Redtube: Richter zücken die rote Karte

„Aber die Gerichte haben uns die IP-Adressen der Nutzer doch gegeben.“ So lautete bislang ein Hauptargument der Protagonisten in Sachen Redtube, mit dem die Richtigkeit der Massenabmahnungen gerechtfertigt wurde. Nun kommen ganz andere Signale aus dem Landgericht Köln, das die Anträge zunächst zumindest teilweise durchgewunken hat.

In einer offiziellen Stellungnahme des Gerichts heißt es laut meedia.de nun, die verantwortlichen Richter hätten signalisiert, dass sie ihre eigenen Beschlüsse für fragwürdig halten.

Ob das Ansehen eines Videostreams Urheberrechte verletzen könne, sei juristisch umstritten. Deshalb, so das Eingeständnis, habe man nicht von einer offensichtlichen Rechtsverletzung ausgehen können. Genau diese Offensichtlichkeit verlangt das Urheberrechtsgesetz aber, damit Rechteinhaber einen Beschluss auf Herausgabe der Nutzerdaten bekommen.

Anfang des Jahres soll nun auch über die zahlreichen Beschwerden entschieden werden, mit denen sich Betroffene gegen die Weitergabe ihrer Daten wehren. Es ist an sich höchst ungewöhnlich, dass Richter per Presseerklärung juristische Bewertungen abgeben, bevor sie eine entsprechende Entscheidung getroffen haben.

Das zeigt, wie groß der Druck am Landgericht Köln derzeit wohl empfunden wird. Die Massenabmahner können wohl kaum darauf hoffen, dass in den Gerichtsentscheidungen nicht doch wieder was anderes steht. Damit würde sich das Landgericht Köln ja völlig der Lächerlichkeit preisgeben. Das bemerkenswerte öffentliche Signal dürfte es dem Regensburger Anwalt Thomas Urmann und seiner Mandantin The Archive AG überdies schwer machen, bei anderen Gerichten noch die angedrohten Auskunftsbeschlüsse für andere Provider zu erwirken.

Mittlerweile ermittelt ja auch die Staatsanwaltschaft Köln, ob in den eidesstattlichen Versicherungen der Antragsteller falsche Angaben gemacht wurden, insbesondere zum technischen Ablauf der angeblichen Streamüberwachung. Auch andernorts sind bereits diverse Strafanzeigen erstattet worden. Darin geht es auch um den Verdacht, dass die Abmahner über eine Tippfehler-Domain Anfagen abgefischt und diese gezielt auf ihre angeblich urheberrechtlich geschützten Inhalte bei Redtube gelenkt haben.

Ich habe ja schon mehrfach gesagt, dass so ein Vorgehen nach dem bisherigen Kenntnisstand als schwerer gewerbsmäßiger Betrug gewertet werden könnte. Spätestens nach der Nachricht aus Köln sollten die Verantwortlichen vielleicht mal überlegen, ob sie nicht besser die Waffen strecken und ihre Abmahnungen zurücknehmen.

Aber selbst wenn Urmann und seine Mandanten die Kehrtwende nicht schaffen, dürfte spätestens mit dem heutigen Tag eine Gefahr gebannt sein. Dass nämlich andere Rechteinhaber auf den Gedanken verfallen, mit ähnlichen Anträgen schnell das große Geld machen zu können.

Nachtrag: Pressemitteilung des Landgerichts Köln