Piratensender

Von den bisherigen Urlaubsvertretungen hier kenne ich die Goldene Regel für den Lawblog: Keine Experimente! Die Leserinnen und Leser des Lawblog wollen Law und Udo Vetter. Wenn Udo Vetter im Urlaub ist (heute abgeflogen), dann zumindest Law.

Deshalb bin ich sehr froh, dass folgendes Thema auch eine rechtliche Seite hat. Es geht um meine Erfahrung mit einem FM-Transmitter. Dabei handelt es sich um eine Art Piratensender für Privatpersonen. Praktisch für all jene, die Berge von Musik im Laptop oder MP3-Player haben – aber nicht wissen, wie man das im Auto oder über die Hifi-Anlage im Wohnzimmer hören kann. Nur die neueren Anlagen haben einen (USB-)Eingang, mit dem man zum Beispiel seinen MP3-Player ans Autoradio anstöpseln kann.

Ein FM-Transmitter, etwa so groß wie ein Feuerzeug, schließt diese Lücke. Er wird an den MP3-Player-Kopfhörerausgang angeschlossen und sendet dann die Musik an die Autoradio-Antenne, so wie das WDR oder Antenne Düsseldorf auch tun. Tolle Idee, wie ich finde. In den USA gibt es diese Geräte schon länger, seit einigen Monaten werden sie auch immer häufiger auf dem deutschen Markt angeboten. Früher waren sie nämlich verboten (jetzt wird es lawisch).

Für 17,95 Euro habe ich kürzlich einen FM-Transmitter gekauft. Mein erster Eindruck: enttäuschend. Ich stellte beim Sender und beim Radio die gleiche Frequenz ein und hörte überwiegend Rauschen. So als hätte ich Radio Honolulu eingestellt. Und dafür 17,95 Euro? Der kritische Verbraucher beschwert sich in solchen Momenten bei der Verbraucherzentrale oder liest die Bedienungsanleitung. Ich habe die Bedienungsanleitung gelesen, was sehr hilfreich war.

Demnach sind die FM-Transmitter hier erst seit 8.2.2006 durch eine Verfügung der Bundesnetzagentur erlaubt worden. Allerdings wurde die maximale Sendeleistung begrenzt auf „50 nW (ERP)“ Was auch immer das sein mag. Das diene dem „angemessenen Schutz vor funktechnischen Störungen anderer Geräte“. Der Schutz anderer Geräte ist so gut, dass das eigene Gerät sinnlos ist.

Aber Stopp: Es gibt auch einen „Power-Modus“, wie die Bedienungsanleitung schreibt. Um ihn zu nutzen, muss man beim Batterie-Einlegen eine bestimmte Taste drücken. Und man muss wissen, dass das in allen EU-Ländern verboten ist (wegen EU-Richtlinie 1999/5/EG RTTE). Ich bin also extra in die Schweiz rüber, um das mal auszuprobieren. Dort funktionierte es super: Selbst aus zwei Metern Entfernung schickte der FM-Transmitter die Musik störungsfrei ans Radio – fast so, als ob ein Sender meine Wunschmusik spielt.

Außerhalb der EU werde ich das Ding jetzt immer bei mir haben.

PS: Es kommt übrigens sehr gut an, wenn die Liebste an ihrem Geburtstag aus dem Küchenradio plötzlich eine Sondersendung hört. Aber nicht vergessen, dass auch bei selbst produzierten Sendungen für das empfangsbereite Radio natürlich GEZ-Pflicht besteht.

Zwischenablesung zahlt der Vermieter

Wenn der Mieter auszieht, muss er nicht die Kosten für eine Zwischenablesung (Heizung, Strom, Wasser) tragen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Nach Auffassung der Richter handelt es sich nicht um umlagefähige Betriebskosten, sondern um – nicht umlagefähige – Kosten der Verwaltung. Nach dem Gesetz sind unter Betriebskosten nur solche Kosten zu verstehen, die dem Vermieter durch das Eigentum an dem Grundstück oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes laufend entstehen (§ 556 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die „Nutzerwechselgebühr“ fällt in einem Mietverhältnis aber nicht in wiederkehrenden, periodischen Zeiträumen an, sondern lediglich einmal, nämlich im Zusammenhang mit dem Auszug des Mieters.

