Nur einer wird gebraucht

Es schepperte ganz schön bei dem Unfall, den mein Mandant vor einigen Tagen hatte. Der Sachverständige hat 4.000 Euro Schaden errechnet. Zum Glück gab es zwei unbeteiligte Zeugen. Noch mehr Glück: Die Polizeiwache im Düsseldorfer Süden war nur 100 Meter entfernt. Mein Mandant konnte mit den Zeugen gleich dort vorsprechen. Der Unfallgegner war lieber weiter gefahren.

Der Beamte am Tresen hörte sich die Geschichte an. Und schickte dann den einen Zeugen, der es wohl auch etwas eilig hatte, weg. Begründung: „Wenn zwei Zeugen das gleiche sagen, reicht einer.“ Von dem anderen Zeugen nahm er dann die Personalien und eine Aussage auf. Immerhin.

Nur irgendwie hätte ich schon ganz gerne auch den Namen und die Adresse des eiligen Zeugen gehabt…

Was kommt aus dem Geldautomaten?

Eine Richterin will meinem Mandanten nicht glauben, dass er den höchst ungewöhnlichen und somit verdächtigen Betrag von 610,00 € nicht durch Drogenverkäufe erwirtschaftet, sondern aus dem Geldautomaten gezogen hat.

In der Urteilsbegründung findet sich folgendes Argument:

Darüber hinaus ist die Geldstückelung aus dem Geldautomaten nicht nur in fünfziger, zwanziger und zehner, sondern auch in 5-Euro-Scheinen üblich. Diese haben sich aber nicht bei dem Geld befunden.

Das ist falsch. Wenn man zweihundert, vielleicht dreihundert oder sogar noch einen höheren Betrag abhebt, ist normalerweise eher kein Fünfer dabei. Selbst wenn es „üblich“ wäre, könnte es ja auch noch ausnahmsweise anders gewesen sein. Von den unzähligen Geldautomaten mal abgesehen, an denen der Kunde mittlerweile angeben kann, welche Geldscheine er haben möchte.

Mies ist so was noch dazu. Denn in der Hauptverhandlung wurde noch nicht mal gefragt, in welcher Stückelung das Geld aus dem Automaten gekommen sein soll. Wenn ein Richter aus dem Hinterhalt mit angeblicher Lebenserfahrung kontert, ist das schon ein Armutszeugnis. Dann aber noch so daneben zu greifen, tut schon weh.

Und hier geht es nicht um eine Bagatelle, sondern um Freiheitsstrafe.

Zahlen, aber bitte bis vorgestern

„Der Rechnungsbetrag ist sofort nach Erhalt der Rechnung, spätestens am 12. März 2009, fällig.“

Toll, die Rechnung selbst ist vom 16. März 2009. Weniger lustig ist, dass der Mandant vor allem deswegen Ärger hat, weil sich der eilige Rechnungssteller bislang als Schnarchnase erwiesen hat.

interplastic 1022 G

Beim spontanen Ausmisten eines Schrankfachs mit Büromaterial bin ich gestern auf Kohlepapier gestoßen. Eine ganze Packung.

Auch wenn wir keine Schreibmaschine mehr im Betrieb haben, hebe ich es mal auf. Dürfte ja schon heute genug Menschen geben, die gar nicht wissen, was man damit genau gemacht hat.

Wikileaks.de – einfach so vom Netz

Ich bin gespannt, ob es die deutschen Behörden für nötig halten, den Betreiber von Wikileaks.de über die Gründe zu informieren, wegen der sie die Domain möglicherweise haben sperren lassen. So mit rechtsmittelfähigem Bescheid, wie sich das für einen Rechtsstaat gehört.

Ansonsten: Willkommen in China.

Vorsorglich: Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Provider die Domain in vorauseilendem Gehorsam abgeschaltet hat, ganz ohne (dokumentierbare) staatliche Aufforderung. Näheres werden wir wohl erst in den nächsten Tagen erfahren.

