Das Recht der Untersuchungshaft ist zum Jahreswechsel grundlegend geändert worden. War dem Inhaftierten früher praktisch nichts erlaubt, müssen Beschränkungen jetzt ausdrücklich angeordnet werden. Die Telekommunikation kann nach dem neuen § 119 Strafprozessordnung zum Beispiel nur eingeschränkt werden, wenn „dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist“.
Telefonate mit dem Verteidiger, mal unterstellt er ist kein linker Vogel, müssten also problemlos möglich sein. Haftanstalten sind jedoch seit jeher auf konsequente Kommunikationsverweigerung angelegt. Um als Verteidiger mal mit einem Mandanten telefonieren zu können, bedurfte es nach dem früher geltenden Recht stets gnädiger Sozialarbeiter oder Pastoren. Die sind leider nicht zu üppig gesät.
Seit Jahresanfang beantrage ich stets, eventuelle Beschränkungen dahingehend zu lockern, dass mein Mandanten in angemessenem Umfang mit mir telefonieren darf. Das klingt ungefähr so:
Ich bitte darum, mir nicht überwachte Telefongespräche mit meinem Mandanten zu gestatten. Die Unterbindung von Gesprächen mit mir als Verteidiger ist nicht zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr erforderlich, so dass eine Beschränkung insoweit gemäß § 119 Abs. 1 StPO nicht erforderlich ist.
Die Justizvollzugsanstalt kann sicherstellen, dass lediglich ich mit meinem Mandanten telefoniere, indem die Verbindung über meinem Büroanschluss hergestellt wird bzw. ein Rückruf durch die JVA erfolgt. Ich bitte insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Justizvollzugsanstalt für mich weit entfernt liegt, so dass Telefonate die sachgerechte Verteidigung erheblich erleichtern.
Die Erfahrung mit den Staatsanwaltschaften, die jetzt meist für die Haftüberwachung zuständig sind, ist sehr gut. Bislang hat noch kein Strafverfolger ernsthaft versucht, mir Telefonate zu verwehren. Es gab zwar zwei, drei Rückfragen, ob das denn sein müsse und wie das praktisch laufen soll. Aber meist scheinen die Staatsanwaltschaften für das neue Recht gut gebrieft. Typisch sind freundliche Antworten, wie zum Beispiel gestern von der Staatsanwaltschaft Gera:
„… hinsichtlich der von Ihnen genannten Telefongespräche habe ich eine entsprechende Mitteilung an die JVA übersandt und Ihre Kanzleinummer angegeben.“
Was allerdings noch gar nicht klappt, sind die Telefonate selbst. Es bedarf in der Regel einiger nachdrücklicher Worte, bis ich den Mandanten wirklich in der Leitung habe. Oder auch mal angedrohter Petze beim Staatsanwalt oder dem Ermittlungsrichter.
Falls auch das nichts hilft, bleibt der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der gegen alle Beschränkungen möglich ist. Von diesen Anträgen musste ich erst einen formulieren, der hatte aber nichts mit einem Telefonierverbot zu tun.