Mein Mandant fiel bei einer Polizeikontrolle auf. Er war mit einem angeblich gestohlenen Fahrrad unterwegs. Jedenfalls war der Drahtesel als gestohlen gemeldet. Nach der Kontrolle musste mein Mandant nicht nur zu Fuß weitergehen, kurz darauf kriegte er auch Post von der Polizei. Vorwurf: Hehlerei.
An sich ein ganz alltägliches Verfahren. Die Verteidigung gegen so einen Vorwurf ist allerdings nicht unbedingt simpel. Staatsanwälte bejahen schnell den bedingten Vorsatz, wenn jemand keine ordnungsgemäße Quittung für eine Ware hat. Und auch nicht sagen kann, woher das Corpus Delicti denn nun stammt. Mein Mandant war jedenfalls nicht in der Lage, den Trödler seines Vertrauens zu benennen. Immerhin, das muss man ihm zu Gute halten, will er das Fahrrad ja schon mehr als zwei Jahre fahren.
Solche Erinnerungslücken gehen aber gern nach hinten los, wenn nach dem Staatsanwalt auch ein Richter keine allzu hohen Anforderungen an den Vorsatz stellt. Kann man erst mal nichts machen. Oder vielleicht doch. Aus der Ermittlungsakte ergab sich nämlich eine interessante Vorgeschichte.
Der ursprüngliche Käufer des Rades zeigte sich bei der Polizei, die ihn als Zeugen befragte, redselig. Er erzählte, ihn seien damals innerhalb von knapp drei Wochen vier (!) Fahrräder aus der Tiefgarage geklaut worden. Das muss ungefähr so gelaufen sein: Fahrrad futsch, neues Fahrrad gekauft. Und das drei Mal hintereinander. Beim letzten Mal hatte der Betreffende nämlich gleich zwei Fahrräder angeschafft, obwohl er wohl alleine lebt. Und wir reden hier über Fahrräder zum Stückpreis von 600 bis 800 Euro…
Er habe sogar einen Verdacht, erzählte der Mann dem Polizeibeamten. Damals seien nämlich Anstreicher im Mehrfamilienhaus gewesen, die hätte einen Schlüssel gehabt. Wieso der Gute denn einfach so zusieht, wie ihm ein teures Fahrrad nach dem anderen geklaut wird, fragte der Polizeibeamte nicht. Er erkundigte sich lediglich bei der Fahrradversicherung des Geschädigten. Die bestätigte, man habe vier Fahrräder ersetzt. Und dann den Vertrag gekündigt.
Nun ja, wenn man meinem Mandanten nicht glaubt, das Fahrrad legal erworben zu haben – was muss man dann im Interesse der Gleichbehandlung diesem Zeugen unterstellen. Sich in drei Wochen vier nagelneue Räder unter dem Hintern wegklauen lassen, ist schon eine reife Leistung. Es sei denn natürlich, es waren gar keine so richtigen Diebstähle. Sondern eher der Versuch, die Fahrradversicherung zu melken.
Für meinen Mandanten ist es immens wichtig, was tatsächlich vorgefallen ist. An einer Sache, die der Eigentümer selbst freiwillig weggegeben hat, kann man nämlich keine Hehlerei begehen. Wenn sich der Vierfach-Geschädigte als nicht ganz koscher erweist, wäre es das Aus für den strafrechtlichen Vorwurf gegen meinen Mandanten.
Ich habe dafür gesorgt, dass die Polizei das „Opfer“ noch mal befragt. Ich hoffe, der zuständige Beamte nimmt sich den Mann diesmal etwas engagierter zur Brust.