Allerdings besteht die Möglichkeit, etwas anderes im Mietvertrag zu vereinbaren. Sind die Kosten dort auf den Mieter abgewälzt, muss er sie auch tragen.

Pressemitteilung des BGH

Nebelkerzen?

Matthias Böse* hat den Präsidenten des Bundeskriminalamtes interviewt.

Jörg Ziercke stand zu vielen aktuellen Fragen Rede und Antwort. Interessant sind insbesondere Zierckes Angaben zur Vorratsdatenspeicherung (ab 16:37 Min.). Ob Clemens Rasch, Anwalt der Musikindustrie, hiervon angetan ist? Der Jurist hatte sich öffentlich darauf gefreut, auf die Datenberge zugreifen zu können. Oder wirft der BKA-Präsident Nebelkerzen?

Zum Interview.

*Matthias Böse studiert Rechtswissenschaft. Er führte das Interview für das OSRadio am Rande eines Vortrags, den Jörg Ziercke an der Universität Osnabrück hielt.

Nicht jeden Tag

Die Rechnung lautete auf acht Euro. Ich bezahlte zehn Euro. Die Kellnerin lächelte und sagte:

Danke. Zwanzig Prozent Trinkgeld kriege ich auch nicht jeden Tag.

Auf dem Bahnsteig

Schwarzer Mantel, schwarze Kleidung, ein Holster (fürs Handy). Das reichte angeblich einer Angestellteni im Berliner Bahnhof Zoo, um die Polizei auf einen Fahrgast hinzuweisen. Sie will in dem Holster eine halbautomatische Waffe gesehen haben. Auf dem Cottbuser Bahnhof schlug die Polizei von hinten zu, rang den „Verdächtigen“ zu Boden und legte ihm Handschellen an, berichtet der Berliner Kurier.

Wie sich herausstellte, handelt es sich bei dem Mann um den bekannten Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke. Die Polizei zieht ihn bundesweit gerne bei komplizierten Kriminalfällen zu Rate. Die Cottbuser Beamten kannten ihn aber anscheinend nicht. Überdies beteuert Benecke, dass er an dem Tag überhaupt nicht in Berlin war.

Ein Einzelfall?

Einer meiner Mandanten, ein gebürtiger Marokkaner, hat vor kurzem auch mit dem Gesicht nach unten in Köln auf dem Bahnsteig gelegen. Er war der Schaffnerin im Intercity verdächtig vorgekommen. Wahrscheinlich, weil er sich modisch kleidet, keinen Bart hat, mit iPod und Notebook reist.

„Überspringen“ lässt auf sich warten

Bei der Installation von Norton AntiVirus 2008 kommt die Aufforderung, einen Norton Account zu installieren. Das habe unter anderem den Vorteil, dass der Aktivierungscode gespeichert wird und bei einer Neuinstallation nicht eingegeben werden muss. Gleichzeitig erscheint das übliche Registrierungsformular.

Keine Lust auf einen Norton Account? Womöglich kein Problem, einfach mal unten rechts „Weiter“ drücken. Das Feld wird zurückgesetzt, erneut die Aufforderung, einen Account anzulegen. Spätestens jetzt gibt wahrscheinlich ein Großteil der Nutzer auf – und persönliche Daten preis.

Dabei muss man nur noch ein- oder zweimal auf „Weiter“ klicken. Dann poppt nämlich – endlich – auch das Feld „Überspringen“ auf. Ist dem Hersteller eigentlich klar, dass er mit solchen Mätzchen sein seriöses Image aufs Spiel setzt? Jedenfalls bei Stammkunden, die so was bisher nicht gewohnt waren.