Erste Reaktionen

Was man als Alkoholsünder wissen sollte

Das Gesetz ist klar: Blutproben, auch bei Verstößen im Straßenverkehr, darf nur ein Richter anordnen. Nur bei „Gefahr im Verzug“ dürfen auch Staatsanwälte oder Polizisten eine Blutprobe veranlassen.

Die Praxis sah bei Verkehrsdelikten Jahrzehnte anders aus. Routinemäßig haben Polizeibeamte selbst die Blutprobe angeordnet – und ihr Verhalten wurde immer abgesegnet. Ich persönlich habe im Gerichtssaal schon Polizisten erlebt, die nicht mal wussten, dass sie nur bei „Gefahr im Verzug“ eine Blutprobe anordnen dürfen. Manche waren richtig beleidigt, als sie erfuhren, dass ihre Kompetenzen nicht mal so weit reichen.

Seit der Einführung von Bereitschaftsrichtern hat es immer wieder Anwälte gegeben, die der Verwertung der Alkohol- und Drogenanalyse widersprachen, wenn kein Richter eingeschaltet wurde. Mit unterschiedlichen Ergebnissen. Letztlich retteten sich meisten Gerichte damit, dass die Beamten zwar einen Fehler gemacht haben. Dieser wiege aber nicht so schwer, um die Beweise nicht zur Kenntnis zu nehmen.

In einer praktisch wichtigen Konstellation sieht es nun das Oberlandesgericht Hamm etwas anders. Die Richter halten eine Blutprobe für unverwertbar, weil der Polizeibeamte so gestrickt war wie seine Kollegen, die ich aus dem Gerichtssaal kenne. Ihn interessierte schlicht und einfach nicht, dass es aus jüngster Zeit viele Urteile gibt, welche darauf hinweisen, dass es nach dem Gesetz zumindest versucht werden muss, einen Richter zu erreichen. Erst wenn das nicht gelingt, darf Gefahr im Verzug angenommen werden.

Machen wir immer so, alles andere interessiert mich nicht. Diese schlichte Argumentation war für das Oberlandesgericht Hamm nun Anlass, den Ball auf die Seite der Polizei zurückzuspielen. Wer sich, so die Richter, überhaupt nicht um die Rechtslage schert, vergewaltigt das Recht und begeht einen besonders schweren Verfahrensfehler. Bei so einem Verhalten ist es einfach nicht mehr akzeptabel, das Beweisergebnis augenzwinkernd doch noch zuzulassen.

Es ist davon auszugehen, dass da draußen viele Polizeibeamte ähnlich handeln. Wie sollte man sich also in einer Verkehrskontrolle verhalten? Schweigsam, aber bestimmt:

1. Den Atemalkoholtest verweigern. Dazu darf niemand gezwungen werden. Aber keinesfalls erklären oder gar unterschreiben, dass man auf einer Blutprobe besteht. Das könnte als „Einverständnis“ ausgelegt werden.

2. Die Blutprobe über sich ergehen lassen. Allenfalls auf die Frage, ob man damit einverstanden ist, mit „Nein“ antworten. Eine Begründung hierfür muss man nicht geben.

So dürften die Chancen nicht schlecht stehen, dass die Polizei nach Schema F vorgeht und in die nun vom Oberlandesgericht Hamm beschriebene Verfahrensfalle tappt. Einer Diskussion über Gefahr im Verzug („habe ich im law blog gelesen“) sollte man an Ort und Stelle aus taktischen Gründen also eher aus dem Weg gehen.

Beschluss des OLG Hamm / Quelle des Links

Trotz Finanznot müssen Beamte beschäftigt werden

Wird ein entlassener Beamter nach vorübergehender Krankheit wieder dienstfähig, kann weder das Land noch eine Gemeinde seine Wiedereinstellung aus Finanznot verweigern. Das ergibt sich aus einem jetzt veröffentlichen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), dem sich die Stadt Dormagen beugen muss.

