Mainzer Professoren verteidigen Drogenhelfer

Alle Jura-Professoren und Dozenten für Strafrecht an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität ziehen an einem Strang. Sie übernehmen gemeinsam die Verteidigung zweier Mitarbeiter des Mainzer „Café Balance“, einer Einrichtung der Drogenhilfe.  Die von der Stadt Mainz getragene und vom Land mitfinanzierte Einrichtung war in der vergangenen Woche von einer Hundertschaft der Polizei durchsucht und daraufhin kurzzeitig geschlossen worden.

Bisher wird gegen zwei Mitarbeiter ermittelt. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, illegale Drogengeschäfte in der Einrichtung geduldet oder gefördert zu haben. Außerdem sollen sie Besucher des Cafés vor Polizeikontrollen gewarnt haben. In der Einrichtung wurden laut Medienberichten jedoch keinerlei relevante Beweismittel gefunden, die diese Vorwürfe erhärten würden.

Zur Begründung ihres Engagements sagen Prof. Volker Erb und Prof. Michael Hettinger: „Unabhängig von der Substanz der strafrechtlichen Vorwürfe ist bereits der uns vorliegende Durchsuchungsbeschluss unzulänglich begründet. Die uns von Augenzeugen und in den Medien berichtete Art und Weise seiner Durchführung ist inakzeptabel und unverhältnismäßig. Wir bereiten zurzeit die Beschwerden gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Mainz und gegen die Leitung des Polizeieinsatzes vor.“

Prof. Jan Zopfs ergänzt zur Motivation: „Wir kennen das Café Balance seit Jahren, haben es begleitend zur Vorlesung Betäubungsmittelstrafrecht mehrfach mit unseren Studierenden besucht. Wir waren beeindruckt davon, wie die Mitarbeiter einerseits ein einfach zu erreichendes Angebot für Schwerstabhängige bereithalten. Andererseits sorgen sie aber mit einer Vielzahl konkreter Maßnahmen dafür, dass Besucher eben keine illegalen Geschäfte untereinander machen.”

Auf Grundlage der bislang bekannten Informationen gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sich die Vorwürfe gegen die Mitarbeiter als haltlos herausstellen werden. „In den Fällen schwerster Abhängigkeit gibt es kaum eine andere Chance der Hilfe, als die Abhängigkeit zunächst zu akzeptieren und wenigstens die elementarste Unterstützung zu leisten“, sagt Kriminologe Prof. Michael Bock. “Wenn unsere Gesellschaft diese Menschen nicht von vornherein aufgeben will, bleibt vor einer Motivation für Therapie und Heilung nichts anderes, als sie erst einmal so zu nehmen, wie sie sind, einschließlich der kriminellen Gefährdung, die Ursache oder Folge ihrer Krankheit sein kann.”

Dr. Knud-Christian Hein, Professor für Sozial- und Strafrecht an der Hochschule Darmstadt und Lehrbeauftragter der Universität Mainz, betont: „Mit ähnlichen wie den in diesem Verfahren erhobenen Vorwürfen könnte man alle niedrigschwellig arbeitenden Einrichtungen der Drogenhilfe bundesweit dichtmachen. Dort, wo Schwerstabhängigen ganz praktisch geholfen wird und diese sich daher länger aufhalten, können Drogen in kleinen Mengen zum Eigenkonsum schon denklogisch nicht fern sein.”

Auch in den in Hessen rechtlich zulässigen „Druckräumen“ bekämen die Abhängigen Drogen nicht gestellt, sondern müssen sie selbst mitbringen, weswegen die Polizei dort aber nicht etwa die Ankommenden durchsuche und kriminalisiere. Die Besucher würden sonst schlicht nicht mehr kommen und die „Junkie-Szene“ sich so unkontrolliert wieder in den öffentlichen Raum verlagern, was sicherlich nicht im Interesse der Bürger sei. Auch Vertreter der Justiz in Hessen, mit denen die Professoren gesprochen haben, würden nur den Kopf schütteln über das, was derzeit in Mainz geschieht.

In die Arbeit an dem Fall werden auch Studenten einbezogen. Ein Seminar zum Betäubungsmittelstrafrecht hat gerade begonnen.