Katja Günther hat ein Konto weniger

Das Landgericht München 1 hat gestern die Klage der Rechtsanwältin Katja Günther auf Fortführung der Kontoverbindung bei der Stadtsparkasse München abgelehnt und auch die einstweilige Verfügung aufgehoben, das Konto bis zum rechtskräftigen Urteil weiter zu führen (Aktenzeichen 28 O 398/09).

„Wir begrüßen es sehr, dass sich das Gericht für unsere Auffassung entschieden hat und wir endlich diese belastende Kontobeziehung auflösen dürfen, die dazu missbraucht wurde, ahnungslose Internetnutzer zu prellen und ihnen erhebliche Geldbeträge abzunötigen“, so Harald Strötgen, Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse München. Leider hätten sich viele Betroffene einschüchtern lassen und die Mahnungen der Rechtsanwältin Günther beglichen, um sich weiteren Ärger zu ersparen.

Verschiedene Medien berichteten bereits vom Geschäftsgebaren der Rechtsanwältin, die bei der Stadtsparkasse München ein so genanntes Anderkonto, also ein Konto für Ansprüche Dritter, geführt hat. Günther trieb mit Mahnungen Geldbeträge für verschiedene Anbieter von angeblich im Internet zustande gekommenen Verträgen für „Nutzlos-Inhalte“ im Web ein.

Für die Stadtsparkasse München war das Geschäftsgebaren der Rechtsanwältin bei der Kontoeröffnung in keiner Weise ersichtlich gewesen. Nach Hinweisen von Betroffenen und Geprellten hat die Stadtsparkasse die Konten sofort gekündigt, um den Missbrauch der Konten zur Schädigung weiterer Internetnutzer zu verhindern. Gegen die Kontokündigung erwirkte die Anwältin zwei gerichtliche Verfügungen, durch die die Stadtsparkasse München gezwungen wurde, die Konten mehrere Monate aufrecht zu erhalten.

Diese Verfügungen wurden nunmehr aufgehoben und die Klage der Anwältin abgewiesen.

IT-Eltern gegen Symbolpolitik

Wer in der IT-Branche arbeitet, Mutter oder Vater ist und in die Diskussion um Internetsperren eingreifen will, kann bis heute nachmittag hier eine Erklärung zeichnen. Die Erklärung wendet sich gegen Internetsperren. Sie fordert eine sachliche Debatte und wirksame Maßnahmen statt Symbolpolitik.

Rotarmist und NS-Verbrecher

„Einer der letzten noch lebenden NS-Verbrecher“. So die Standardwendung in den Zeitungen über John Demjanjuk, der heute von den USA an Deutschland ausgeliefert wurde. Es gibt viele Ungereimtheiten in seinem Lebenslauf. Ob er „Iwan der Schreckliche“ war, konnte etwa nie geklärt werden. Am Ende waren die Zweifel so groß, dass Israel ihn trotz eines Todesurteils wieder nach Amerika schickte.

Was allerdings über John Demjanjuk festeht, ist folgendes: Er war gebürtiger Ukrainer und kämpfte in der Roten Armee. Als russischer Soldat geriet er im Mai 1942 in deutsche Kriegsgefangenschaft. Was danach geschah, wird schon wieder unterschiedlich gedeutet. Nach der einen Ansicht ließ sich Demjanjuk von der SS anwerben, kriegte einen Dienstausweis und war fortan eine Art Angestellter im Tötungsbetrieb des Holocaust.

Demjanjuks Anwalt Ulrich Busch sieht das anders:

Laut Busch bestreitet sein Mandant, je in Sobibor gewesen zu sein. Doch selbst wenn das Gericht unterstelle, er sei dort gewesen, müsse Demjanjuk freigesprochen werden. Als gebürtiger Ukrainer wäre er in diesem Fall ein damals so genannter fremdländischer Wachmann gewesen. Für diese gelte aber ein Befehlsnotstand. „Entweder halfen sie mit oder sie wanderten in die Gaskammern. Wenn er am Ende doch da gewesen wäre, wäre er entschuldigt“, sagte Busch. (Focus)

Wie auch immer, dass ausgerechnet ein Ex-Rotarmist und Kriegsgefangener als „letzter lebender NS-Verbrecher“ den Kopf hinhalten muss, ist schon eine Ironie der Geschichte – wenn man an die zahlreichen KZ-Schergen deutscher Herkunft denkt, die unbehelligt im Nachkriegsdeutschland lebten oder hier gar nach wie vor ihren Lebensabend verbringen.

Zwei Promis und ich

Der Beschuldigte braucht einen Pflichtverteidiger. Dem Gericht macht er drei Vorschläge:

a) einen Rechtsanwalt und hochrangigen CDU-Bundespolitiker;

b) einen Rechtsanwalt und prominenten Bundestagsabgeordneten der Grünen;

c) mich.

Das Gericht hat jetzt wohl alle drei „Kandidaten“ angeschrieben und fragt, ob grundsätzlich Bereitschaft besteht, die Verteidigung zu übernehmen. Ich sage ja. Natürlich auch, um später mal erzählen zu können, ich hätte dem Soundso ein Mandat weggeschnappt.

