Zu freundlich im Grenzgebiet

Mein Mandant ist ein freundlicher Mensch. Weil weder sein Bruder noch dessen Freund ein Auto haben, erklärte er sich bereit, die beiden in Venlo abzuholen. Ist ja nicht weit von Düsseldorf.

Venlo? Genau, dieses Venlo. Auf der Rückfahrt winkte die Bundespolizei das Auto raus. Der Bruder hatte 30 Gramm Marihuana in der Jackentasche; der Freund 12 Gramm.

Bei meinem Mandanten selbst wurde nichts gefunden. Bruder und Freund sagten gleichermaßen aus, mein Mandant habe vorher sogar noch klargestellt, er wolle keinen Ärger. Sie sollten bloß nichts über die Grenze bringen. Beide hätten ihm hoch und heilig versichert, nichts dabei zu haben.

Eine dürftige Beweislage, sollte man annehmen. Denn die Einfuhr von Betäubungsmitteln ist ein Vorsatzdelikt. Der Täter muss also von der Einfuhr wissen, und er muss sie wollen. Das alles ficht die zuständige Staatsanwaltschaft Krefeld und das zuständige Gericht wenig an. Man erlässt einen Strafbefehl wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln. Mit der kühnen Behauptung:

Am Tattag reisten Sie aus den Niederlanden kommend ins Bundesgebiet ein, wobei sie wussten, dass Ihre Beifahrer insgesamt 41,1 Gramm Marihuana mit sich führten. Wie Sie wussten, waren Sie zur Einfuhr der Betäubungsmittel nicht befugt.

Die bekannten Tatsachen werden da sehr kreativ in eine Aussage gepresst. Aber damit nicht genug. Mein Mandant ist ebenso wie die anderen beiden nicht vorbestraft. Trotzdem erhält er, der gar nichts bei sich hatte, als Geldstrafe doppelt so viele Tagessätze wie seine Fahrgäste. Darauf muss man erst mal kommen.

Ich frage mich derweil, was mein Mandant machen sollte. Seine Mitfahrer vor Antritt der Fahrt durchsuchen? Sich vorher eine notarielle Bestätigung geben lassen, dass er die beiden eingehend darüber belehrt hat, nur keine Betäubungsmittel mit nach Deutschland zu bringen?

Fragen, die sich nun wohl jedem stellen, der andere Leute in seinem Auto mit über die Grenze nimmt. Womöglich könnten sich Staatsanwaltschaft und Gericht neue Fälle erschließen. Sie müsste ihre Rechtsauffassung nur auf Zugführer und Taxifahrer übertragen…