Dort war ein heute 59-jähriger Stadtamtsrat nach amtsärztlicher Untersuchung in den Ruhestand versetzt worden. Zwei Jahre später aber wurde seine Genesung samt Dienstfähigkeit erkannt. Dennoch verweigerte die Stadt Dormagen dem Mann seinen Posten. Begründung: In der Zwischenzeit sei erstens wegen der angespannten finanziellen Situation bis 2009 ein Haushaltssicherungskonzept erlassen worden. Zweitens gebe für den Beamten weder eine Planstelle noch ein freies Aufgabengebiet.

Der Weg durch die Instanzen brachte dem Beamten den gewünschten Erfolg. Bereits das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht gab ihm Recht. Eine sparsame Haushaltsführung der öffentlichen Hand sei „steuerbar“, der Anspruch des Beamten vom Grundgesetz geschützt. Das BverwG in Leipzig urteilte rechtskräftig (AZ 2 C 41.07), dafür dem Beamten die Rückkehr zu verweigern, müsse es schon „zwingende dienstliche Gründe“ geben. Finanzielle und personalorganisatorische Auswirkungen aber „sind regelmäßig keine“. (pbd)

Man macht sich Gedanken

Habe wegen akuten Zeitmangels beantragt, eine heute auslaufende Frist bis zum Dienstag, 14. April, zu verlängern.

Da ich den Schriftsatz heute bis 24 Uhr faxen könnte, dürfte der Richter ja ohnehin vor Dienstag nicht an ihn rankommen, selbst wenn er unbedingt diesen Fall über die Feiertage bearbeiten wollte. Glaube kaum, dass er einen eigenen Schlüssel zum recht stattlichen Gerichtsgebäude in der Großstadt hat.

Der Rechtsstreit wird sich durch die Verlängerung also nicht verzögern, so dass ich wohl mit einem „Ja“ rechnen kann.

(Am Rande: Die weitaus meisten Richter sind in Fristsachen sehr zuvorkommend, so lange sie sich nicht veräppelt fühlen. Aber man macht sich halt immer so seine Gedanken.)

GMX bremst Strato-Mails aus

Bremst GMX alle Mails aus, die von Strato-Servern kommen? Entsprechende Erfahrungen sind hier und dort beschrieben.

Als ich das las, fielen mir die Reklamationen von einigen Mandanten ein. Diese hatten sich in den letzten Tagen beklagt, dass wir zugesagte Mails nicht senden. Ich habe das mal anhand von zwei Mandanten überprüft, deren Klagen mir in Erinnerung sind. Sie haben E-Mail-Adressen bei GMX. Unser Büroaccount läuft über Strato.

Nach einigen Stunden scheinen die Mails dann doch in den Postfächern angekommen zu sein.

Vorhin noch eine kleine Kontrolle. Mail vom Strato-Account an die Adresse lawblog@gmx. de. Nach gut 20 Minuten ist die Mail immer noch nicht da. So was erhöht nicht unbedingt mein Vertrauen in einen E-Mail-Provider.

Schade, dass lawblog@gmail.com offenbar vergeben ist.

Eindeutig festgelegt

Wir haben Ex-Mandanten, die sich mit Händen und Füßen gegen Honorarzahlung wehren. Bei Gericht haben sie verloren. Jetzt sind wir längst in der Zwangsvollstreckung. Aber jede Maßnahme des Gerichts beantworten die Betreffenden mit dem „anwendbaren Rechtsmittel“.

Jetzt zum Beispiel mit der sofortigen Beschwerde gegen einen Nichtabhilfebeschluss. Die ist unzulässig hoch drei. Aber bemerkenswert ist zumindest die Begründung:

Besagter Beschluss ist schon aus formalen Gründen rechtsungültig, weil nicht richterlich unterschrieben, sondern von Justizangestellten abgezeichnet. … In der ZPO ist eindeutig festgelegt, dass den Parteien richterlich unterschriebene Urteile / Beschlüsse zukommen lassen müssen.

Die Richterin antwortet hierauf mit beeindruckender Geduld:

… Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass kein Anspruch der Parteien auf Übersendung eines Beschlusses mit Originalunterschrift besteht. Das Original ist vielmehr zu den Akten zu nehmen. Die Parteien erhalten beglaubigte Abschriften.

Eigentlich fehlt jetzt nur noch der Einwand, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht existiert.