Zuerst sah es ja so aus, als wäre Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich mit leeren Händen aus den USA zurückgekehrt. Wie sich jetzt herausstellt, hatte er wenigstens eine Lüge im Gepäck.
Von 45 Anschlägen, die durch das Schnüffelprogramm Prism verhindert worden seien, hatte der Politiker der Presse berichtet. Fünf davon seien in Deutschland geplant gewesen. Das klang dramatisch und verfehlte natürlich erst mal seine Wirkung nicht.
Auch wenn Friedrich in seiner Erklärung offen ließ, welches potenzielle Ausmaß die Anschläge gehabt hätten, so ließ er doch keinen Zweifel daran, dass es sich um reale Bedrohungen gehandelt habe.
Keine drei Tage später klingt das völlig anders: Laut Innenministerium zählen zu den fünf angeblich verhinderten Attentaten auch solche, die teilweise nur aus “Überlegungen” bestanden. So berichtet es die Süddeutsche Zeitung.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Überlegungen sind noch nicht mal Pläne. Und selbst die bergen keine tatsächliche Gefahr für die Bürger dieses Landes. Das gilt umso mehr, wenn man sich vor Augen führt, wie weitmaschig der Begriff der Verbrechensplanung heutzutage ist.
Möglich wird das insbesondere durch den Schwabbelbegriff der kriminellen Vereinigung. Die Strafvorschriften sind über Jahre aufgeweicht worden, können mittlerweile auf alles und jedes angewandt werden. Man muss es leider sagen: Bei gewissen schweren Delikten geht das schon in den Bereich des Gedankenverbrechens. Kurz gesagt und ohne die Gefahr echter Anschläge verharmlosen zu wollen: Von der großen Klappe bis zum Terrorverdacht ist nicht unbedingt ein weiter Weg.
Aber selbst wenn aus Überlegungen konkrete Pläne erwachsen sollten – eine Totalüberwachung, noch dazu eine outgesourcte, ist und bleibt unverhältnismäßig. Auch deutsche Behörden haben heute schon weitgehende Möglichkeiten zur Verbrechensaufklärung. Den Nachweis, dass ein Terroranschlag nur wegen der Komplettkontrolle des Internetverkehrs verhindert werden konnte, ist bislang nicht erbracht. Dagegen spricht viel dafür, dass echte Terroristen auch dann zu fassen sind, wenn die Kriminalpolizei, insbesondere das massiv aufgerüstete Bundeskriminalamt, ihre Arbeit vernünftig machen.
Es ist deshalb schon ein bemerkenswerter Vorgang, wenn ein Innnenminister vermeintliche Fahndungserfolge so aufbauscht, ohne deutlich zu machen, dass sogar schon “Überlegungen” geeignet sein sollen, um die amerikanische Totalüberwachung bei uns zu rechtfertigen. Das ist letztlich Gefahrenabwehr ohne Gefahr. Ein Minister, der im Ernstfall der ruhende Pol sein müsste, sollte jedenfalls nicht zur Garde der Effekthascher gehören.