Radarfalle im Bermuda-Dreieck

Dem Landratsamt Lörrach ist eine komplette Radaranlage abhanden gekommen. Jemand klaute das 100.000 Euro teure Gerät, während es an einer Landstraße den Berufsverkehr blitzen sollte.

Natürlich sei der vorgeschriebene Kontrolleur vor Ort gewesen, zitiert die Badische Zeitung einen Behördensprecher. Der Überwachungswagen sei aber hinter einem Hindernis abgestellt gewesen. Deshalb habe der Mitarbeiter keinen Blickkontakt zum Messgerät gehabt. Allerdings habe ein langes Kabel zu der Steuerungseinheit im Messauto geführt.

Wieso niemand den Abbau des Gerätes bemerkt habe, sei derzeit nicht erklärlich. Ebenso wenig der Umstand, dass ein abruptes Ende der Messungen nicht aufgefallen ist.

Ich habe durchaus eine Erklärung. Wäre es möglich, dass der zuständige Beamte geschlafen hat? Hier in Düsseldorf haben wir jedenfalls auch einen Verkehrsüberwacher, der bevorzugt mit geschlossenen Augen in seinem Kombi sitzt.

Quelle des Links

Uraltakte mit Happy End

Vor einiger Zeit hatte ich über ein emsiges Inkassobüro berichtet, das uns mit Mahnungen traktierte. Nachdem wir uns als resistent erwiesen haben, wurde sogar ein Mahnbescheid beantragt. Auf unseren Widerspruch hin haben wir fünf Jahre lang nichts gehört – sonderlich stichhaltig dürfte die Forderung eines Warenhauses also nicht gewesen sein.

Nach Eintritt der Verjährung haben dann wir die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt. Und die Verjährung auch gleich geltend gemacht. In den Kommentaren zum oben verlinkten Beitrag wurde spekuliert, das könne riskant gewesen sein, weil man damit schlafende Hunde weckt und die Verjährung vielleicht doch nicht greift.

Die für die Anspruchsstellerin tätige große Rechtsanwaltsgesellschaft aus Baden-Baden bewertet die Rechtslage aber ähnlich wie wir. Die Klage wurde jetzt zurückgenommen. Gesetzliche Kostenfolge: Das Warenhaus zahlt alles.

England: Gefängnis für verschwiegenes Passwort

In England muss ein 19-Jähriger vier Monate ins Gefängnis. Sein Vergehen: Er weigert sich, den Behörden das Passwort zu seinem Computer zu verraten. Wie die BBC berichtet, war der Mann in den Verdacht geraten, kinderpornografisches Material zu besitzen. Es gelang jedoch bis heute nicht, das etwa 50-stellige Passwort der beschlagnahmten Speichermedien zu entschlüsseln.

Der Betroffene weigerte sich auch konsequent, sein Passwort zu verraten. Er muss dafür jetzt einfahren. Währenddessen versucht die Polizei weiter, seinen Computer zugänglich zu machen.

Möglich wird die Gefängnisstrafe durch ein englisches Gesetz, den Regulation of Investigatory Powers Act 2000. Dieser erklärt es zur Straftat, wenn verschlüsselte Datenträger den Ermittlungsbehörden nicht zugänglich gemacht werden.

In Deutschland ist so was undenkbar. Verschlüsselung privater Daten ist nicht verboten. Auch wenn es unsere Ermittlungsbehörden mitunter auch anrüchig finden und so tun, als gebe es bei uns nur eine Gesetzeslücke, dürfte die Verschlüsselung in Wirklichkeit ein Bürgerrecht sein. Das Bundesverfassungsgericht hat zum Beispiel mal in einer Entscheidung über die Frage, ob auf der eigenen Festplatte gespeicherte E-Mails noch dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, zusammengefasst gesagt: Nein, das Fernmeldegeheimnis gilt hier nicht mehr, da der Kommunikationsvorgang beendet ist. Aber der Betroffene kann und darf seine Daten selbst schützen, indem er sie verschlüsselt.

