Vor knapp zwei Wochen sorgte die Staatsanwaltschaft Stuttgart für Aufsehen. Sie nahm drei Männer im Alter von 88, 92 und 94 Jahren in Haft. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, als junge Männer im Konzentrationslager Auschwitz gewesen zu sein und für die dortigen Gräueltaten Mitverantwortung zu tragen. Nun scheinen die Strafverfolger einzulenken. Nach einem Bericht von Spiegel online sollen auch die Staatsanwälte neben den Verteidigern beantragen, zwei Inhaftierte freizulassen.
Ich habe schon in einem früheren Beitrag die Frage gestellt, wie sich so ein Haftbefehl wohl rechtfertigen lässt. Auch wenn das Gesetz bei Mordvorwürfen keine Haftgründe wie Flucht- oder Verdunkelungsgefahr im strengen Sinn erfordert, so muss es dennoch zumindest vernünftige Gründe für die Untersuchungshaft geben. Ein Automatismus existiert jedenfalls nicht.
Auch die Verteidiger der Männer haben (natürlich) darauf hingewiesen, dass ihre Mandanten schon aus Altersgründen kaum in der Lage sein werden, das Weite zu suchen. Dass die Beschuldigten nach so langer Zeit irgendwas verdunkeln können, ist auch eher unwahrscheinlich.
Unter dem Eindruck der entsprechenden Anträge der Anwälte lenkt die Staatsanwaltschaft nun ebenfalls ein. Auch sie will laut dem Bericht, dass die Haftbefehle zumindest außer Vollzug gesetzt werden. Eher unangenehm empfinde ich die offizielle Begründung. Der Gesundheitszustand der beiden noch inhaftierten Männer habe sich in knapp zwei Wochen Haftzeit drastisch verschlechtert. Das wiederum erscheint mir nun nicht sonderlich überraschend. Wenn es denn tatsächlich stimmt und dieses Statement nicht bloß verdecken soll, dass hier höchst fragwürdig gehandelt wurde.
Es wäre nicht die erste juristische Panne in der Angelegenheit. Der jüngste der Beschuldigten, ein 88-Jähriger, musste schon kurz nach seiner Verhaftung wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Man hatte zunächst übersehen, dass er damals noch minderjährig war und für ihn Jugendstrafrecht gilt. Er hätte nach geltender Rechtslage deshalb gar nicht eingesperrt werden dürfen.