Das Landgericht Augsburg hat einem erkrankten Angeklagten aufgegeben, sein Erbrochenes in einem Eimer aufzubewahren – damit es von einem medizinischen Sachverständigen untersucht werden kann. Das Gericht wollte auf diesem Weg nachprüfen lassen, ob der 79-jährige Angeklagte an einer akute Gastroenteritis leidet und tatsächlich nicht verhandlungsfähig ist.
Glücklicherweise beauftragte das Gericht einen Mediziner, der so eine Anordnung offensichtlich nicht kritiklos hinnahm. Der Angeklagte war zwar der Anordnung des Gerichts gefolgt, weil er Angst hatte, dass sonst ein gegen ihn bestehender Haftbefehl wieder in Kraft gesetzt wird. Der Arzt stellte seine Diagnose aber, ohne sich das Erbrochene anzusehen.
Die Anordnung des Gerichtsvorsitzenden hat das Oberlandesgericht München nun für rechtswidrig erklärt. Die Richter finden deutliche Worte über ihre Augsburger Kollegen:
Durch die getroffene Maßnahme wurde der Angeklagte entwürdigt und erniedrigt, es war einer der intimsten Bereiche des Angeklagten betroffen. … Die am 24.07.2013 getroffene Maßnahme war nicht erforderlich und grob unverhältnismäßig. …
Hier war jedoch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte 79 Jahre alt ist und bereits erhebliche gesundheitliche Vorbelastungen hat. Insofern hätte die Erwägung nahe gelegen, dass eine derartige Erkrankung bei dem Angeklagten auch in Anbetracht der Wetterverhältnisse zum fraglichen Zeitpunkt (schwül und heiß) etwas länger andauern kann als die üblichen wenigen Tage. Es konnte also noch nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Angeklagte dem Verfahren durch Krankheit entziehen will, und deshalb schon am 5. Tag seiner Erkrankung ein Mindestmaß an Sicherheit hinsichtlich dieser Erkrankung gewonnen werden musste.
Den verantwortlichen Richtern sollte man mal einen Blick ins Grundgesetz empfehlen. Gut ist aber immerhin, dass die Entscheidung schnell korrigiert wurde. Bleibt nur die Frage, ob man in Augsburg was draus lernt.
Link zum Beschluss des OLG München