Seit Jahren kämpfe ich dagegen, dass einer meiner Mandanten in der Forensik versauert. Heute nachmittag wäre ein Anhörungstermin gewesen. Ein außerplanmäßiger. Denn das Oberlandesgericht hat erstmals auf meine Beschwerde hin den Beschluss des Landgerichts aufgehoben, mit dem dieses die Unterbringung meines Mandanten mal wieder verlängert hatte.
Die Sache, so das Oberlandesgericht, müsse neu verhandelt werden. Nicht nur, aber auch, weil sich das Landgericht mit der Begründung seines Beschlusses monatelang Zeit gelassen hat und dabei übersah, dass mittlerweile ein neues Sachverständigengutachten vorlag. Dieses Gutachten hätte bei der Entscheidung dann noch berücksichtigt werden müssen – was nicht passierte.
Auch aus anderen Gründen ist es höchste Eisenbahn. Schon die letzte Verlängerung der Unterbringung nickte das Oberlandesgericht nur mit Bedenken ab und wies nachdrücklich darauf hin, langsam stelle sich ernsthaft die Frage, ob eine weitere Unterbringung in der Forensik noch verhältnismäßig ist.
Das Dilemma besteht darin, dass mein Mandant aufgrund seiner Konstitution „draußen“ nicht unbedingt klar kommt. Jedenfalls nicht dauerhaft. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass er unbedingt in der Gesellschaft von Schwerverbrechern ohne jede Perspektive weggesperrt gehört. Die Suche nach einer geeigneten Wohngruppe oder halboffenen Einrichtung gestaltet sich aber kompliziert, weil es für so eine Klientel wie meinen Mandanten keine Plätze zu geben scheint. Ich bin mir aber auch schon gar nicht mehr sicher, dass jemand in der Klinik ernsthaft nach so einer Alternative sucht oder daran arbeitet, diese zu schaffen.
Im Detail ist alles schwierig, aber letztlich läuft es darauf hinaus, dass mein Mandant von heute auf morgen freigelassen wird. Sobald nämlich ein Gericht eher früher denn später zum Ergebnis kommt, dass eine Unterbringung abseits aller tatsächlichen Probleme juristisch nicht mehr vertretbar ist.
Die Zeit eilt also offensichtlich, aber was passiert?
Gestern, einen Tag vor der Anhörung, erfahre ich, diese kann nicht stattfinden. Das Gericht hat vergessen, den Sachverständigen zu laden. Obwohl ich dies ausdrücklich beantragt hatte. Der Sachverständige ist auch im Urlaub, er kann also nicht kurzfristig kommen.
Aber nicht nur das. Außerdem hat die Klinikleitung keine Stellungnahme zum aktuellen Behandlungsstand vorgelegt. Obwohl das natürlich auch erforderlich ist. Und zwar so rechtzeitig vor dem Anhörungstermin, dass man sich inhaltlich darauf vorbereiten kann.
Nun ja, so gehen nun wieder vier Wochen ins Land, bis es endlich zur Anhörung kommt. Das ist einer der wenigen Fälle, die mich mittlerweile wirklich persönlich traurig machen und in den Schlaf verfolgen. Fragt besser nicht, wie es meinem Mandanten geht.