Die bewaffnete und gewaltsame Flucht eines Untersuchungshäftlings bleibt ohne strafrechtliche Konsequenzen, es gibt keine Gerichtsverhandlung gegen den Mann. Mit diesem rechtskräftigen Beschluss (AZ: 2 Ws 792/12) hat jetzt der 2. Strafsenat des Oberlandesgericht Köln eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Die hatte sich gegen eine Entscheidung des Landgerichts Bonn gewehrt – schon mit der war die Anklage wegen der Tat aus dem Jahr 1998 nicht zur Hauptverhandlung zugelassen worden.
Der Beginn der Geschichte reicht, wie erwähnt, rund 15 Jahre zurück. Seinerzeit war dem Mann wegen des dringenden Verdachts eines Sexualverbrechens der Haftbefehl verkündet worden. Polizeibeamte wollten ihn zunächst nochmal ins Präsidium, danach in die Untersuchungshaftanstalt bringen. Während der Fahrt (in einem Einsatzfahrzeug der Polizei), so schildert es die Justiz, „verfügte der Angeschuldigte aus nicht vollständig aufgeklärten Gründen über eine scharfe Schusswaffe“. Damit hatte er offenbar den Polizeibeamten am Steuer des Einsatzfahrzeuges bedroht.
Danach flüchtete er zu Fuß durch die Bonner Innenstadt, bedrohte mit der Waffe einen anderen Autofahrer und zwang den zu einer gemeinsamen Fahrt nach Meckenheim, wo sich die Spur verlor. Im Rahmen einer internationalen Fahndung war der heute 42-jährige Mann im Mai 2010 in den Niederlanden festgenommen worden. Die Tat seinerzeit, so meint die Staatsanwaltschaft Bonn, sei eine Geiselnahme gewesen.
Nein, so meinen unisono das Land- wie das Oberlandesgericht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes genüge es nicht, wenn sich der Täter zwar des Tatopfers (durch die Bedrohung des Fahrers des Pkw mit einer Schusswaffe) bemächtige. Es bedürfe einer „zusätzlichen Handlung“, etwa der Nötigung des Autofahrers – die jedoch fehle.
Es sei lediglich um die „Mitnahme“ nach Meckenheim gegangen. Auch die von der Staatsanwaltschaft unterstellte schwere räuberische Erpressung komme nicht infrage. Ebensowenig ein räuberischer Angriff auf Kraftfahrer. Denn, so der 2. OLG-Strafsenat: „Die kurzzeitige Herrschaft über den Fahrer eines Pkw reicht hierfür nicht aus“. Und wenn noch von anderen Straftaten die Rede sei, etwa von Nötigung, dann sei „eine Verurteilung nicht zu erwarten“. Die Verfolgung sei nämlich wegen der Verjährung ausgeschlossen. (pbd)