Bielefeld…

Mein Mandant verbrachte im Frühjahr einige Tage im Zimmer 67 des Hotels Heidsieker Heide, Bielefeld. Beim Auszug vergass er im Zimmer eine Krawatte und ein Datenkabel.

Die Sachen wollte er gerne wieder haben. Hieraus entwickelte sich folgende Korrespondenz:

– Mail vom 15. April 2009 – Hotel Heidsieker Heide antwortet nicht

– Mail vom 6. Mai 2009 – Hotel Heidsieker Heide antwortet nicht

– Einschreiben vom 22. Mai 2009 – Hotel Heidsieker Heide antwortet nicht

– Anwaltsschreiben vom 18. Juni 2009 – Hotel Heidsieker Heide antwortet nicht

Ich möchte ja keinen Verschwörungstheorien Auftrieb geben, aber wenn das kein Beweis ist, dann weiß ich auch nicht.

Ich teste jetzt mal, ob es den Hotel- und Gaststättenverband und die Gewerbeaufsicht in Bielefeld gibt.

Pfand nur gegen Namen und Adresse

Aus dem E-Mail-Eingang:

Heute war ich in einem Getränkemarkt und musste für eine Barauszahlung von 19 € meine Adresse + Name angeben. Keine AGB, nichts. Einfach auf die Rückseite des Bons. Es wäre bei jeder Auszahlung von 10 € normal.

Ich will dafür meine Adresse nicht angeben. Das find ich wirklich sehr bedenklich. Bin ich dazu verpflichtet?

Worum es wirklich geht

Herr N. wurde von einer Firma abgemahnt, die für sich beansprucht, die Produkte eines bestimmten Kleiderlabels in Deutschland exklusiv vertreiben zu können. Angeblich hatte Herr N. ein T-Shirt auf dem Flohmarkt verkauft, welches angeblich ein für dieses Label urheberrechtlich geschütztes Motiv trägt.

Weil Herr N. nicht zu Hause war, verbummelte er die Frist. Er gab die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab.

Hierauf reagierte die Firma aber nicht so, wie man es hätte erwarten können. Indem sie ihre Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche einklagt. Nein, sie schickte nur einen Mahnbescheid über – die Anwaltskosten.

Da sieht man wenigstens mal deutlich, worum es denen wirklich geht.

Paket vier Monate unterwegs

Der Paketbote vom DPD brachte gerade eine Ermittlungsakte, als sei nichts geschehen. Dabei hat das Gericht diese Akte schon am 5. März 2009 an uns verschickt. Die Akte war also vier Monate unterwegs. Das Verfahren, das mit anderen Sachen verbunden war, ist längst abgeschlossen. Selbst im Gerichtstermin konnte nicht geklärt werden, wo die Akte denn nun abgeblieben ist.

Geruch (ekelig) und Farbe der Verpackung (grün-schwarz) sowie die eigenartige Wellenform der Unterlagen lassen darauf schließen, dass die Akte die meiste Zeit in einer ziemlich feuchten Ecke vor sich hin gegammelt ist.

Nachtrag: Wie es aussieht, hat das Paket sehr lange Zeit in Unna verbracht.

090706a

Ich habe einen Verrechnungstopf

Cortal Consors hat mir ein tolles neues Formular ins Online-Archiv gestellt. Mein erster Beleg aus der nachträglichen Verlustverrechnung! Darauf habe ich, nun ja, eher nicht gewartet.

Wie es aussieht, ist mit der Abgeltungssteuer auch eine Verrechnung von Gewinnen und Verlusten eingeführt worden. Das ergibt in meinem Fall ein fünfseitiges Formular mit unglaublich vielen Zahlen. Auch mein „Verrechnungstopf“ ist genannt; er hat die Kennziffer 10027xx779xxx.

Ansonsten verstehe ich nur Bahnhof. Daran wird sich wohl nichts ändern, bis ich die beeindruckende Informationsbroschüre zum System der nachträglichen Verlustverrechnung studiert habe. Was wahrscheinlich nie der Fall sein wird.

Soll sich meine Steuerberaterin damit quälen.