Es gibt in Deutschland also keine Pflicht für Beschuldigte, Passwörter herauszugeben. Für Zeugen sieht es etwas anders aus. Zeugen müssen mit den Ermittlungsbehörden kooperieren und somit auch Passwörter nennen. Aber auch Zeugen können ein Auskunftsverweigerungsrecht haben, wenn sie sich durch die Angabe eines Passwortes der Gefahr aussetzen, dass dann im Anschluss gegen sie selbst ermittelt wird.

An Ort und Stelle müssen übrigens auch Zeugen nichts sagen. Kein Zeuge muss mit der Polizei sprechen oder gar einer Vorladung folgen. Erst nach Vorladung durch die Staatsanwaltschaft müssen Zeugen Angaben machen. Man kann also auch als Zeuge Polizeibeamten, die es naturgemäß immer eilig haben und in diesem Zusammenhang auch mal die Rechtslage anders darstellen, die kalte Schulter zeigen. Es gibt dann auch keine Zwangsmittel gegen Zeugen.

Sofern es bei uns den Behörden nicht gelingt, verschlüsselte Daten sichtbar zu machen, darf auch nichts zu Lasten des Beschuldigten unterstellt werden.

In Deutschland kann so etwas wie in England also nicht passieren.

Derzeit.

Bericht der BBC / Bericht auf Gulli.com

Stillstand der Justiz

In Göttingen scheint die Rechtspflege stillzustehen. Jedenfalls am Amtsgericht. Leser Peter L. versucht dort seit geraumer Zeit, eine Forderungssache zu klären. Ein erster Termin in seiner Sache war für den Januar anberaumt. Dieser Termin wurde aufgehoben. Seitdem wurden neue Termine für März, Juli, August, September und zuletzt auf den 21 Oktober festgelegt.

Auch dieser letzte Termin wurde nun aus „dienstlichen Gründen“ gestrichen. Peter L. erhielt folgende Mitteilung:

Eine Förderung des Verfahrens, insbesondere eine Neuterminierung, ist zur
Zeit nicht möglich.

Bedingt durch die angespannte Personalsituation beim Amtsgericht Göttingen
(zwei Kollegen sind längerfristig schwer erkrankt, zwei Kolleginnen befinden
sich im Mutterschutz) kann das Dezernat derzeit nicht besetzt werden.
Angesichts der Vertretungsbelastung ist eine Vollvertretung nur in Eilt- und
Ausnahmefällen durchführbar; es ist daher auch nicht absehbar, wann eine
mündliche Verhandlung wird stattfinden können.

Das Amtsgericht Göttingen ist um Abhilfe bemüht, die aktuelle
Personalsituation kann allerdings von hieraus nicht beeinflusst werden.

Mit freundlichen Grüßen
Richter am Amtsgericht

Auf einem weiteren Blatt wird Peter L. empfohlen, sich doch eine Mediation zu überlegen. Für die softe Streitschlichtung scheint genug Personal vorhanden, während bei Entscheidungen nach dem Buchstaben des Gesetzes – der eigentlichen Kernaufgabe der Justiz – sich offenbar nichts mehr bewegt.

Peter L., der dringend auf Klarheit angewiesen wäre, findet’s nicht gerade lustig.

Keine Begründung

Es ist schon erstaunlich, wie nichtssagend und abgespeckt Durchsuchungsbeschlüsse heute daherkommen. Mit der nachfolgenden Beschwerde wende ich mich gegen so einen Beschluss, vor dessen Erlass wohl weniger nachgedacht wurde. Mühe hat man sich schon gar nicht damit gemacht:

Gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts B. lege ich für meine Mandantin Beschwerde ein mit dem Antrag:

Es wird festgestellt, dass der Durchsuchungsbeschluss insoweit rechtswidrig war, als er die Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma N. auch über den Arbeitsplatz des Beschuldigten hinaus anordnete.

I. Formelle Mängel

Es liegen bereits formelle Mängel vor, die zur Rechtswidrigkeit insgesamt führen.

Die richterliche Durchsuchungsanordnung ist keine bloße Formsache (BVerfG StV 2005, 643). Sie muss insbesondere nachvollziehbar darlegen, auf welche tatsächlichen Anhaltspunkte sich der erforderliche Anfangsverdacht gründet. Spekulationen, Mutmaßungen und Vermutungen quasi ins Blaue hinein begründen keinen Anfangsverdacht (Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, Rdnr. 536 mit Nachweis der umfangreichen Rechtsprechung).

