Anwalt fälscht Urteil, wird aber nicht bestraft

Kurios auf jeden Fall, aber auch lehrreich. So lässt sich eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zusammenfassen. Es ging um einen Anwalt, der seinem Mandanten vorspiegelte, er habe für diesen einen Prozess vor dem Arbeitsgericht gewonnen. Tatsächlich hatte der Anwalt sich wohl nicht um die Sache gekümmert. Eine Klage hatte er jedenfalls nicht erhoben. Dafür bastelte er ein passendes Urteil selbst und schickte dem Mandanten eine „Abschrift“. Der Schwindel flog auf, und der Anwalt landete wegen Urkundenfälschung vor Gericht.

Zwei Instanzen hatten keine großen Probleme damit, das nicht existierende Urteil als strafbare Urkundenfälschung (§ 267 StGB) zu bewerten. Doch die Richter am Oberlandesgericht schauten in letzter Instanz etwas genauer hin und sprachen den Anwalt frei. Genau an diesem Punkt wird das Urteil lehrreich. Denn es zeigt sehr schön, dass vor allem (ausgedruckte) E-Mails, Fotokopien und Faxe, auf die wir uns zum Beispiel bei Vertragsschlüssen im Alltag sehr oft verlassen, normalerweise gar keine strafrechtlich „geschützten“ Dokumente sind.

Das betreffende Papier selbst muss nämlich die Erklärung des Ausstellers „verkörpern“. Das tun aber gerade Fotokopien keineswegs, denn sie sind halt nicht das Original. Den Anwalt rettete deshalb, dass er dem Mandanten eben nur eine Abschrift des vermeintlichen Urteils schickte und nicht ein vermeintliches Original, also eine von der Geschäftsstelle des Gerichts mit Stempel und Unterschrift bestätigte „Ausfertigung“. (Das von den Richtern unterschriebene Original bleibt ja sowieso stets in der Akte.)

Allerdings sollte man nicht übersehen, dass der Anwalt vor seinem Freispruch zwei Mal verurteilt wurde. Das bestätigt auch meine Erfahrung, dass die strenge Unterscheidung zwischen Original und Kopie bei Gerichten heute kaum noch salonfähig ist. Selbstverständlich wird auch dort je nach Bedarf schon mal einer einer Urkunde ein Beweiswert zugesprochen, obwohl sie gar keine Urkunde ist. Vor allem natürlich dann, wenn nicht ernsthaft zur Debatte steht, dass irgendwo das passende Original existiert.

Als Freibrief für Trickser und Täuscher sollte man das Urteil deshalb nicht ansehen (Aktenzeichen 1 RVs 18/16).