Blockwart im Brauser

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert den Notrufknopf für Internetseiten, berichtet die Welt. Der Alarmknopf namens „Web Patrol“ soll als Plugin in Browser integriert werden und es ermöglichen, verdächtige Webseiten zu melden. Auf Wunsch auch anonym.

Anonym?

Machen wir uns nichts vor. Was passiert, wenn in der geforderten „Clearing-Stelle“ tatsächlich die IP-Adressen von Meldern nicht gespeichert werden? Dann wird es zeitnah zu „Web Patrol“ auch Plugins geben, die jede, vielleicht auch nur jede dritte, zehnte oder fünfzigste im Browser aufgerufene Seite automatisch als verdächtig melden. Vielleicht kann man auch Seiten melden lassen, die bestimmte Stichworte enthalten. Wie Kai Diekmann, Guilia Siegel oder Polizeipräsident. Der Fantasie wären keine Grenzen gesetzt.

Und warum auch nicht, würde die Frage lauten. immerhin obliegt es ja dem noch zu gründenden Internetüberwachungsamt samt seinen aus Steuergeldern bezahlten, rund um die Uhr im Einsatz befindlichen „Juristen, Psychologen, Kriminalisten und Internetexperten“, die laienhafte Wertung besorgter Bürger auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen.

Gut möglich also, dass es schon deswegen nichts wird mit der Anonymität und dann auch schon mal morgens um sechs persönlich beim Anschlussinhaber nachgeschaut wird, wie er denn gerade auf diese und jene Internetseite gekommen ist. Im Gegensatz zur Annahme mancher Polizeifunktionäre ist es nämlich gar nicht so einfach, „rein zufällig“ über kriminelle Inhalte im Netz zu stolpern. Noch dazu solche, die eine URL haben.

Absehbar ist übrigens schon heute die Erkenntnis, dass die ganze Infrastruktur hinter dem Blockwart im Brauser nur Sinn macht, wenn die Experten im Internetüberwachungsamt zeitnah reagieren können.

Zum Beispiel, indem sie vorläufige Stoppschilder aufstellen.

Amtsgericht Köln feilscht um Fahrtkosten

Eine Strafrichterin am Amtsgericht Köln hatte mich auf Wunsch eines Mandanten als Pflichtverteidiger beigeordnet. Ohne Einschränkungen. Nun streicht der Kostenbeamte die Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld mit der Begründung, der Angeklagte hätte auch einen Verteidiger aus Köln benennen können.

Ich will auf diesen Blödsinn nicht näher eingehen. Nur so viel: Die Richterin hat mich beigeordnet und auch keine Einschränkungen gemacht, obwohl sie mich kennt. Oder jedenfalls meinen Briefkopf vor Augen hatte, der Düsseldorf als Bürositz ausweist. Da ist es dann nicht Sache eines Kostenbeamten, diese Entscheidung nachträglich zu revidieren.

Neu ist aber der Umstand, dass das Gericht auch die Aktenversendungspauschale streicht. Das sind immerhin 12 Euro, die mir das Gericht für die Zusendung der Ermittlungsakte berechnet. Leider enthält der Beschluss an dieser Stelle keine Begründung. Mir fällt als Argument nur ein, dass Kölner Anwälte möglicherweise für verpflichtet gehalten werden, die Aktenversendungspauschale zu sparen, indem sie die Akte selbst beim Gericht abholen.

Wäre mir neu, dass ausgerechnet die Kölner Kollegen sich so was gefallen lassen.

Trödelei beendet U-Haft

Wer hat geschlafen bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach? Wer hat dort hat gleich so viele Fehler gemacht, dass die jetzt zur plötzlichen Entlassung eines wohl gefährlichen Gefangenen aus der Untersuchungshaft geführt haben.

In U-Haft saß seit Anfang September vorigen Jahres ein 58-Jähriger unter schweren Vorwürfen. Der Mann soll innerhalb eines Jahres in 19 Fällen immer wieder Mädchen sexuell missbraucht haben, auch schwer. Entsprechend hoch ist die angedrohte Haftstrafe, sie reicht von mindestens zwei Jahren bis weit über 10 Jahre Gefängnis.