Der Durchsuchungsbeschluss sagt nur, der Beschuldigte stehe im Verdacht, Geschäftsgeheimnisse an seine private E-Mail-Adresse geleitet zu haben. Außerdem habe er eine Arbeit bei einem direkten Konkurrenten, meiner Mandantin, aufgenommen. Weitere Angaben oder Begründungen enthält der Beschluss nicht.

Diese Angaben rechtfertigen noch keinen Anfangsverdacht für eine Straftat.

Erforderlich wären vielmehr Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass es einen inneren Zusammenhang zwischen dem mutmaßlichen Mailversand und dem Arbeitsplatzwechsel gibt. Alleine die Vermutung oder Spekulation, der Beschuldigte könne sich so oder auch anders verhalten, begründet nicht den Verdacht einer Straftat.

Ansonsten könnte praktisch bei jedem Arbeitsplatzwechsel unterstellt werden, der Arbeitnehmer werde bei ihm vorhandene Daten dem neuen Arbeitgeber zur Verfügung stellen. Das ist aber nur eine bloße Spekulation.

II. Sachliche Mängel

Die Durchsuchung war überdies jedenfalls rechtswidrig, als sie nicht auf den Arbeitsplatz des Beschuldigten beschränkt wurde.

1. Das Gericht hat hier die Grenzen des § 103 StPO nicht beachtet. Jedenfalls ergeben sich aus dem Beschluss keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass es meine Mandantin billigt oder zumindest duldet, dass der Beschuldigte Daten von seinem früheren Arbeitgeber im Rahmen seiner neuen Tätigkeit verwendet.

Es stand deshalb noch nicht einmal zu vermuten, dass derartige Daten in einem Bereich aufgefunden werden könnten, der über den Arbeitsplatz des Beschuldigten hinausgeht.

Deshalb war eine weitergehende Anordnung schon nicht von § 103 StPO gedeckt.

2. Jedenfalls war die Anordnung grob unverhältnismäßig. Die Anordnung hätte bei engherziger Auslegung durch die ermittelnden Polizeibeamten durchaus dazu führen können, dass die kompletten Server meiner Mandantin sowie Vertrags- und Kundenunterlagen beschlagnahmt werden.

Dies hätte zunächst den Betrieb lahmgelegt. Meine Mandantin ist einer der größten Arbeitgeber am Ort. Der wirtschaftliche Schaden wäre schnell in die Hunderttausende, wenn nicht Millionen Euro gegangen.

Überdies hätte die Beschlagnahme dazu geführt, dass nun wiederum Geschäftsgeheimnisse meiner Mandantin in einem unübersehbaren Umfang in die Ermittlungsakte kommen. In diese Ermittlungsakte hätte wiederum die Anzeigenerstatterin Einsicht mit der Folge, dass ausgerechnet dieses Konkurrenzunternehmen Einblick in die nach § 17 UWG geschützten Geschäftsgeheimnisse meiner Mandantin erlangt hätte. …

Ich bitte darum, mir die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zukommen zu lassen.

Flache Tipps von der Polizei

Die beliebte Düsseldorfer Kaffeehaus-Kette Woyton hat das freie WLAN in ihren Filialen abgeschaltet. Grund waren ständige Abmahnungen, da Gäste nicht nur Latte schlürften, sondern Filesharing betrieben.

Nun meldet sich die Düsseldorfer Polizei mit guten Ratschlägen zu Wort:

Zumindest sollte der Nutzer seine E-Mail-Adresse angeben müssen. Über die Mailanbieter lässt sich bei einem Missbrauchsfall meist zurückverfolgen, wer illegale Daten heruntergeladen hat.

Die Film- und Musikfreunde unter den Gästen kommen natürlich nur ins Woyton, weil sie gar nicht ahnen, etwas Illegales zu tun. Dementsprechend würden sie auch immer nur ihre echte, mit Klarnamen und hinterlegter Ausweiskopie registrierte E-Mail-Adresse bei E-Postbrief oder DE-Mail angeben. Oder zumindest jene, die ihnen ihr Arbeitgeber zugewiesen hat.

