Untiefen

Prust. Tauche gerade aus den Untiefen des Zivilrechts auf. Ziemlich sumpfiges Gelände, durch das ich mich in den letzten zweieinhalb Stunden bewegt habe. Der gegnerische Anwalt hat sich mit seiner Klage Mühe gegeben. Optisch. Viele, viele sauber bedruckte Seiten. Aber wenig Substanz, wie ich so beim zweiten Durchlesen erleichtert feststellte.

Es fing damit an, dass die Klageforderung nicht stimmt. Geltend gemacht werden rund 16.000,00 €. So steht es auch in der Forderungsaufstellung, die Kollege Computer erstellt hat. Allerdings hat mein Mandant unstreitig rund 4.000,00 gezahlt. Dass er das Geld überwiesen hat, führt der Anwalt auch fein säuberlich in der Klageschrift auf. Der Klageantrag entspricht aber der (falschen) Forderungsaufstellung; er ist somit 4.000,00 zu hoch.

Leichter lässt sich ein Rechtsstreit wohl kaum zu 25 % gewinnen.

Ein ordentlicher Teil der Forderung sind Darlehenszinsen. Kein Wunder, denn es geht um ein angeblich nicht zurückgezahltes Darlehen aus dem Jahre 1990. Bis Mitte 2009 sollen knapp 6.000 Euro Zinsen angefallen sein.

Schön und gut, aber lernt man nicht schon in der Anfängerübung Zivilrecht, dass Darlehen zwar mitunter lange laufen, Kreditzinsen aber ganz normal nach drei Jahren verjähren – sofern sie nicht eingeklagt werden? Mit den Zinsen bis Ende 2005 dürfte es also kaum was werden. Womit dann schon wieder um die 5.000 Euro weg sein dürften.

Ich hatte die Verjährungseinrede schon außergerichtlich erhoben und genau auf diese Umstände hingewiesen. Dass der Anwalt trotzdem unverdrossen klagt, kann nur zwei Gründe haben. Ich liege völlig falsch. Oder die Rechtsschutzversicherung des Klägers hat umfassend Deckungszusage erteilt.

Aber auch mit der eigentlichen Darlehensforderung sieht es nicht gut aus. Es waren nämlich regelmäßige Raten vereinbart. Gerichte sagen in diesem Fall: Sind Darlehensraten kalendermäßig festgelegt, läuft auch für unbezahlte Raten die normale Verjährungsfrist. Da das Darlehen planmäßig 1993 getilgt sein sollte, wäre also schon Ende 1998 alles verjährt (damals galt eine vierjährige Verjährungsfrist).

Alles fast zu schön, um wahr zu sein. Deshalb habe ich einen zivilrechtlich orientierten Kollegen meinen Text noch mal lesen lassen. Ich will mich ja nicht blamieren. Aber er findet meine Argumente „treffend“. Bei diesem doch mitunter spröden Menschenschlag werte ich das mal als grelles Kompliment.