Bewährung für Staatsanwalt

Wegen Rechtsbeugung und Strafvereitelung ist ein Mannheimer Staatsanwalt zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen den Strafverfolger jetzt bestätigt.

Der Staatsanwalt unterließ es in einem Ermittlungsverfahren weisungswidrig, Ermittlungen zu führen – namentlich das Opfer und den Beschuldigten vernehmen zu lassen – und Anklage zu erheben. Dabei ging es um schweren sexuellen Missbrauch von Kindern.

Der Beamte versuchte überdies, seine Untätigkeit zu verschleiern. Unter anderem brachte er eine Geschäftsstellenmitarbeiterin durch Täuschung dazu, das Verfahren aus dem Register auszutragen, und es in einem Rückstandsbericht an die vorgesetzte Behörde zu verschweigen.

Der Staatsanwalt litt an dem sog. Tourette-Syndrom, aus dem sich Ende 2003 eine mittelgradige bis schwere depressive Erkrankung entwickelt hatte; hinzu trat zunehmender Alkoholkonsum. Dies führte zu mangelhaften Arbeitsleistungen des Angeklagten.

Anlass für die Nichtbearbeitung des Ermittlungsverfahrens war zudem: Der Angeklagte war verärgert, weil die Staatsanwaltschaft Dessau zweimal die Übernahme des Verfahrens abgelehnt hatte. Auch hatte er dem Verteidiger des Beschuldigten die vorläufige Einstellung des Verfahrens nach § 154 StPO zugesagt, weil der Verdächtige bereits eine andere hohe Freiheitsstrafe erhalten hatte. Der Vorgesetzte des Staatsanwalts hatte die Einstellung aber abgelehnt.

Der Angeklagte zeigte sein Fehlverhalten im Februar 2005 selbst an. Das Ermittlungsverfahren wurde daraufhin forciert. Im März 2006 verhängte das Landgericht Mannheim in dieser Sache eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten und ordnete die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an.

Die gegen das Urteil gerichteten Revisionen des Staatsanwalts und der Staatsanwaltschaft blieben erfolglos. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Auffassung des Landgerichts bestätigt: Zu Recht habe es das Verhalten des Angeklagten als Tun und nicht als Unterlassen gewertet; denn der Angeklagte habe es nicht nur unterlassen, das Ermittlungsverfahren weiter zu betreiben, sondern der Weiterbetreibung aktiv entgegengearbeitet.

Das Landgericht habe auch zutreffend nur verminderte Schuldfähigkeit angenommen. Der Staatsanwalt hatte auf Schulunfähigkeit plädiert; in diesem Fall hätte er freigesprochen werden müssen.