Nullsummenspiel

Nachdem sein Mandant gekündigt hat, schickte der Strafverteidiger eine Rechnung über rund 1.000,00 €. Dafür war der Anwalt im Vorverfahren tätig, hat die Akte kopiert, die Aktenversendungskosten vorgelegt, die Akte gelesen und mit seinem Mandanten korrespondiert. Die Sache ging ins Gerichtsverfahren über, wenn auch noch keine Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht stattgefunden hat.

Die Rechnung ist hoch. Jedenfalls lässt sich der Betrag nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gerade mal erreichen, wenn man die Höchstgebühren ansetzt. Andererseits hat der Kunde des Verteidigers auch schon 1.000,00 € Vorschuss gezahlt – welch Zufall. Er müsste also seinen bisherigen Verteidiger verklagen, wenn er Geld sehen will. Ich kenne den Anwalt, freiwillig zahlt der keinen Cent zurück.

Ich habe dem Betreffenden geraten, die Kosten abzuschreiben. Letztlich läuft es in solchen Fällen darauf hinaus, dass man sich nach langem Streit in der Mitte trifft. Das heißt, von den diskussionswürdigen 250 bis 300 Euro kriegt der unzufriedene Anwaltskunde vielleicht etwas mehr als einen Hunderter zurück. Wenn man dann den Aufwand und die (anteiligen) Kosten des Zivilverfahrens berücksichtigt, für die der Anwaltskunde auch noch in Vorlage treten muss, ist schon jetzt abzusehen, dass es am Ende auf ein Nullsummenspiel hinausläuft.

So wie ich den Betroffenen verstanden habe, wird er auf meinen Rat hören. Wenn nicht, müsste er sich sowieso einen anderen Kollegen suchen. Für mich wäre dieser Rechtsstreit nämlich kein Nullsummenspiel, sondern ein dickes Verlustgeschäft. Auf ein Stundenhonorar könnte ich nach Lage der Dinge ja wohl kaum hoffen…