Ich jedenfalls werfe nächstes Jahr auch mal einen Blick auf die Konkurrenz.

Juristisches Outsourcing

Der Hamburger Rechtsanwalt Clemens Rasch rühmt sich laut heise online damit, dass die Polizei seiner Firma proMedia beschlagnahmte Computer zur Auswertung schickt. proMedia arbeitet im Auftrag der Musik- und Filmindustrie. Die Gesellschaft ist führend bei der Verfolgung von Tauschbörsennutzern.

„Opfer“, Jäger und Sachverständige sind schon mal identisch. Fehlt nur noch, dass proMedia auch die Anklageschriften oder Strafbefehle entwirft.

Anwaltsregister

Ein elektronisches Rechtsanwaltsregister ist seit gestern zu erreichen. Das bundeseinheitliche Register ersetzt die zahlreichen bislang von den Gerichten geführten Anwaltslisten. Es wird von der Bundesrechtsanwaltskammer geführt.

Dieses Register ist nicht dazu bestimmt, dem Rechtsuchenden geeignete Rechtsanwältinnen und Rechtanwälte zu vermitteln. Vielmehr soll das Register Auskunft darüber geben, ob eine Person als Rechtsanwalt zugelassen ist, wo ein Rechtsanwalt seinen Kanzleisitz hat und welche Rechtsanwaltskammer für ihn zuständig ist.

Das bundeseinheitliche Rechtsanwaltsregister bietet Verbrauchern, Gerichten und Behörden eine einfache und unentgeltliche Suchfunktion an.

Diplomatisch

Post vom Amtsgericht:

Eine Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos, da sich aus dem bisherigen Vorbringen ergibt, dass die Parteien gefestigte, unterschiedliche Positionen zur Sach- und Rechtslage haben.

Das ist sehr diplomatisch ausgedrückt.

Ein Monat

Mein Mandant ist schuldunfähig. Statt ihn wegen Straftaten zu verurteilen, hat ihn das Gericht in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Nach einem Jahr wird überprüft, ob die Einweisung zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Dies hat das zuständige Amtsgericht getan. Die Bewährung wurde abgelehnt.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts habe ich sofortige Beschwerde eingelegt und Akteneinsicht beantragt. Diese Akteneinsicht hätte ich an sich schon gerne vor der Anhörung gehabt, die dem Beschluss des Amtsgericht voranging. Aber das Gericht beraumte den Termin so kurzfristig an, dass ich die Unterlagen vorher nicht mehr einsehen konnte.

Meine sofortige Beschwerde und das erneute Akteneinsichtsgesuch ging am 10. Oktober 2007 beim Gericht ein. Heute, mehr als einen Monat später, erhalte ich die Akte, auf die ich zur Beschwerdebegründung angewiesen bin. Schon eine beachtliche Leistung. An sich sollen Freiheitsentziehungssachen beschleunigt bearbeitet werden. Immerhin sitzt da ein Mensch hinter Gittern – zu Unrecht möglicherweise.

Saatgut und Dünger

Stützt sich das Bundeskriminalamt bei Ermittlungen gegen angebliche Mitglieder der „militanten gruppe“ auch auf „Erkenntnisse“ aus Stasi-Akten? Akten, die bei der Überwachung damaliger Regimegegner entstanden sind? Telepolis berichtet das und nennt Beispiele. Das Bundeskriminalamt soll die Akten extra bei der Stasi-Behörde angefordert haben.

Man kann nur beten, dass es eine Ente ist.

Falls nicht, finde ich zumindest als Strafverteidiger etwas Positives. Wer so schändlich ermittelt, hat es nicht anders verdient, als dass ausgerechnet damit der Zug in Richtung gesetzlich festgeschriebener Beweisverwertungsverbote Fahrt aufnimmt.

„Beweismittel“ mit dem Stasi-Gütesiegel sind jedenfalls bestens geeignet, Saatgut und Dünger für eine in Deutschland bisher verkümmerte Spezies herzugeben. Die Frucht des verbotenen Baums.