Auf die Aussage „trainiert“

Der „Einleitungsvermerk“ der Staatsanwältin klingt eindeutig. Es gebe den Anfangsverdacht einer falschen uneidlichen Aussage, heißt es. Die Zeugen hätten in der Hauptverhandlung nur noch von einem „Gerangel“ mit dem Angeklagten gesprochen. Bei der Polizei hätten sie noch von Tritten in Richtung eines Zeugen gesprochen.

Die Zeugen hätten eingeschüchtert gewirkt und auf ihre Aussage hin „trainiert“.

Interessant ist aber der letzte Satz. Erst nach intensiver Befragung und unter Vorhaltung ihrer polizeilichen Aussage hätten sich die Zeugen doch noch an die Tritte erinnert.

Ja, und wozu jetzt die Strafanzeige? Beendet ist eine Aussage im Sinne des § 153 Strafgesetzbuch erst, wenn kein Verfahrensbeteiligter mehr Fragen hat und der Zeuge nichts mehr sagen will. Wenn sich die Zeugen noch vor diesem Zeitpunkt „erinnert“ haben, korrigierten sie ihre (bis dahin möglicherweise falsche) Aussage noch rechtzeitig in eine richtige; sie haben sich nicht strafbar gemacht.

Das habe ich jetzt mal aufgeschrieben und hoffe auf eine, wie so häufig, sang- und klanglose Einstellung.

Mit gleicher Post

Aus dem Schreiben einer Bußgeldstelle:

Die Akte wurde mit gleicher Post an die Staatsanwaltschaft Essen abgegeben. Das dortige Aktenzeichen ist noch nicht bekannt.

Wie auch.

Spitzel auf dem Gerichtsflur?

Ich lerne ja so gerne neue Worte. Schmeißfliegenauftrag ist eines; bei Rechtsanwalt Werner Siebers habe ich es zum ersten Mal gelesen:

Mal sehen, ob beim Landgericht Stendal heute wieder eine Kriminalbeamtin als fleißiges Schreiblieschen im Zuschauerraum sitzt, nachdem ich sie gestern als Zeugin dafür benannt habe, dass sie von der Staatsanwaltschaft einen so genannten „Schmeißfliegenauftrag“ erhalten hat, nämlich in den Pausen ganz unauffällig um die Verteidiger herumzuschwänzeln, um insoweit Gesprächsinhalte oder Kontakte aufzuschnappen, was sogar soweit geführt hat, dass sie Verteidiger in eine nahe Bäckerei verfolgt hat.

Dass Kriminalbeamte ihre „Beobachtungen“ auf dem Gerichtsflur und in der Kantine gerne in Vermerke fassen, ist bekannt. Kein Verteidiger wird sich vom jovialen Umgangston blenden lassen, der in Verhandlungspausen von beiden Seiten angeschlagen wird. Man wartet ja notgedrungen in räumlicher Nähe miteinander und hat – regelmäßig – persönlich nichts gegeneinander. Gegen all das ist ja auch nichts einzuwenden – wenn man sensible Gespräche dann halt außer Hör- und Sichtweite führt.

Gezielte Ausspitzelung, noch dazu im Auftrag des Staatsanwalts, hat eine andere Dimension. Mir persönlich ist sie bisher ebenso wenig begegnet wie das neue Wort. Aber vielleicht habe ich ja auch einfach nur nichts gemerkt.

Verletzungsprodukte

Aus einer Abmahnung Hamburger Anwälte, die für ein französisches Modehaus tätig sind:

Mit Nachdruck weisen wir schließlich noch darauf hin, dass wir binnen der genannten Frist auch die Übersendung des bei Ihnen noch vorhandenen Bestandes an Verletzungsprodukten der streitgegenständlichen Art erwarten.

Dünnes Blech

Eine Hauptstütze der Heftklammerhersteller ist die deutsche Justiz. Es wird alles getackert, was zu tackern ist. Jeder Schriftsatz einzeln. Die Abschriften für die Parteien gesondert. Dann die Ausfertigung für den Anwalt und die Parteien insgesamt. Zuletzt das Deckblatt mit dem gesamten Packen.

Nichts dagegen, die Anwaltschaft tackert seit jeher fleißig zurück.

In Nordrhein-Westfalen scheint jetzt aber jemand, der für die Beschaffung der Heftklammern zuständig ist, einem übertriebenem Sparzwang nachgegeben zu haben. Seit neuestem werden nämlich fisselige Heftklammern aus lächerlich dünnem Blech verwendet. Die reißen durch oder fliegen sogar durch die Gegend, wenn man ihnen mit einem Klammeraffen zu Leibe rückt.

Meine Sekretärin fluchte vorhin jedenfalls mächtig, als ihr so eine halbe Heftklammer um die Ohren schwirrte. Dann musste sie sich wieder konzentrieren und die andere Hälfte mit dem Fingernagel aus dem Papierstapel pulen.