Doch der Mann ist seit vorgestern auf freiem Fuß. Er läuft durch Viersen. Das darf er. So hat es der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) entschieden. Und nicht etwa mit seinem Beschluss über Schuld oder Unschuld geurteilt. Die Entscheidung ist aus Sicht der Justiz das schlichte Ergebnis einer automatischen Prüfung, unabhängig von der Schwere der Tat und der zu erwartenden Strafe.

Obwohl bei dem 58-Jährigen sogar ausdrücklich Fluchtgefahr angenommen wird. Das OLG hat sich blank auf ein rechtsstaatliches Prinzip gestützt. Die Untersuchungshaft hat gesetzliche Grenzen. Sie soll nicht mehr als sechs Monate dauern, kann aber vom OLG verlängert werden. Das passierte auch vor einem knappen Vierteljahr.

Alles schien rund zu laufen. Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach hatte sich an das Gebot des beschleunigten Verfahrens gehalten. Zwischendurch aber gab es Fehler. Nach der Festnahme des Mannes vergingen drei Monate, bis ein Gutachter eingeschaltet wurde. Der bekam zwar die Mahnung „Eilige Haftsache“ mit der Bitte um ein „schnellstmögliches Gutachten“. Das freilich wurde erst 5 Monate später, am 20. Mai abgeliefert.

Jetzt zog das OLG nicht mehr mit, es unterstellte der Staatsanwaltschaft, „nicht mit gebotenem Nachdruck“ gearbeitet zu haben. „Wir respektieren die Entscheidung“, so sagten es gestern unisono Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) und Generalstaatsanwaltschaft Gregor Steinforth. Beide sprachen aber von einer „völlig unerträglichen“ Folge.

Die Sorgen, das Unverständnis der Opfer und deren Angehörigen, überhaupt der Bürgerinnen und Bürger seien nachvollziehbar. Deshalb gebe es bereits eine umfassende Untersuchung zur Aufklärung des Falls. Unterdessen leistet die Polizei in Viersen Sonderschichten. Sie hält zu allen Betroffenen ständigen Kontakt, bietet allen Hilfe an. „Wir tun alles, um neuerliche Straftaten zu verhindern“, versichert Behördensprecherin Antje Heymanns.

Mit dem entlassenen Häftling „haben wir gesprochen“. Und sie wollen weiter mit ihm sprechen. Über die genaue Strategie der Polizei will Heymann „selbstverständlich“ nicht informieren. Fest steht: Niemand kann den 58-Jährigen, der schon zwischen 1972 bis 1979 einschlägig auftrat, festnehmen. Vielleicht kommt er freiwillig zu seinem Prozess, der im August geplant ist. Vorläufig jedenfalls. (pbd)

Die Rechtslage: Das Gesetz ist streng, es schützt auch Menschen hinter Gittern. Grundsätzlich darf niemand länger als sechs Monate in Untersuchungshaft genommen werden. Für Ausnahmen gibt es hohe Hürden, etwa bei „besonderen Schwierigkeiten“ des Ermittlungsverfahrens oder beim „besonderen Umfang der Ermittlungen“.

Ob Ausnahmen vorliegen, wird durch das jeweiige Oberlandesgericht regelmäßig geprüft. Es kann die Untersuchungshaft verlängern, aber auch den Haftbeschluss aufheben. 2001 war auf diese Art ein des Mordes beschuldigter Mann vom Oberlandesgericht Hamm entlassen worden. Haftbefehlsaufhebungen gab es in Nordrhein-Westfalen 2003 achtmal, 2004 elfmal, 2005 13mal, 2006 16mal, 2007 zehnmal, 2008 fünfmal und diesem Jahr bislang dreimal. (pbd)

Pressegeilheit, zum Beispiel

„Das Treten gegen einen wehrlos am Boden liegenden Mann wird nach rechtlicher Bewertung als niederer Beweggrund bezeichnet und führt deswegen zur Anzeige wegen versuchten Mordes.“

Ein Jurastudent würde mit so einem Satz durch die Zwischenprüfung fallen. Einen Staatsanwalt, der so was von sich gibt, sollte man schnell in eine Abteilung versetzen, in der er keinen Schaden anrichten kann.

Es besteht nämlich die Möglichkeit, dass auch er von niedrigen Beweggründen geleitet ist. Pressegeilheit, zum Beispiel.