kann ich mir den Mund fusselig reden. Die Mienen bleiben skeptisch.

Zumindest hat es mein Mandant begriffen. Und nur darauf kommt es letztlich an.