Regierung will keine Netzsperren mehr

Es gibt auch erfreuliche Nachrichten aus Berlin: Es wird in Deutschland keine Internetsperren geben. Die Koalition hat sich heute darauf geeinigt, das derzeit ausgesetzte Zugangserschwerungsgesetz zu ändern. Künftig sollen kinderpornografische Inhalte nur gelöscht, aber nicht mit Stoppschildern versehen werden.

Hauptverfechterin der Internetsperren war die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen. Sie verdiente sich damit den Spitznamen “Zensursula”. Kritiker der Internetsperren hatten im wesentlichen argumentiert, dass Internetsperren kinderpornografische Inhalte nicht entfernen und somit nur “kosmetisch” wirken. Zudem seien die Sperren extrem leicht zu umgehen. Internetnutzer, die tatsächlich nach Kinderpornografie suchen, würden somit in keiner Form abgeschreckt.

Gleichwohl befürchteten Netzsperrengegner den Aufbau einer Zensur-Infrastruktur. Wenn heute Kinderpornografie gesperrt werde, könne das – ohne nennenswerten Rechtsschutz für Betroffene – auf beliebige andere Inhalte ausgedehnt werden. Die Musik- und Filmindustrie zeigte sich beispielsweise stets angetan von Sperrlisten und Stoppschildern. Dieser Wechsel auf die Zukunft dürfte nun nicht einlösbar sein.

Das Bundeskriminalamt muss mit der Absage an die Netzsperren eine Niederlage hinnehmen. Behördenchef Jörg Ziercke hat lange vehement behauptet, das Löschen im Einzelfall funktioniere nicht. Jedoch stellte sich durch Tests von Sperrlistengegnern heraus, dass sogar private Beschwerden bei Providern höchst erfolgreich sind, und zwar sowohl im In- und Ausland.

Als die Frage gestellt wurde, warum die deutsche Polizei weniger kann als Verbände, verbesserte sich auch die Erfolgsquote des BKA drastisch. "Nach aktuellen Zahlen des Bundeskriminalamtes sind nach zwei Wochen 93 Prozent der kinderpornografischen Inhalte gelöscht, nach vier Wochen sind es sogar 99 Prozent", erklärte dazu heute Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Die heutige Entscheidung ist ein Sieg der Vernunft und ein Verdienst derjenigen, die beharrlich ihre guten Argumente gegen die Stereotypen der Befürworter gesetzt haben. Viele der Gegenstimmen kamen aus dem Netz. Sie waren sicher auch ursächlich dafür, dass die etablierten Medien das Thema spät aufgriffen, zum Glück aber nicht zu spät.

Die nächste Frage wird sein, ob Netzsperren womöglich noch über den Umweg Europa drohen. Es gibt ja auch noch aktuelle Planungen für eine EU-Richtlinie (“Zensilia”).