Viele Worte

Heute habe ich seit längerem mal wieder in die Akte eines Rechtsstreits geguckt, der nach den Regeln der Zivilprozessordnung entschieden wird. Meine Kollegin hatte mich gebeten, einen Blick auf die Unterlagen zu werfen. Sie war sich nicht sicher, ob der gegnerische Anwalt ein cleveres Kerlchen ist. Oder ein Horst.

Neben anderen Kleinigkeiten geht es darum, dass der gegnersiche Anwalt für den Kläger beantragt, gegen unsere Mandantin – die Beklagte – ein Versäumnisurteil zu erlassen. Und zwar pronto. Seine Begründung: Wir hätten nicht ordnungsgemäß angezeigt, dass sich unsere Mandantin gegen die Klage verteidigen wird. Dies muss man im Regelfall innerhalb von zwei Wochen erledigen. Sonst kann in der Tat ein Versäumnnisurteil ergehen.

Allerdings gibt es von uns einen fristgerechten Schriftsatz, in dem folgendes steht:

Die Beklagte wird sich gegen die Klage verteidigen.

Diese „Verteidigungsanzeige“ liegt vor, der Anwalt hält sie aber für unwirksam. Immerhin, da hat er recht, hätten wir diese Anzeige zunächst an ein anderes Gericht gerichtet. Nämlich das Gericht, an welches er zunächst die Klage geschickt hatte. Allerdings ohne zu bedenken, dass dieses Gericht örtlich gar nicht zuständig ist. Demgemäß wurde der Rechtsstreit, nach entsprechendem Protest von uns, vom ersten Gericht an das zuständige Gericht verwiesen. Dort liegt die Akte nun auch vor, und dort wird der Rechtsstreit auch entschieden.

Mit vielen Worten versucht der Anwalt nun das neue Gericht zu überzeugen, es müsse ein Versäumnisurteil gegen uns erlassen. Allerdings muss man nur ein wenig um die Ecke denken, um den Flachsinn zu erkennen. Wir haben ja damals bei dem Gericht die Verteidigungsanzeige eingereicht, das uns dazu aufgefordert hat. Das später zuständig gewordene Gericht, das aber denselben Prozess nun weiterführt, hat uns dagegen nicht nochmals zu einer Verteidigungsanzeige aufgefordert. Warum auch – diese lag ja bereits vor.

Im Kern möchte der Anwalt also eine angeblich von uns unterlassene Prozesshandlung zu seinem Vorteil ausnutzen, zu der wir nie verpflichtet waren. Darauf fällt ein Landgericht nie und nimmer rein. Also:

Horst.