Lust an der Verfolgung?

War es Jagdeifer, Lust an Verfolgung? Etwa Missbrauch der Macht? Fest steht: Der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Ralf M. hat in seinen Ermittlungen gegen Harald Friedrich (Grüne), den ehemaligen Abteilungsleiter des NRW-Umweltministerium, zwei Gutachten freihändig vergeben, obwohl er das nach Weisung seiner vorgesetzten Behörde nicht mehr durfte.

Damit hat M. nach dem ersten Anschein das getan, was er zuvor Friedrich strafrechtlich vorgeworfen hatte – pflichtwidrig öffentliche Gelder verschwendet. Die Wuppertaler Strafverfolger indessen nennen den Übergriff ein „Missverständnis“. Eine verharmlosende Darstellung, die die aufsichtsführende Generalstaatswaltschaft (GeStA) in Düsseldorf denn auch bestreitet. Sie nennt M.s Aufträge „abredewidrig“ und pfeift ihn flugs zurück.

Das war so ähnlich schon einmal passiert. Anfang vorigen Jahres wurde Ralf M. von der Generalstaatsanwaltschaft die Grundlage schwerster Vorwürfe gegen Friedrich entzogen. War zuvor noch von Bestechlickeit des Harald Friedrich die Rede, von banden- und gewerbsmäßigem Betrug, von Untreue, Verletzung von Dienstgeheinmissen und Unterschlagung – ab diesem 8. Januar 2009 war das nur noch Makulatur, weitere Gutachten auch dazu hielt folgerichtig die GeStA für sinnlos und überflüssig.

Ganz so, als gebe es diese Anordnung nicht, machte Oberstaatsanwalt M. munter weiter. Er ließ die Aufträge aber nicht öffentlich ausschreiben, um Leistungen objektiv vergleichen zu können – stattdessen hatte schon eine Woche später ein Beamter des Landeskriminalamtes für ihn im Internet recherchiert. Und machte die E. eGmbH in Berlin ausfindig. Dorthin ging dann auch M.s Dienstreise – um gutachterlich nachweisen zu lassen, dass Friedrich bei seiner Vergabe von Aufträgen einigen „Schaden“ angerichtet habe.

„Nach kurzer Prüfung“ kam der E.-Geschäftsführer zu der für M. günstigen Einschätzung, dass eine Kalkulation von Friedrich „zu hoch und nicht marktgerecht“ war. Nicht genug damit. Die nächste Dienstreise ließ sich der Oberstaatsanwalt nach Saarbrücken genehmigen. Die Universität dort sollte ein weiteres Gutachten erstellen. M. wollte offenbar zwischen den Sachverständigen aus Berlin und Saarbrücken den auswählen, der einen von Friedrich verursachten „möglichen Schaden“ bestätigt.

Als von diesen dubiosen Aktivitäten einen Monat später, im April 2009, die Generalstaatsanwalt Düsseldorf erfuhr, reagierte sie verhalten entsetzt. In einem Vermerk heißt es, es gebe bekanntlich „keine Anhaltspunkte“ für die Annahme, Friedrich könne ein Projekt „überhöht abgerechnet“ haben.

Gleichwohl habe die Staatsanwaltschaft Wuppertal entgegen einer gemeinsamen Vereinbarung entsprechende Gutachten vergeben. Auf „eine unverzügliche Beendigung“, so die Weisung der Vorgesetzten, sei „hinzuwirken“.

Die pflichtwidrige Beflissenheit des Oberstaatsanwalts M. bleibt bislang ohne rechtliche Folgen. Es sei denn, man lastet ihm den Schaden an, der für das Land durch die Eskapaden entstanden ist. Die Dienstreise nach Berlin wurde mit 407,70 Euro abgerechnet, die nach Saarbrücken mit 320 Euro. Die Gutachter berechneten jeweils für ihre abgebrochene Arbeit 853,86 und 560 Euro.

Zu alldem gibt es bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal weder Schuldbewusstsein noch Reue. Im Gegenteil. Behördenleiter Helmut Schoß nimmt seinen Untergeben in Schutz: „Herr M. ist davon ausgegangen, sich ordnungsgemäß verhalten zu haben“. (pbd)

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)