Der Genießer schweigt

Für einen Joint nach Holland, das ist hier im Rheinland eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Zu sicher vor Strafverfolgung sollte man sich allerdings nicht fühlen. Die deutsche Polizei filzt Heimkehrer gern nach Kundenkarten von Coffee Shops und zieht daraus ihre Schlüsse. Mitunter landen solche Fälle dann sogar vor dem Strafrichter, wie ein aktueller Fall zeigt.

Viel kann der zuständige Richter über den Holland-Ausflug vom Angeklagten nicht erfahren haben. Der Richter betont in seinem Urteil vielmehr, es sei „gerichtsbekannt“, dass es pro Kundenkarte maximal fünf Gramm Gras gibt und diese normalerweise zehn Euro kosten. Hieraus errechnet der Richter dann flugs, der Angeklagte habe mindestens fünf bis sechs Konsumeinheiten erworben. Also eher zu viel, um es an Ort und Stelle zu konsumieren.

Nur mit solchen Rechenspielen kann man in diesen Fällen zu einem strafbaren „Besitz“ an Betäubungsmitteln kommen. Werden die Drogen nämlich direkt im Coffee Shop konsumiert, liegt nach holländischem wie deutschen Recht kein Besitz vor. Der Konsum selbst ist nach beiden Rechtsordnungen straflos. Wegen des Erwerbs in Holland kann ein Käufer in Deutschland nicht bestraft werden, weil der Erwerb zwar in Deutschland strafbar ist, nicht aber in Holland.

Ohne Besitz also keine Strafe. Allerdings verletzte der Amtsrichter bei seiner Kalkulation den Zweifelsgrundsatz. Bei seinen Rechenspielen ging er von den Höchstmengen aus. Tatsächlich hätte er, so das Oberlandesgericht Düsseldorf als nächste Instanz, aber nur die Mindestmenge zu Grunde legen dürfen, die man mit Sicherheit für das Geld bekommt. Dann wird es allerdings deutlich schwieriger anzunehmen, der Angeklagte habe das Gras nicht an Ort und Stelle geraucht.

Die betreffende Sache muss jetzt neu verhandelt werden. Wie auch immer es ausgeht, der Angeklagte hat – prozessual – alles richtig gemacht. Durch sein Schweigen, zu dem er ja berechtigt ist, lieferte er dem Richter nämlich keine Anknüpfungstatsachen, um ihn auf mehr als den bloßen Konsum festzunageln.

Beschluss des OLG Düsseldorf / RA Detlef Burhoff zum gleichen Thema