Überdies: Weiß der Beamte nicht, dass die Staatsanwaltschaften und die ihnen untergebene Polizei angewiesen sind, Filesharing-Anzeigen im sozialüblichen Bereich gar nicht mehr nachzugehen? (Im Gegenzug wurde ein privatrechtlicher Auskunftsanspruch eingeführt. Rechteinhaber können sich die Daten des Anschlussinhabers nun selbst bei den Providern besorgen.)

Selbst wenn Woyton also die E-Mail-Adressen des Filesharings „verdächtiger“ Nutzer liefern würde, hätte die Polizei nach geltender Rechtslage überhaupt keine Befugnis einzuschreiten. Denn an sich nicht mehr strafwürdiges Filesharing wird ja nicht schon deshalb wieder zum großartigen Delikt, bloß weil es über einen fremden Internetanschluss stattfindet.

Lapidar abgebügelt

Das Bundesverfassungsgericht hat eine gegen die geplante Volkszählung 2011 gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde genügt nach Auffassung der Richter nicht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgerichtsgesetz an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde stellt.

Die Beschwerdeführer hätten lediglich beantragt, das Gesetz insgesamt für verfassungswidrig zu erklären. Sie hätten aber nicht konkret benannt, welche einzelnen Regelungen gegen das Grundgesetz verstoßen. Bei Rechtsnormen reicht es, so die Entscheidung regelmäßig nicht aus, das gesamte Gesetz zum Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde zu machen. Notwendig sei vielmehr die exakte Bezeichnung der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Bestimmungen. Diese Anforderungen hätten die Beschwerdeführer nicht erfüllt.

Soweit sie in ihrer Beschwerdebegründung darüber hinaus ausführten, die
im Rahmen des Zensus 2011 vorgesehene Datenerhebung und -zusammenführung nach den §§ 3 bis 9 ZensG seien ein nicht zu rechtfertigender Grundrechtseingriff, reicht die undifferenzierte Nennung dieser Vorschriften angesichts ihres umfangreichen und detaillierten
Regelungsgehalts für eine hinreichende Bezeichnung des angegriffenen
Hoheitsakts in den Augen der Verfassungsrichter nicht aus.

Des Weiteren lasse die Begründung der Verfassungsbeschwerde auch die
Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht hinreichend erkennen. Die Beschwerdeführer rügen in erster Linie eine Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Sie legten aber nicht dar, welche Eingriffe in dieses Grundrecht der Zensus 2011 näher mit sich bringt, d. h. welches Gewicht ihnen im Einzelnen zukommt und aufgrund welcher Auswirkungen diese Eingriffe den Anforderungen der Rechtsprechung oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht genügen sollen.

Auch diese Entscheidung zeigt, dass das Bundesverfassungsgericht die formalen Hürden für Verfassungsbeschwerden höher hängt. Schon in letzter Zeit hat das Gericht häufiger Pressemitteilungen herausgegeben, die über Missbrauchsgebühren für querulatorische Beschwerdeführer berichteten. Das ist aber an sich keine große Nachricht – bei jedem Gericht gehen Tag für Tag unsinnige und offensichtlich aussichtslose Anträge ein.

Das Verfassungsgericht zielt also erkennbar auf Abschreckung. Die heutige Pressemeldung zur Volkszählung 2011 hat einen ähnlichen Unterton. Es darf allerdings schon gefragt werden, ob es wirklich nötig ist, das Thema so lapidar abzubügeln.

Immerhin handelt es sich um ein Problem, das alle Bürger betrifft.

Leichenwagen geht gar nicht

Arbeitsrecht kann interessant sein. Mitunter. Das Landesarbeitsgericht Köln musste jetzt dem Angestellten eines Bestattungshauses beispringen. Der Mitarbeiter hatte im Vertrag stehen, dass er einen Dienstwagen bekommt, den er auch privat nutzen darf.

Die Firma stellte ihm einen voll ausgestatteten Leichenwagen zur Verfügung. Dazu das Gericht: Auch dem Mitarbeiter eines Bestattungshauses könne nicht zugemutet werden, auch in seiner Freizeit mit einem Leichenwagen herumzufahren. Das bedürfe „keiner weiteren Vertiefung“.

Quelle