Jetzt geht es um Millimeter

Im Fall der supergenauen Polizisten versuche ich es mal mit einer Eingabe ans Amtsgericht:

In dem Bußgeldverfahren
gegen L.
… OWi

rege ich an, das Bußgeldverfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen.

Es ist bereits fraglich, ob die von der Polizei angestellten Messungen hinreichend genau sind. Bei der Öse wäre nach Angaben der Polizei ein Maß von 41,5 mm zulässig gewesen. Die Lehre soll aber 41,6 mm angezeigt haben. Wir reden hier also über einen zehntel Millimeter!

Ob eine derart genaue Messung am Rande einer Autobahn an einem Wintertag nach Einbruch der Dunkelheit möglich ist, wäre gegebenenfalls durch ein Sachverständigengutachten zu klären. Jedenfalls ist aber eine Unterschreitung der Toleranz um einen zehntel Millimeter nicht geeignet, die Verkehrssicherheit des Fahrzeuges wesentlich zu beeinträchtigen.

Gleiches gilt für den Bolzen. Dieser soll 1 mm (!) weiter abgenutzt gewesen sein, als es zulässig ist. Es ist bereits nicht einmal klar, woraus sich ergibt, dass der Bolzen ein Mindestmaß von 36,5 mm aufweisen muss. Jedenfalls gilt auch hier, dass eine Messung von 1 mm an einem kalten Winterabend am Rande der Autobahn wohl nicht hinreichend genau sein dürfte.

Ein Sachverständigengutachten wurde von der Polizei nicht in Auftrag gegeben, so dass die Beweise nicht hinreichend gesichert wurden. Das kann nicht zu Lasten des Betroffenen gehen.

Überdies ist es so, dass die Fahrzeuge in der Tat im „Vollservice“ gewartet werden. Selbst wenn die Toleranzgrenzen derart geringfügig unterschritten gewesen sein sollten, was mein Mandant bestreitet, hätte ihm dies bei der vorgeschriebenen Sichtprüfung vor Fahrtantritt gar nicht auffallen können.

Jedenfalls ist offenkundig, dass hier kein gravierender Verkehrsverstoß vorliegt. Somit erscheint es gerechtfertigt, von einer weiteren Verfolgung nach § 47 Abs. 2 OWiG abzusehen.

Sollte das nichts helfen, kommen vier Wochen vor der Verhandlung ein paar Beweisanträge. Zum Glück ist der Mandant rechtsschutzversichert.