Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat eine einstweilige Anordnung erlassen, mit der nun wirklich niemand rechnen konnte. Die Richter machten Pläne von Politikern zunichte, aktive Frauenförderung auf dem Wahlschein zu betreiben.
Geplant war, bei der Kommunalwahl in Rheinland-Pfalz am 25. Mai 2014 auf die Stimmzettel Angaben über den Frauenanteil im zu wählenden Gremium (z.B. Stadtrat) zu vermerken. Außerdem das Geschlecht des jeweiligen Bewerbers und zur Betonung des Anliegens einen Artikel aus dem Grundgesetz:
Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
Gegen die Regelung klagten die Landtagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, außerdem Kommunalkandidaten der Piratenpartei. Interessant daran ist, dass sich die regierende rot-grüne Mehrheit die Gender-Hinweise selbst ausgedacht und sie gegen die Stimmen der Opposition verabschiedet hat. Rot-Grün zog lediglich vorsorglich vor den Verfassungsgerichtshof, weil ansonsten Wahlanfechtungen befürchtet wurden.
Die Verfassungsrichter erklären den verantwortlichen Politikern nun allerdings recht lakonisch wichtige demokratische Grundsätze. Bei der Wahl habe jeder Bürger das Recht, „in Ruhe gelassen zu werden“. Einschränkungen seien nur zulässig, sofern es nicht anders geht. Zum Beispiel durch die Faltung der Stimmzettel oder die nun mal fehlende Möglichkeit, auf dem Stimmzettel jeden Kandidaten an die prominenteste Stelle zu setzen.
Auch der politische Wunsch nach mehr Frauen in den Parlamenten ändere an diesen Grundsätzen nichts. Zwar gebe es eine „Verschränkung des staatlichen und gesellschaftlichen Willensbildungsprozesses“. Diese gelte aber in der Wahlkabine gerade nicht. Der Wahlakt verlaufe nur in eine Richtung. In ihm müsse sich die Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen hin vollziehen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin.
Die Bürger seien bei ihrer Wahl frei und ungebunden. Jeder Anschein staatlicher Einflussnahme auf die Wahlentscheidung sei dabei zu vermeiden. Nach der Entscheidung müssen die Stimmzettel in Rheinland-Pfalz wieder geändert werden.
Wie gesagt, insgesamt eine Entscheidung, mit der nun wirklich niemand rechnen konnte (Aktenzeichen VGH A 15/14 und VGH 17/14).