Treu und Glauben in der Gerichtspraxis

In Frankfurt und Koblenz zählt Treu und Glauben noch was. So darf man wohl zwei Urteile interpretieren, bei denen es entscheidend um unzulässige Rechtsausübung nach Paragraph 242 BGB ging.

Kfz-Versicherer verrechnet sich: Nach einem Unfall überwies ein Versicherer seinem Vollkasko-Kunden zu viel Geld, rund 7.000 Euro. Versehentlich hatte der Versicherer den Wagen als Totalschaden abgerechnet, dabei wäre eine Reparatur für weniger Geld möglich gewesen. Knapp drei Monate später fiel dem Versicherer der Fehler auf – da war der Wagen bereits verschrottet.

Ein klarer Fall von ungerechtfertigter Bereicherung?
Vielleicht, meint das Oberlandesgericht Frankfurt/ Main (Az: 3 U 270/07), aber dem stünde der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Ein solches Verhalten, erst Abrechnung, dann Rückforderung, sei missbräuchlich.

Porsche für 5,50 Euro ersteigert: Bei Ebay wollte ein Mann seinen knapp 1,5 Jahre alten Porsche Carrera versteigern. Das Mindestgebot lag bei einem Euro. Nach wenigen Minuten beendete der Porsche-Eigentümer die Auktion vorzeitig, weil er im Angebot einen Fehler gefunden hatte, den er korrigieren wollte. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt bereits ein Gebot, und zwar über 5,50 Euro. Der Bieter freute sich über das Auktionsende und forderte den Wagen. Den kriegte er nicht, also forderte er 75.000 Euro Schadenersatz.

Das Landgericht Koblenz (Az: 10 O 250/08) kam zwar zu dem Ergebnis, dass ein Kaufvertrag geschlossen wurde und dem Kläger grundsätzlich wegen Nichterfüllung Schadenersatz zustehe. Aber: Der Durchsetzbarkeit des Schadensersatzanspruchs stehe der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Nach einer Abwägung sei das Interesse des Klägers auf Schadensersatz in diesen Fall nicht schutzwürdig. Der Kläger habe nicht davon ausgehen können, für das von ihm abgegebene Gebot von 5,50 Euro den Porsche erwerben zu können.