Werktägliche Betriebsamkeit

Automatenvideotheken müssen in Baden-Württemberg sonn- und feiertags geschlossen bleiben. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof des Landes entschieden.

Der Kläger betreibt seit Mai 2006 in Achern eine Automatenvideothek. Dort konnten an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr DVDs über einen Automaten entliehen werden. An Sonn- und Feiertagen wurden DVDs vollautomatisch vom Automaten abgegeben und angenommen. Die Registrierung von Kunden findet nur an Werktagen statt.

Nachdem seinen Automaten eine Sonn- und Feiertagsruhe auferlegt wurde, klagte der Betreiber. Er machte geltend, in seiner Videothek werde nicht “gearbeitet”, deshalb könne der Betrieb nicht gegen das Feiertagsgesetz verstoßen. Außerdem sei der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, weil eine Automatenvideothek nicht anders funktioniere als ein Geld- oder Zigarettenautomat.

Der Verwaltungsgerichtshof bejaht dagegen das Verbot. Nach § 6 Abs. 1 des baden-württembergischen Sonn- und Feiertagsgesetzes sind an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen öffentlich bemerkbare Arbeiten verboten, die geeignet sind, die Ruhe des Tages zu beeinträchtigen.

Eine solche öffentlich bemerkbare Arbeit stellt nach Auffassung des Gerichts auch die automatisierte gewerbliche Vermietung von DVDs dar. Selbst wenn der Mietvorgang ohne Mitwirkung von Personal im Inneren eines Ladengeschäfts ablaufe, handele es sich um einen typisch werktäglichen Lebensvorgang, der geeignet sei, die Sonntagsruhe zu beeinträchtigen.

Werktägliche Betriebsamkeit werde nicht nur durch die Mitarbeiter in den Geschäften, sondern auch durch die Kunden ausgelöst. Der Begriff der Arbeit im Sinne des Sonn- und Feiertagsgesetzes setze keine menschliche Leistung voraus. Eine solche Auslegung hätte in Zeiten zunehmender Technisierung und Automatisierung der werktäglichen Arbeiten sonst die völlige Aushöhlung des Sonntagsschutzes zur Folge.

Der Betrieb einer Videothek lasse sich auch nicht mit einem gewandelten Freizeitverhalten der Bevölkerung rechtfertigen. Zwar dienten die vom Antragsteller vermieteten DVDs auch dem Freizeitvergnügen seiner Kunden an Sonn- und Feiertagen. Sie müssten zu diesem Zweck aber nicht notwendigerweise auch an diesen Tagen entliehen werden.

Die Vermietung von DVDs diene auch nicht der Deckung eines an Sonn- und Feiertagen bestehenden Publikumsbedarfs an Ort und Stelle, sie unterscheide sich dadurch von Darbietungen eines Kinos, Theaters oder von Museen.

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor, weil die „ladenähnliche“ Automatenvideothek des Klägers weder einem Waren- noch einem Bankautomaten vergleichbar sei.

Info: In den Bundesländern Berlin Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein ist der Betrieb von Videotheken an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen ausdrücklich gesetzlich zugelassen. Die Regelungen enthalten meist zeitliche Einschränkungen (z.B. ab 13.00 Uhr) und nehmen zum Teil bestimmte gesetzliche Feiertage aus.

Urteil vom 15. August 2011, Aktenzeichen 9 S 989/09