Anwaltsschriftsätze sind frei (manchmal)

Anwälte schmeißen Gerichte gern mit Schriftsätzen zu. Wenn aber jemand, vornehmlich der Prozessgegner, daraus umfassend zitiert und damit die Öffentlichkeit informiert, heißt es sofort: Urheberrecht. Was auch nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Dem schiebt das Landgericht Köln in einem speziellen Fall einen Riegel vor: Sofern das Gericht eine einstweilige Verfügung verkündet und sich zur Begründung auf die Antragsschrift des Anwalts beruft, ist der Anwaltsschriftsatz Teil der Gerichtsentscheidung. Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich nicht geschützt. Somit darf auch die Antragsschrift vollständig veröffentlicht werden.

Geklagt hatte ein Anwalt aus einer bekannten Medienkanzlei. Gegner war, wie so oft, Rolf Schälike („Buskeismus“). Schälike hatte eine gegen ihn ergangenen einstweilige Verfügung bekanntgemacht, indem er nicht nur den Beschluss selbst, sondern eben auch die Antragsschrift des Medienanwalts veröffentlichte.

Aus der Begründung:

Die Zurechnung des Inhalts des Schriftsatzes des Klägers als eigenverantwortliche Willensäußerung eines Trägers hoheitlicher Gewalt – hier der zuständigen Zivilkammer des Landgerichts Berlin – ergibt sich vorliegend zunächst daraus, dass auf die eigene Ausformulierung einer Begründung für die einstweilige Verfügung vom 07.06.2009 verzichtet wurde, statt dessen haben sich die Richter insoweit auf den Inhalt der Antragsschrift bezogen. Sie haben diese zu ihrer eigenen Begründung gemacht. Diese Annahme wird noch dadurch unterstützt, dass sie diese – damit auch von ihnen gegebenen – Gründe fest mit dem Beschluss verbunden haben, aus dem selbst nunmehr diese Gründe zu erkennen sind.

Außerdem hatte sich der Kläger an den Pranger gestellt bzw. „aufs Feld geführt“ gefühlt. Auch diese Auffassung will das Landgericht Köln nicht teilen:

Es mag dahingestellt bleiben, ob im Einzelfall im Fall einer Veröffentlichung in derartiger Weise in die Persönlichkeits- und Berufsrechte eines Rechtsanwalts eingegriffen wird, dass dies zum Verbot des Zitats aus einem anwaltlichen Schreiben führt; denn jedenfalls die vorliegende Konstellation gibt aus den dargelegten tatsächlichen Gründen keinen Anlass zu der Annahme, es bestehe die Gefahr einer Selbstzensur oder das Verhältnis des Klägers zu seinem Mandanten hätte beeinträchtigt sein können.

Link zum Urteil Hintergründe zur Dauerfehde um Rolf Schälike

Berichtigung: Kläger war nicht der bekannte Medienanwalt Dr. S., wie zuerst geschrieben, sondern einer seiner früheren Kanzleikollegen. Der klagende Anwalt hat mittlerweile eine eigene Anwaltskanzlei.