Es besteht die schlichte Möglichkeit, dass der Herr keine Lust hat. Auf den Prozess gegen die “Alex-Schläger”, wie sie die Boulevardpresse getauft hat. Allerdings spricht eher etwas dafür, dass der Berliner Schöffe Siegfried K. schlicht den Schuss nicht gehört hat und von seinem Amt überfordert ist.
An seiner eigenen Ablösung arbeitet der Laienrichter jedenfalls unbeirrt. An sich soll er gegen die “Alex-Schläger” gemeinsam mit den anderen Richtern am Ende ein faires Urteil sprechen. Doch bis dahin will er offenbar nicht unbedingt den Mund halten – obwohl dies zweifellos für den Prozess förderlicher wäre.
Schon am Donnerstag platzte Siegfried K. bei einer Zeugenvernehmung der Kragen. Er blaffte einen Zeugen an:
Sind Sie zu feige, eine Aussage zu machen? Oder wollen Sie uns verarschen?
Das brachte ihm einen Befangenheitsantrag ein, der Aussicht auf Erfolg hat. Allerdings wird es, meine ich, gar nicht darauf ankommen. Zumindest wenn das stimmt, was die B.Z. heute über den 58-jährigen Leiter eines Jugendhauses berichtet.
Siegfried K. soll nämlich gegenüber den B.Z.-Reportern nachgelegt haben. Die Zeitung zitiert ihn mit folgendem Kommentar zum Befangenheitsantrag:
Am Montag werden die (Verteidiger) noch ein bisschen motzen. Die wollen halt den Prozess kaputt machen. Das haben die doch mehrmals schon so gemacht. Auch mit dem Befangenheitsantrag gegen die Anwälte der Opfer.
So eine Tirade kann nicht gutgehen. Selbst wenn er seinen ersten Ausbruch noch mit spontaner Verärgerung hätte rechtfertigen können, bei dieser Verbalattacke wird das dem Mann nicht mehr gelingen. Wer “Im Namen des Volkes” Recht spricht, sollte sich auch auf diese Aufgabe beschränken. Und nicht seinen fehlgeleiteten Unmut öffentlich herausposaunen. Spätestens jetzt nimmt man diesem Schöffen nicht mehr ab, dass er Angeklagten und Verteidigern unbefangen gegenübersteht.
Ich habe es vor einiger Zeit erlebt, dass ein Schöffe zu freigiebig war. Er stellte dem Staatsanwalt, der Tag für Tag in seiner Nähe saß, im Winter einen Schokonikolaus auf den Tisch. Das hat ihm sein Amt gekostet, aber zumindest nicht den Prozess zum Platzen gebracht. Es gab nämlich noch Ersatzschöffen.
Das ist im Berliner Verfahren anders. Bis der Prozess neu aufgerollt wird, können die Angeklagten sogar auf eine Haftentlassung hoffen.
Damit hätten nicht die Anwälte den Prozess erst mal kaputtgemacht. Sondern Siegfried K., und das ganz alleine.
Update: Das Verfahren wurde ausgesetzt.