Wer vor Gericht steht, darf auch mal etwas aufdrehen. Zumindest verbal. Äußerungen, die im wirklichen Leben als beleidigend gelten, können in Prozessen noch durchgehen. Das gilt zum Beispiel für die Äußerung, jemand sei schlicht zu faul zu arbeiten. So sieht es jedenfalls das Amtsgericht Königs Wusterhausen.
Der Richter wies die Klage gegen einen Anwalt ab, der das vernichtende Urteil über die Arbeitslust in einem Schriftsatz getroffen hatte. Im Verfahren machte eine Frau Unterhalt gegen ihren Vater geltend. Der Anwalt vertrat den Vater und lehnte jede Zahlungspflicht ab. Unter anderem mit dem Hinweis, der Lebenspartner der Tochter sei schlicht zu faul zu arbeiten. Hintergrund war, dass der Kläger mit seiner Lebensgefährtin schon zwei Kinder hatte, aber mit 27 Jahren noch das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachholte.
Die Behauptung, er sei zu faul zu arbeiten, wollte sich der Lebenspartner nicht bieten lassen. Das AG Königs Wusterhausen hielt seine Klage gegen den Anwalt bereits für unzulässig. Nach Auffassung des Richters haben auch Unbeteiligte am Prozess jedenfalls dann kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Behauptungen nicht völlig sachfremd sind und auch nicht wider besseres Wissen aufgestellt werden.
Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Das Gericht:
Angesichts des Alters und bisherigem Werdegang des Klägers muss die – hier polemisch überspitzte – Frage erlaubt sein, ob der Kläger nicht vorrangig gehalten ist, den Lebensunterhalt für seine Familie zu verdienen, anstatt sein Recht auf Bildung wahrzunehmen, wie er in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat.
Im Prozess, so das Gericht, sei der Ehrenschutz eingeschränkt. Die Äußerung des Anwalts sei zwar eindeutig ehrverletzend. Doch vor Gericht müsse im Zweifel die freie Rede Vorrang haben, damit Prozessbeteiligte ohne übertriebene Scheu ihre Position verteidigen können.
AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 11. April 2012, Aktenzeichen 20 C 569/11